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Revolution und Solidarität: Wolfgang Mix über Kubas internationalistischen Einsatz in Afrika.
Eine kubanische Panzereinheit in Angola
Seit nahezu 60 Jahren pflegt die sozialistische Inselrepublik Kuba intensive solidarische Beziehungen zum afrikanischen Kontinent. Die gegenseitige Wertschätzung zeigte sich zuletzt 2016, als viele Staatschefs aus Afrika anreisten, um an der Beerdigung Fidel Castros teilzunehmen und dem verstorbenen Revolutionsführer ihren Respekt zu erweisen.
Nach dem Ende des direkten Kolonialismus nährten die Linksregierungen im südlichen Afrika bei Einheimischen und europäischen Sympathisanten, wie Wolfgang Mix in seinem Ende Juli erscheinenden Buch schreibt, »die Hoffnung, dass hier die Arroganz der Macht« gebrochen werden und eine »gerechte Entwicklung ihren Anfang« nehmen könne. Nachdem sich Kuba mit der Revolution zunächst selbst befreit hatte, waren die Kubaner in der Lage, diese Selbsterfahrung in internationalistischer Solidaritätsarbeit weiterzugeben.
In westlichen Medien war dagegen die Rede von »kubanischen Söldnern« im Auftrag »sowjetischer Expansionsbestrebungen«. Das habe sich, so Mix, in den vergangenen 30 Jahren vor allem auch dank des US-Historikers Piero Gleijeses geändert. Ihm war als bislang einzigem Ausländer erlaubt worden, in kubanischen Archiven zu forschen. Mix nahm diese Arbeiten als Grundlage, um »eine wenig bekannte Episode der Geschichte Kubas und der Völker im südlichen Afrika« dem deutschen Lesepublikum vorzustellen.
Er zeichnet Kubas internationalistische Politik nach, die mit einem ersten, wenig erfolgreichen Versuch Ernesto Che Guevaras im Kongo begann. Er musste dort erkennen, dass das, was in Kuba erfolgreich gewesen war – das Auslösen eines revolutionären Flächenbrands durch eine kleine Gruppe von Guerilleros – nicht einfach exportiert werden kann. Im Kongo fehlte es »an allem«. Das dortige Vakuum konnten auch die Kubaner nicht auffüllen.
In der Heimat nahm unterdessen der Druck der USA auf Kuba deutlich zu. Im Rückblick betrachtet, erwies sich das für die antikolonialen Kämpfe vor allem in Algerien, Guinea-Bissau und Angola als Glücksfall. Anfang der 1960er wurde zur Unterstützung der Befreiungsbewegung in Algerien eine Ärztebrigade entsendet, die kurz nach der Unabhängigkeit um ein Militärkontingent erweitert wurde, als Marokko das Nachbarland angriff. Ein erster ausländischer Militäreinsatz erübrigte sich dann aber, da in der Vorbereitungszeit ein Waffenstillstand vereinbart worden war.
Dann folgte die Unterstützung für die Befreiungsbewegung in Guinea-Bissau, die von Amílcar Cabral angeführt wurde. Havanna lieferte alles, was für den Kampf gegen die Kolonialmacht Portugal gebraucht wurde. In Kuba wurden derweil Freiwillige militärisch trainiert, um bei der Befreiung helfen zu können. Vor Ort wurden sie als wichtige Stütze des Kampfes gesehen, die vor allem keine eigenen Ambitionen mit ins Spiel brachten. Indirekt hatte Kuba somit geholfen, dem portugiesischen Kolonialismus (und nebenbei auch der Diktatur im »Mutterland«) einen heftigen Stoß zu versetzen.
Im Hauptteil des Buches folgt Mix Schritt für Schritt dem Kampf Kubas an der Seite der angolanischen Befreiungsbewegung MPLA. Mit deren militärischem Arm (FAPLA) kämpften die Kubaner gegen die Invasionsversuche des Apartheidstaates Südafrika und die Offensiven der US-gestützten konterrevolutionären Bewegungen im Norden Angolas. Zunehmender Druck seitens der USA, denen nicht entgangen war, dass Kuba seine Truppenpräsenz in Angola beständig ausbaute, erforderte einige Kreativität der kubanischen Truppen und die Anpassung an schwierigste Bedingungen. Sie kämpften gegen internationale Söldner, die ein kubanischer Bataillonskommandeur so beschrieb: »Auftragsmörder, perfekt organisiert, diszipliniert, bis an die Zähne bewaffnet mit modernstem Kriegsgerät und mit breitem militärischem Wissen, welches sie durch die Teilnahme an verschiedenen Kriegen erlangt hatten.«
Neben der Unterstützung der angolanischen Unabhängigkeit war ein weiteres Verdienst Kubas die Sichtbarmachung des südafrikanischen Versuchs, Angola zu beherrschen. Das weiße Elitedenken hat dabei »einen nicht rückgängig zu machenden Schlag« erhalten. Bis zum März 1976 war die Zahl der kubanischen Internationalisten auf 36.000 Männer und Frauen angewachsen. Dem Einsatz der Kubanerinnen widmet Mix ein eigenes Kapitel.
Zum Komplex dieser internationalistischen Solidarität gehörte auch, dass die eingesetzten Ressourcen im eigenen Land fehlten und die Freiwilligkeit der Soldaten teilweise darauf basierte, gesellschaftlicher Missachtung entgehen zu wollen. Die kubanische Führung setzte aber auf ein intensives Auswahl- und Vorbereitungsverfahren. Die CIA konstatierte: »Der Dienst in Angola bleibt populär unter der Jugend.« Im Nachgang erwiesen sich diese Einsätze auch für die Kubaner und ihr weiteres Leben auf der Insel als wichtig: Sie führten zu einer höheren Wertschätzung der eigenen Kultur und Gesellschaft und ihrer Errungenschaften.
Wolfgang Mix: Kubas Internationalismus – Angola 1975–1991
Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2019, 154 Seiten, zehn Euro
Veröffentlichung |
Ina Sembdner
junge Welt, 23.07.2019