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Auf dem Rücken der Ärmsten

Neue US-Sanktionen gegen Venezuela treffen vor allem Menschen, die Hilfe am dringendsten brauchen.

Hintergrund:

Schwierige Verhandlungen



Als eine Reaktion auf die verschärften Sanktionen der USA gegen Venezuela hat die Regierung von Präsident Nicolás Maduro Anfang August ihre Teilnahme an den von Norwegen vermittelten Gesprächen abgesagt, die am 8. und 9. August in Barbados stattfinden sollten. Hintergrund der Entscheidung ist nach Darstellung des Staatschefs, dass die Abgesandten von Oppositionsführer Juan Guaidó bei den vorangegangenen Gesprächen zugesagt hätten, in Washington auf eine Lockerung der Sanktionen zu dringen. Sie hätten ihr Wort gebrochen, so Maduro.

Tatsächlich hat es Medienberichten zufolge offenbar Gespräche zwischen der US-Administration und den Oppositionsvertretern aus Venezuela gegeben. Washington lehnt aber Verhandlungen mit Maduro und dessen Vertretern ab – der Erlass des Dekrets gerade zu diesem Zeitpunkt kann also auch als Signal gewertet werden, dass der von den USA anerkannte »Übergangspräsident« bei der Politik Washingtons gegenüber Venezuela kein Wort mitzureden hat. Damit aber sind für Caracas Verhandlungen mit Guaidó und dessen Umfeld sinnlos.

Norwegen versucht trotzdem, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch meldete, ist eine Delegation aus Oslo nach Caracas gereist, um mit Vertretern beider Seiten über eine Wiederaufnahme des Dialogs zu beraten. »Ja, es sind Vertreter des Königreichs Norwegen im Land, aber es gibt noch keinen neuen Termin«, bestätigte Guaidó gegenüber Journalisten.

Oslo hatte die Vermittlung im Mai begonnen, erste Gespräche fanden in der norwegischen Hauptstadt statt. Dann wechselte man auf die näher gelegene Karibikinsel Barbados. Über die Inhalte und Fortschritte gibt es von seiten der Mediatoren keine Angaben, so dass in Venezuela die Gerüchte ins Kraut schießen. So wurde bereits über vorgezogene Wahlen spekuliert, bei denen Maduro nicht mehr antreten sollte. Von Regierungsseite wurde das entschieden dementiert.
(scha)

Bereits mehr als eine Million Menschen haben in Venezuela einen offenen Brief an UN-Generalsekretär António Guterres unterzeichnet. Diese Zahl nannte Präsident Nicolás Maduro am Dienstag (Ortszeit) – gerade einmal drei Tage nach dem Beginn der Unterschriftensammlung, die als Reaktion auf die verschärften Sanktionen der USA gegen das südamerikanische Land initiiert worden war. In dem Schreiben werden die Vereinten Nationen aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz Venezuelas vor der Aggression Washingtons zu ergreifen, denn diese verhindere »den Zugang zu Lebensmitteln, Medikamenten und unverzichtbaren Importgütern, darunter auch zur medizinischen Notfallbehandlung«.

Während sich in vielen Städten Venezuelas lange Schlangen von Menschen bildeten, die ihren Namen unter den Brief setzen wollten, und auch in anderen Ländern Unterschriften gesammelt wurden, sieht einer die Sache ganz anders. Wenige Stunden nach der Unterzeichnung des Sanktionsdekrets durch Trump beeilte sich der Abgeordnete Juan Guaidó, der sich im Januar selbst zum »Übergangspräsidenten« ausgerufen hatte, die neuen US-Maßnahmen zu unterstützen. »Die angekündigte Aktion hat humanitäre Ausnahmen hinsichtlich Lebensmitteln und Medikamenten«, behauptete er über Twitter. Das aber ist höchstens die halbe Wahrheit. Zwar sprach US-Außenminister Michael Pompeo am 6. August vor der Presse ebenfalls davon, dass »Transaktionen im Zusammenhang mit humanitären Aktivitäten« von dem Embargo ausgenommen seien – stellte aber bereits im nächsten Satz klar, dass sich darauf nur »Interimspräsident Juan Guaidó, die Nationalversammlung und von Guaidó ernannte Einzelpersonen« berufen können. Das ist nichts anderes als Erpressung: Entweder, ihr akzeptiert den Mann unseres Vertrauens, oder wir lassen euch hungern.

In Venezuela selbst aber hat Guaidó nach wie vor nichts zu melden – und kann schon deshalb keine nennenswerten »humanitären Aktivitäten« durchführen. Von ausländischen Regierungen und anderen Institutionen dafür bereitgestellte Gelder werden vor allem vom engsten Umfeld des Oppositionspolitikers ausgegeben. Erst im Juni sorgte der Skandal um die Beauftragten Guaidós in Kolumbien, Roxana Barrera und Kevin Rojas, für internationales Aufsehen. Beide hatten mindestens 90.000 Dollar aus »Hilfsgeldern« genutzt, um sich in Cúcuta ein schönes Leben zu machen.

Reale humanitäre Unterstützung für die Bevölkerung Venezuelas wird derweil von Washington behindert. So verhängte die US-Administration Ende Juli Sanktionen gegen die CLAP (Lokale Komitees für Versorgung und Produktion), die landesweit Produkte des Grundbedarfs zu subventionierten Preisen vertreiben und damit ein wichtiges Standbein für die Versorgung der Menschen sind. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Datanálisis erhielten Anfang August rund 74 Prozent der venezolanischen Bevölkerung mehr oder weniger regelmäßig CLAP-Pakete. Die Regierung spricht davon, 90 Prozent der Einwohner zu erreichen.

Das US-Finanzministerium behauptete in einer Pressemitteilung vom 25. Juli dagegen, das CLAP-Programm diene dem »Regime« nur als »politisches Werkzeug, um Unterstützung zu belohnen und politische Kritik zu bestrafen«. Zudem nutze es die Regierung dazu, ihren Einfluss auf die Bürger zu bewahren, »die nicht genügend Geld haben, um Lebensmittel zu kaufen, und deshalb zum Überleben von den CLAP-Rationen abhängen«.

Mit den Sanktionen vom 5. August wird sich die Lage der Menschen weiter verschärfen. Trumps Pressesekretärin Stephanie Grisham erklärte am Tag nach der Unterzeichnung des Dekrets, dieses ziele direkt auf alle, »die die demokratisch gewählte Nationalversammlung Venezuelas oder Interimspräsident Juan Guaidó untergraben«. Ausdrücklich wird in der Executive Order festgelegt, dass sich die Strafandrohung auch gegen Personen, Unternehmen und Regierungen aus Drittländern richtet – Firmen aus Russland, China oder der Türkei etwa. Man müsse sich entscheiden, so Trumps Sicherheitsberater John Bolton gegenüber Journalisten: »Willst du Geschäfte mit Venezuela oder mit den Vereinigten Staaten machen?«

Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet, die kürzlich in einem offiziellen Bericht scharfe Kritik an Caracas geübt hatte, warnte in einer am 8. August in Genf veröffentlichten Stellungnahme vor dramatischen Konsequenzen: »Diese Sanktionen sind extrem weit gefasst und enthalten keine ausreichenden Maßnahmen, um die Folgen für die am meisten verletzbaren Schichten der Bevölkerung aufzufangen. Ich fürchte, dass sie große Auswirkungen auf die Ausübung der Rechte auf Gesundheitsversorgung und Ernährung haben, insbesondere in einem Land, in dem bereits ein ernsthafter Mangel an Waren des Grundbedarfs herrscht.«

Tatsächlich haben erste Unternehmen bereits Konsequenzen aus den jüngsten Sanktionen gezogen. Unter ausdrücklichem Verweis auf die US-Maßnahmen sperrte der deutsche Domainhändler Sedo – ein Tochterunternehmen der United Internet AG, zu der auch Marken wie »1 & 1« gehören – Anfang August seine Dienstleistungen für Kunden in Venezuela. Und am 7. August informierte Vizepräsidentin Delcy Rodríguez, dass ein Frachtschiff, das Soja für Venezuela geladen hatte, zur Kursänderung gezwungen worden sei. Die Versicherung der Eigner habe das Risiko des Einlaufens in einen Hafen des südamerikanischen Landes nicht eingehen wollen.

Solidarität mit Venezuela:

– Berlin: Kundgebung am Sa., 14 bis 16 Uhr, Pariser Platz (Brandenburger Tor)
– Hamburg: Veranstaltung am Sa., 18.15 Uhr, auf dem Methfesselfest, Else-Rauch-Platz
– Elmshorn: Veranstaltung am Sa., 15.30 Uhr, auf dem Wasserturmfest, Jahnstr. 2a, Elmshorn

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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André Scheer
junge Welt, 16.08.2019