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Vielfältige Herausforderungen
Kubas Präsident sieht Prioritäten bei Verteidigung und Wirtschaftsentwicklung.
Im ersten Jahr seiner Amtszeit sah Kubas amtierender Präsident sich bereits mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie seine Vorgänger Fidel und Raúl Castro. Er hatte das erwartet. Kurz vor seiner Wahl am 19. April 2018 hatte Miguel Díaz-Canel auf die »historische Bedeutung« des Generationenwechsels hingewiesen, der »inmitten einer schwierigen internationalen Lage stattfindet, die durch die Verschärfung der Blockade gegen Kuba und die Versuche der USA gekennzeichnet ist, unsere Revolution zu zerstören«. Am Tag selbst erklärte er ergänzend: »Vor uns steht auch eine ideologische Herausforderung, eine Herausforderung, die im Kampf gegen die Hegemonie der pseudokulturellen Werte besteht, die man uns versucht aufzuzwingen.«
Die Gegner der Revolution witterten nach dem Rückzug Raúl Castros vom Amt des Präsidenten Morgenluft. »Das Wichtigste« sei, »was nach den Wahlen des Jahres 2018 kommt«, hieß es etwa beim in Madrid betriebenen Onlineportal Diario de Cuba. Die Opposition müsse »sich vorbereiten und Bedingungen schaffen, die es erlauben, Druck auszuüben, um die künftige Entwicklung zu beeinflussen«, wurde über das von der US-Stiftung »National Endowment for Democracy« finanzierte Portal der Contras verbreitet. Daraus wurde allerdings nichts. Der Einfluss der von Washington bezahlten Systemgegner ist in Kuba derzeit geringer als je zuvor. Trotzdem warnte Díaz-Canel am vergangenen Sonnabend im Parlament: »Wir dürfen die Eskalation der US-Aggression nicht unterschätzen. … Die US-Regierung, die den Multilateralismus verachtet und beschlossen hat, die Welt in ihre schlimmsten Zeiten zurückzutreiben, … hat mehr als einmal öffentlich erklärt, dass es ihr Ziel sei, jegliche Alternative einer Entwicklung zu zerstören, die sich vom brutalen Kapitalismus unterscheidet.« Wegen der schwierigen Lage in Lateinamerika und der Welt gebe es für Kuba zwei Prioritäten. »Wir müssen uns gleichermaßen auf die Verteidigung vorbereiten und den wirtschaftlichen Kampf führen«, gab Díaz-Canel vor.
Obwohl der Präsident in den vergangenen zwölf Monaten vor allem die Wirtschafts- und Strukturreform in Kuba vorantrieb, im Ausland um Unterstützung, neue Investitionen und Kooperationen warb und die Landesverteidigung stärkte, beschränkte er sich nicht auf diese Themen. Auf dem X. Kongress des kubanischen Journalistenverbandes (UPEC) im Juli 2018 stellte Díaz-Canel sich zum Beispiel der Diskussion mit den mehr als 260 Delegierten, in der es auch um zu niedrige Gehälter, die prekäre materielle Situation vieler Medien und die Herausforderungen durch neue Technologien ging. Er teilte die Kritik an der oft fehlenden Kreativität in kubanischen Medien, betonte aber zugleich, dass Kommunikation und Information in Kuba kein Geschäft, sondern ein verfassungsmäßig garantiertes Bürgerrecht und ein öffentliches Gut seien und bleiben müssten. Der Präsident erinnerte daran, dass die Wurzeln der heutigen kubanischen Medien die revolutionären Zeitungen streikender Arbeiter, die Guerillapresse, der Rundfunksender Radio Rebelde und die unmittelbar nach dem Sieg der Revolution 1959 gegründete alternative Nachrichtenagentur Prensa Latina seien. Auf den Hinweis von Delegierten, dass die kubanische Bevölkerung sich den öffentlichen Charakter der einst privaten Eigentümern gehörenden Mediendienste erkämpft habe, entgegnete Díaz-Canel zustimmend, deshalb werde es in Kuba auch weiterhin »nur zwei Arten von Eigentum an den Massenmedien geben: staatliche und gesellschaftliche«.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 18.04.2019