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Kuba ergibt sich nicht
Nach Verschärfung der US-Blockade: Staatschef Díaz-Canel kündigt in Havanna Notmaßnahmen wegen Energiekrise an.
Kuba steht vor einer neuen Energiekrise. Grund ist, dass die USA versuchen, das Land komplett von Öl- und Kraftstofflieferungen abzuschneiden. Wie Präsident Miguel Díaz-Canel am Mittwoch (Ortszeit) mitteilte, habe seit dem Vortag kein Öltanker mehr in einem Hafen der Insel angelegt. Auch in den nächsten Tagen »wird uns kein einziger Liter Treibstoff erreichen«, erklärte der Staatschef in der Fernsehsendung »Der runde Tisch«. Am Sonnabend werde zwar ein Schiff erwartet, doch mit der nächsten Lieferung sei dann erst wieder Ende des Monats zu rechnen.
Als Reaktion kündigte Díaz-Canel Notmaßnahmen an und forderte die Bevölkerung auf, Energie zu sparen, um im September noch mit den vorhandenen Vorräten über die Runden zu kommen. Der Strom solle möglichst nicht abgeschaltet werden, es könne jedoch zu Engpässen beim öffentlichen Nahverkehr und beim Warentransport kommen. Probleme bei der Versorgung mit Lebensmitteln gebe es keine, versicherte er und kündigte an, dass sich die Lage im nächsten Monat wieder entspannen werde. »Die gute Nachricht ist, dass alle Verträge für Lieferungen im Oktober garantiert sind«, erklärte der Staatschef. »Wir befinden uns nicht in einer neuen Sonderperiode, und die gegenwärtige Situation hat auch nichts mit unseren eigenen Unzulänglichkeiten zu tun, sondern mit extraterritorialen Maßnahmen der US-Regierung, die unsere Bevölkerung betreffen.«
Tatsächlich hat die US-Administration unter Präsident Donald Trump die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba in den vergangenen Monaten verschärft, die vor rund 60 Jahren verhängt wurde. Langfristig verfolgt Washington damit nach eigenen Angaben die Absicht, die sozialistische Regierung der Inselrepublik zu stürzen oder zumindest zu destabilisieren. Kurz- und mittelfristig sollen vor allem die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Kuba und den linken Regierungen von Venezuela und Nicaragua torpediert werden. Um den Druck weiter zu verstärken, hatten die USA Mitte des Jahres angekündigt, Havanna den Ölhahn zuzudrehen. Das US-Finanzministerium verhängte zunächst Sanktionen gegen Reedereien in Liberia, den Marshall-Inseln und Italien, deren Tanker Rohöl von Venezuela nach Kuba lieferten. Einige Unternehmen wurden gezwungen, bestehende Charterverträge zu kündigen.
Die Regierung in Havanna wurde von der aktuellen Situation also nicht überrascht. »Wir müssen auf das Schlimmste vorbereitet sein«, hatte der Erste Sekretär des Zentralkomitees der KP Kubas, Raúl Castro, die Bevölkerung bereits im April gewarnt.
Jetzt wolle Washington den Ring um die Insel schließen und die Ökonomie des Landes weiter schwächen, um Havanna zu politischen Zugeständnissen zu zwingen, beurteilte Miguel Díaz-Canel die Situation. Kuba stehe damit erneut vor der von Fidel Castro formulierten Alternative »Patria o Muerte« (Vaterland oder Tod), so der Staatschef am Mittwoch. Er vertraue aber auf die Widerstandskraft der Bevölkerung. Sie habe sich in kritischen Situationen immer nach dem vom Guerillacomandante Juan Almeida Bosque in der Revolution geprägten Ausspruch »¡Aqui no se rinde nadie!« (Hier ergibt sich niemand) verhalten. Deshalb werde die US-Regierung wie seit 60 Jahren erneut am Widerstand der Kubaner und an der internationalen Solidarität scheitern.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 13.09.2019