Nachrichten aus und über Kuba
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Aus Miami orchestriert
Tage gegen Homophobie in Kuba: Antikommunisten sorgen für Störmanöver.
Eine Woche vor dem »Internationalen Tag gegen Homo-, Trans-, Bi- und Interphobie« am 17. Mai hat Kubas Tourismusminister Manuel Marrero auf der Tourismusmesse in Havanna für Oktober die Eröffnung des ersten »LGBT-Resorts« der Insel angekündigt. Der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt – derzeit finden auf der Insel die zum zwölften Mal durchgeführten »Kubanischen Tage gegen Homophobie und Transphobie« statt. Bis kommenden Freitag geht es in zahlreichen Veranstaltungen um die Rolle und Rechte der LGBT-Bewegung in Kuba. Einer der Höhepunkte war am Freitag die Ehrung des bekanntesten US-Aktivisten Cleve Jones durch Mariela Castro, die Chefin des Nationalen Zentrums für Sexualaufklärung (Cenesex), im Karl-Marx-Theater von Havanna.
Doch weder das eine noch das andere Ereignis schaffte es über Kuba hinaus in die internationalen Medien. Für Schlagzeilen sorgte dagegen die überraschende Absage der »Congas Cubanas«, der traditionell vom Cenesex organisierten Paraden gegen Homophobie in Havanna und Camagüey. Begründet wurde das vom Gesundheitsministerium zunächst nur vage mit »den neuen Spannungen im internationalen und regionalen Rahmen«. Darauf reagierten einige Menschen mit einem eigenen, nicht angemeldeten Umzug. Wie die Deutsche Presseagentur und die von Cleve Jones geführte Organisation »Rainbow World Fund« übereinstimmend meldeten, zogen am vergangenen Sonnabend etwa 100 Teilnehmer mit Regenbogenfahnen vom Parque Central auf der Prachtstraße »Prado« in Richtung der sechsspurigen Uferpromenade Malecón, wo sich der Zug auflöste. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens war die Polizei nach eigenen Angaben an der vielbefahrenen Kreuzung präsent, um die Sicherheit der Teilnehmer und den Verkehrsfluss zu gewährleisten. Laut dpa wurden »mindestens drei Demonstranten, die den Kordon mit Gewalt durchbrechen wollten, vorübergehend festgenommen«. Obwohl die Verhafteten nach wenigen Stunden wieder frei waren, löste die Maßnahme der Sicherheitskräfte in Kuba und im Ausland kontroverse Reaktionen aus.
Antikommunistische Medien wie der Nuevo Herald aus Miami, Diario de Cuba aus Madrid und das staatliche US-Propagandaportal Martí Noticias sowie systemfeindliche Blogger in Kuba prangerten in gleichlautenden Beiträgen die »Verletzung der Menschenrechte« an. Doch auch Befürworter der Revolution wie die Musiker Silvio Rodríguez, Vicente Feliú und Haydée Milanés kritisierten die Absage der Congas und das Vorgehen der Polizei. Dagegen forderte der Journalist Marco Velázquez Cristo auf dem Blog Post Cuba zu einer sachlichen Debatte auf. Er verwies darauf, dass die nicht angemeldete Demonstration durchgeführt werden konnte, ein Durchbrechen der Polizeiabsperrung am Malecón aber das Leben der Beteiligten und der Verkehrsteilnehmer gefährdet hätte. Die Vorfälle seien bewusst für die Medien inszeniert worden, so Velázquez Cristo. Es gebe jedoch »kein Bild von Schlägen durch Polizeiknüppel, vom Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern oder von Verletzten«, gibt er zu bedenken.
Der Publizist Iroel Sánchez hält die Absage der Cenesex-Conga durch das Gesundheitsministerium für problematisch. Dies habe es den Gegnern des kubanischen Modells erleichtert, die Autorität und Arbeit der von Mariela Castro geleiteten Institution zu diskreditieren und den freigegebenen Raum zu besetzen, schrieb er in seinem Blog La pupila insomne. Zugleich stellte sich Sánchez aber gegen die Organisatoren der Demonstration vom Sonnabend, unter denen sich der Systemgegner Ariel Ruiz Urquiola befand, der auch zu den vorübergehend Festgenommenen gehörte. Wie der Blog Razones de Cuba dokumentierte, gehörte er zu einer Gruppe von 30 Personen, die am 16. Oktober 2018 in der US-Botschaft in Havanna von den nordamerikanischen Diplomaten Todd Henderson und Mónica Fernández Salina auf kommende »Aktionen« vorbereitet wurden. Man könne doch nicht ignorieren, dass einige der angeblichen LGBT-Aktivisten wie Ruiz Urquiola »in der US-Botschaft Anweisungen von dem homophoben, gewalttätigen, rassistischen und fremdenfeindlichen Donald Trump entgegengenommen« hätten, so Sánchez. Weitere Belege, dass es sich um einen aus Miami orchestrierten Versuch der Einflussnahme gehandelt hat, waren auch Thema in der Fernsehsendung »Mesa Redonda« am Montag abend (Ortszeit). Mariela Castro bat die Zuschauer in der Sendung um Sachlichkeit. »Der Kampf für die LGBT-Rechte ist Teil unseres Beitrags zum revolutionären Prozess. Ich wünsche mir, dass das kubanische Volk es so versteht und keinen Unsinn, keine Vorurteile und keinen Klatsch der sich irreführend als unabhängig bezeichnenden Presse und der großen Medien reproduziert.«
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Volker Hermsdorf
junge Welt, 15.05.2019