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Falsche Versprechungen

Rund 800 kubanische Ärzte in Brasilien ohne Perspektive. Havanna offen für Rückkehr.

Kubanische Ärzte, die sich Ende vorigen Jahres in Brasilien für die Kampagne von Präsident Jair Bolsonaro gegen das medizinische Hilfsprogramm »Mais Médicos« einspannen ließen, fühlen sich verraten. Das Internetportal Cubadebate und das Kampfblatt der rechten Exilgemeinde in Miami, die Tageszeitung Nuevo Herald, berichteten vergangenen Donnerstag übereinstimmend von in Brasilien gestrandeten kubanischen Ärzten, die »unter unmenschlichen und teils lebensgefährlichen Bedingungen« leben müssten und »weder Geld noch Arbeit« hätten.

Der bekennende Faschist Bolsonaro hatte das 2013 zwischen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Brasilien und Kuba vereinbarte Programm bereits vor seinem Amtsantritt am 1. Januar in Frage gestellt und damit faktisch beendet. Die daran teilnehmenden kubanischen Ärzte hätten das Land spätestens zum 10. Dezember verlassen sollen. Bis Ende vergangenen Jahres seien 7.635 der 8.471 betroffenen Mediziner zurückgekehrt, teilte der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel laut Cubadebate mit. In Brasilien geblieben seien 836 Teilnehmer des Programms. »Einige von ihnen haben dort geheiratet und Familien gegründet«, berichtet das Internetportal über die Motive. Ein anderer Teil folgte der Aufforderung Bolsonaros und beantragte politisches Asyl.

Der neue Machthaber hatte Havanna unter anderem »moderne Sklaverei« vorgeworfen, da die Regierung nur 30 Prozent (rund 900 US-Dollar) des von Brasilien bezahlten Gehalts direkt an die Ärzte ausbezahlt und den Rest für das Gesundheitssystem der Insel und zur Finanzierung von Hilfseinsätzen in Ländern des globalen Südens verwendet hatte. Bolsonaro forderte die kubanischen Mediziner mit dem Versprechen auf spätere Wiedereingliederung in ein neues Programm auf, sich öffentlich gegen ihre Regierung zu stellen. Doch nur ein kleiner Teil der rund 8.500 Ärzte ließ sich darauf ein. Einige Teilnehmer beendeten ihren Einsatz im Rahmen von »Mais Médicos« zunächst formal in Kuba und reisten danach in Erwartung gut bezahlter Jobs auf eigene Faust wieder nach Brasilien.

Am vergangenen Mittwoch kündigte die zuständige Koordinatorin im brasilianischen Gesundheitsministerium, Mayra Pinheiro, in der Tageszeitung El País jedoch an, dass »Mais Médicos« durch ein neues Projekt mit dem Namen »Mais Salud« (Mehr Gesundheit) ersetzt werden soll, in dem »alle offenen Stellen von Brasilianern besetzt« würden. Kubanische Ärzte hätten damit keine Chance mehr auf eine Anstellung. Die Regierung prüfe aber die Gewährung humanitärer Hilfe. »Sie haben uns aus dem Programm ausgeschlossen, allein, ohne Familie und in einem Land, das uns ablehnt«, klagte einer der Betrogenen im Nuevo Herald. Während konservative Medien verbreiten, dass den in Brasilien gestrandeten Ärzten eine Wiedereinreise verwehrt werde, verwies Kubas Gesundheitsminister Roberto Morales Ojeda vergangene Woche in mehreren Twitter-Beiträgen auf eine Erklärung seines Ministeriums vom November 2018, nach der die Mediziner jederzeit zurückkehren können.

Contragruppen versuchen die Frustrierten für eine neue Kampagne gegen Kuba zu instrumentalisieren. Die Organisation »Solidaridad sin Fronteras« mit Sitz in Hialeah (Florida) setzt sich für die Wiederaufnahme des von US-Präsident George W. Busch 2006 eingeführten und im Januar 2017 unter Barack Obama beendeten Abwerbeprogramms »Cuban Medical Professional Parole« (CMPP) ein. Mit diesem, dem US-Außen- und Heimatschutzministerium unterstehenden weltweit kritisierten Programm sollten Ärzte, Krankenpfleger, Physiotherapeuten, Laboranten und anderes medizinisches Fachpersonal in Kubas internationalen Hilfsmissionen mit der Zusage von Einreise- und Aufenthaltserlaubnis sowie gut bezahlten Jobs in den USA zur Desertion ermuntert werden. Im Nuevo Herald hieß es – ohne jedoch eine Quelle für die Zahl anzugeben –, dass »mehr als 2.000« kubanische Ärzte die ultrarechten US-Senatoren Marco Rubio und Bob Menéndez in einem Brief aufgefordert hätten, sich für die Reaktivierung des CMPP-Programms einzusetzen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 12.02.2019