Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Solidarität ist unsere Waffe
Venezuela setzt sich für internationale Zusammenarbeit ein. Doch die Einheit Lateinamerikas wird nach und nach zerstört.
Seit vor 20 Jahren, im Februar 1999, mit dem Amtsantritt von Präsident Hugo Chávez in Venezuela die »Bolivarische Revolution« begann, ist internationale Solidarität ein entscheidendes Merkmal der Außenpolitik des Landes. Bereits der Beiname »Bolivarische Republik«, den Venezuela seit Annahme der neuen Verfassung Ende 1999 trägt, verweist auf die Bedeutung des Erbes von Simón Bolívar. Der als Nationalheld verehrte Befreier hatte im 19. Jahrhundert für die Unabhängigkeit von Spanien und für die Einheit Lateinamerikas gekämpft. Er war einer der ersten Internationalisten der Region und kämpfte für die Befreiung von mindestens fünf Ländern – Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Bolivien und Peru –, um diese in einem Bündnis miteinander zu vereinen.
Auch Chávez versuchte, internationale Strukturen aufzubauen, die der Integration Lateinamerikas und der Länder der Karibik dienen sollten. Die Vorstellung dahinter war, eine Kooperation zu ermöglichen, die auf den Prinzipien der internationalen Solidarität und nicht denen der neoliberalen Marktwirtschaft basiert. So gründete Chávez im Dezember 2004 zusammen mit dem damaligen kubanischen Präsidenten Fidel Castro die Bolivarische Alternative für die Völker unseres Amerikas (ALBA), die sich heute Bolivarische Allianz – Handelsvertrag der Völker (ALBA-TCP) nennt. Es folgte 2005 das Petrocaribe-Abkommen, das vor allem den armen Staaten der Karibik den Bezug von Erdöllieferungen aus Venezuela zu Vorzugspreisen ermöglichte. 2008 wurde die Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) gegründet und 2010 die Lateinamerikanische und Karibische Staatengemeinschaft (CELAC). Nennenswert ist auch die enge und solidarische Kooperation mit Kuba in Bereichen wie medizinische Versorgung, Bildung, Kultur und Sport.
All diese Initiativen werden durch den Rechtsruck der vergangenen Jahre in Lateinamerika bedroht. Vor allem die Politik der Regierung Ecuadors unter Präsident Lenín Moreno hat verheerende Folgen. Im vergangenen August hatte dessen Außenminister José Valencia etwa angekündigt, sein Land werde aus der ALBA-TCP austreten und das mit der »massenhaften Emigration der venezolanischen Bürger« und der fehlenden »demokratischen Stabilität« in Venezuela begründet, wie die spanische Agentur Efe berichtete. Im März kündigte Moreno dann auch den Austritt aus der Unasur an. Das hatte eine besondere Bedeutung, weil sich der Sitz dieses Bündnisses nahe Ecuadors Hauptstadt Quito befindet. Das Gebäude soll laut Moreno für andere Zwecke genutzt werden. Eine davor errichtete Statue des verstorbenen Unasur-Mitbegründers und ehemaligen argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner wurde bereits demontiert. Ecuadors Staatschef begründete seinen Schritt mit den »schlimmsten Lastern des Sozialismus des 21. Jahrhunderts«, die »einige Präsidenten« im Staatenbund verankern wollten, wie die ecuadorianische Tageszeitung El Comercio ihn am 14. März auf ihrer Website zitierte.
Inzwischen haben sieben der ursprünglich zwölf Mitgliedsstaaten ihren Austritt aus der Unasur vollzogen oder ihn angekündigt. Parallel dazu arbeiten die rechten Regierungen der Region, angeführt von Chile und Kolumbien, daran, eine neue Allianz zu bilden, das »Forum für den Fortschritt Südamerikas« (Prosur), das entsprechend der Vorgaben des Neoliberalismus, des Finanzkapitals und der US-Interessen agieren soll. Der Prosur-Gründungsgipfel fand im März in Santiago de Chile statt. Aber schon im Februar hatte Chiles Präsident Sebastián Piñera via Twitter verkündet, dass Prosur »frei von jeglicher Ideologie sein« solle, »offen für alle und engagiert für Demokratie und Menschenrechte«. Kolumbiens Präsident Iván Duque war schon im Januar noch deutlicher geworden. Im Gespräch mit einem Radiosender der Stadt Cali sagte er, dass sich Prosur die Zerstörung von Unasur und der »venezolanischen Diktatur« zum Ziel gesetzt habe.
Derweil setzen die verbliebenen ALBA-Länder – Kuba, Venezuela, Bolivien, Nicaragua und mehrere Karibikstaaten – ihre solidarische Zusammenarbeit fort. Die US-Administration versucht, insbesondere von der Kooperation zwischen Caracas und Havanna ein verzerrtes Bild zu verbreiten, das von vielen internationalen Medien kritiklos wiedergegeben wird. So machte US-Präsident Donald Trump nach der erfolglosen Militärrevolte vom 30. April »kubanische Truppen und Milizen« für das bisherige Scheitern der Umsturzpläne verantwortlich, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete. Er hoffe, »dass die kubanischen Soldaten bald friedlich nach Hause zurückkehren«. Havanna wies das entschieden zurück. Es gebe keine kubanischen Truppen in Venezuela, unterstrich das Außenministerium. Tatsächlich sind die meisten Kubanerinnen und Kubaner in Venezuela Ärzte. Nach Angaben der venezolanischen Regierung sind rund 30.000 von ihnen in der Gesundheitsversorgung und in der Ausbildung junger Medizinerinnen und Mediziner im Einsatz.
Die politische Hetze und die Medienmanipulation sind nur ein Teil der imperialistischen Aggression gegen Venezuela und die Bolivarische Revolution. Hinzu kommen eine Wirtschafts- und Finanzblockade, Sanktionen gegen venezolanische Staatsbürger, die Behinderung von Lebensmittel- und Medikamentenimporten, diplomatische Angriffe wie die Anerkennung des Putschisten Juan Guaidó als »Übergangspräsident« Venezuelas, die Besetzung der venezolanischen Botschaft in Washington durch US-Polizisten, das vom US-Verkehrsministerium in dieser Woche verhängte Verbot von Flügen nach und aus Venezuela, das wiederholte Eindringen nordamerikanischer Schiffe in die Hoheitsgewässer Venezuelas und Sabotageaktionen gegen die Wasser- und Stromversorgung. Das Schlimmste ist jedoch die ständige Drohung aus dem Weißen Haus, eine militärische Intervention in Venezuela sei »nicht auszuschließen«.
Diesen Aggressionen muss internationale Solidarität entgegengesetzt werden. Ganz im Sinne Che Guevaras, der im Jahr 1964 in einem Brief geschrieben hatte: »Wenn du fähig bist, jedesmal, wenn auf der Welt eine Ungerechtigkeit geschieht, vor Entrüstung zu beben, dann sind wir Genossen.«
Veröffentlichung |
Julieta Daza
junge Welt, 18.05.2019