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Anderer Ansatz

Vor Treffen in Havanna: EU übt Kritik an US-Sanktionen. Washington verschärft Blockade gegen Kuba.

Die Europäische Union und Kuba wollen ihre bilateralen Beziehungen und Kooperationsprogramme ausbauen. Mit diesem Ziel ist der »EU-Kuba-Rat« unter dem Vorsitz der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und des kubanischen Außenministers Bruno Rodríguez am gestrigen Montag (Ortszeit) in Havanna zum zweiten Mal zusammengekommen. Da die Sitzung zu diesem Zeitpunkt noch andauerte, waren die Ergebnisse bis jW-Redaktionsschluss nicht bekannt. Wie jedoch vorab aus Brüssel mitgeteilt wurde, standen neben Themen wie Klimawandel, Entwicklung und Handel auch die gegen Kuba verhängte US-Blockade sowie ihre Auswirkungen auf Unternehmen und Personen in Europa auf der Tagesordnung.

Mogherini war am Sonntag von ihrem Amtskollegen Rodríguez empfangen worden. Die EU-Chefdiplomatin hatte Washingtons Kurs gegenüber Kuba in den letzten Monaten mehrfach scharf kritisiert und den USA mit einem Verfahren vor der Welthandelsorganisation (WTO) sowie »nationalen Gegenmaßnahmen« gedroht, nachdem der dritte Teil des Helms-Burton-Gesetzes am 2. Mai in Kraft getreten ist. Demnach können US-Bürger gegen ausländische Unternehmen klagen, die Eigentum nutzen, das nach der Revolution 1959 enteignet wurde. Konkrete Schritte sind dieser Ankündigung bisher nicht gefolgt. Dennoch ist die Distanz der EU zu den Vereinigten Staaten in bezug auf deren Kuba-Politik derzeit größer als je zuvor.

Ebenso am Montag traten neue US-Sanktionen in Kraft, mit denen das sozialistische Land wirtschaftlich geschwächt werden soll. Diese besagen, dass Bürger der USA pro Quartal nur noch 1.000 Dollar an Angehörige auf der Insel schicken dürfen. Freunden oder Bekannten in Kuba, mit denen sie nicht verwandt sind, können US-Bürger überhaupt kein Geld mehr zukommen lassen. Zudem wurde das Verbot auf Kinder, Eltern, Großeltern, Cousins und Onkel von Mitgliedern der Kommunistischen Partei Kubas ausgeweitet. Die erneute Verschärfung trifft vor allem Alte, Kranke und Kinderreiche, die von der Unterstützung durch Angehörige am meisten profitierten. Während der vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama eingeleiteten kurzen Entspannungsperiode hatten kubanische Familien 2016 noch rund drei Milliarden Dollar von Verwandten aus den USA erhalten.

Unter Donald Trump ist von einer Normalisierung der Beziehungen keine Rede mehr. Im Juni hatte die US-Regierung ihren Bürgern neben Urlaubsreisen auch die Teilnahme an Studien- und Bildungsprogrammen in Kuba verboten. Auch US-Kreuzfahrtschiffe und Yachten dürfen die Insel nicht mehr ansteuern. Jetzt legte Washington noch einmal nach. »Wir ergreifen zusätzliche Maßnahmen, um das kubanische Regime finanziell zu isolieren«, erklärte Finanzminister Steven Mnuchin am Freitag. Es gehe den USA darum, Kubas Zugang zu Devisen einzuschränken. Der politischen Zielsetzung entsprechend gibt es jedoch Ausnahmen. So seien etwa Überweisungen an selbständige Beschäftigte im nichtstaatlichen Sektor, an Privatunternehmen, religiöse Organisationen sowie »Menschenrechtsgruppen« unbegrenzt zulässig, um deren Entwicklung »unabhängig von der staatlichen Kontrolle« zu fördern, sagte der Politiker. Zur Begründung der verschärften Sanktionen heißt es in einer Erklärung des US-Finanzministeriums, das »kubanische Regime« unterdrücke das eigene Volk und unterstütze »andere Diktaturen in der Region, wie zum Beispiel Maduros illegitimes Regime« in Venezuela.

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel reagierte mit scharfer Kritik: »Weil sie in Venezuela gescheitert sind, dreschen sie jetzt mit Wut auf Kuba ein«, kommentierte er am Sonnabend per Twitter. Der Staatschef warnte vor »einem System der Herrschaft über fast alle Länder der Welt durch eine kleine Gruppe von Mächten, die unter der Ägide der Vereinigten Staaten alle Angelegenheiten regeln«. Vor der diesjährigen Debatte über Kubas Antrag zur Beendigung der Blockade am 6. und 7. November in der UN-Generalversammlung spielte er damit darauf an, dass Washington sich seit Jahren über die von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen nahezu einstimmig beschlossene Forderung eines Endes der US-Blockade hinwegsetzt.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 10.09.2019