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Schöne Worte, rechte Allianzen
Die Lateinamerika-Politik der Bundesregierung steckt in der Sackgasse. Das wird auch eine Regionalkonferenz diese Woche nicht ändern.
Mit schönen Worten kündigt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Lateinamerika- und Karibik-Konferenz seines Ressorts am morgigen Dienstag an: »Wir wollen auf der Weltbühne zusammen für Demokratie, Menschenrechte und faire Regeln einstehen. Wir wollen dazu beitragen, dass unser geteiltes Wertefundament weiter wächst.«
Die »regelbasierte Ordnung« soll wohl nach deutschen Vorstellungen das Völkerrecht ersetzen. Denn von völkerrechtlichen Standards der Außenpolitik hat sich die Bundesregierung vielfach verabschiedet, zuletzt mit der Anerkennung des selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó in Venezuela. Auch Menschenrechte interessieren Maas vor allem dort, während in Mexiko im »Kampf gegen die Drogen« binnen zehn Jahren rund 250.000 Menschen getötet wurden. Obwohl der Staat darin tief verstrickt war, erhielt die Bundesregierung die strategische Partnerschaft und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Mexiko aufrecht. In Kolumbien sieht die Bundesregierung trotz gezielter Ermordung von bis zu 500 sozialen AktivistInnen seit dem Friedensabkommen keinen Handlungsbedarf und vertraut dem rechtsgerichteten Präsidenten Iván Duque.
Heiko Maas liegen dafür neuerdings die Frauenrechte am Herzen. Dafür reiste er unlängst auch nach Brasilien, um in Begleitung deutscher Schauspielerinnen ein Frauennetzwerk zu gründen und sich gut gelaunt inmitten von Aktivistinnen ablichten zu lassen. Dabei hatten Menschenrechtlerinnen aus Lateinamerika in Berlin bislang keinen leichten Stand. Nachdem 2016 in Honduras die international bekannte Frauenrechtlerin und Umweltaktivistin Berta Cáceres ermordet wurde, sah die Bundesregierung »keinen Anlass, die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Honduras grundsätzlich in Frage zu stellen«. Fragwürdig ist auch, weshalb im Rahmen eines deutschen, von außen konzipierten PR-Projekts ein Frauennetzwerk gegründet wird, statt bestehende Initiativen wie das Red Nacional de Mujeres in Kolumbien zu fördern oder die Selbsthilfeorganisation OCNF, die sich in Mexiko gegen Frauenmorde engagiert; solche sind immer wieder Todesdrohungen ausgesetzt.
Auch die Wirtschafts- und Umweltpolitik stehen morgen auf der Agenda der Konferenz. Doch der ehemalige US-Agrarkonzern Monsanto, inzwischen vom deutschen Chemie- und Pharmariesen Bayer aufgekauft, steht wegen seiner Pestizidgeschäfte in Lateinamerika in der Kritik. Im Programm der Berliner Konferenz findet sich keine einzige Debatte zur deutschen Unternehmensverantwortung in Lateinamerika.
Die schwerste Hypothek aber trägt die Regionalinitiative der Bundesregierung durch die Venezuela-Politik, die das Treffen überschatten wird. Der Außenminister Venezuelas ist als einziger Chefdiplomat aus Lateinamerika nicht eingeladen. Dabei hätte die Bundesregierung hier die Möglichkeit gehabt, ihre international kritisierte und von den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags als völkerrechtswidrig bescheinigte Anerkennung Guaidós zu korrigieren. Statt dessen setzt Maas weiter auf eine Regime-Change-Politik an der Seite von Donald Trump.
Die Doppelstandards deutscher Außenpolitik offenbarten sich auch bei Maas’ jüngster Reise nach Brasilien, bei der er dem Rechtsextremen Jair Bolsonaro einen Propagandaerfolg bescherte. Die offene Bedrohung von Minderheiten, die Bewaffnung von weiteren 19 Millionen Menschen, Kürzungen von bis zu 50 Prozent an Universitäten, Abholzung des Regenwaldes, die Inhaftierung von Expräsident Lula – nichts davon sprach Maas offen an. Eine geradezu schizophrene Haltung angesichts der Frontstellung gegen Venezuela.
Mit der Konferenz im Auswärtigen Amt wird nichts Neues entstehen, sondern die Bundesregierung wird ihre US-hörige und an deutschen Wirtschaftsinteressen ausgerichtete Politik auf dem lateinamerikanischen Kontinent bekräftigen. Dazu wird die Zusammenarbeit mit rechtsgerichteten Regierungen forciert. Selten hat das Auswärtige Amt so deutlich wie in den vergangenen Wochen klargemacht, dass sich die deutsche Außenpolitik gegen linke Regierungen in Lateinamerika richtet und dafür sogar Putsche unterstützt. Der Widerstand gegen diese Politik ist nötiger denn je.
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Heike Hänsel ist stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.
junge Welt, 27.05.2019