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Ideologische Klarheit
Kubas Bürger können im Februar über neue Verfassung abstimmen. Darin wird als Ziel die Kommunistische Gesellschaft definiert.
Kurz vor dem 60. Jahrestag der Revolution tritt der Prozess für eine neue Verfassung in Kuba in seine Endphase ein. Am Freitag hat eine aus 17 Mitgliedern bestehende Nationale Wahlkommission (CEN) ihre Arbeit aufgenommen. Entsprechende Gremien in den Provinzen und Bezirken sollen sich zwischen 4. und 13. Januar konstituieren. Damit sind die technischen Vorbereitungen für das Referendum über ein neues Grundgesetz abgeschlossen, das das derzeitige aus dem Jahr 1976 ablösen wird. Die Veränderungen können in Kraft treten, wenn sich mehr als 50 Prozent der über acht Millionen Wahlberechtigten bei der geheimen und direkten Abstimmung dafür aussprechen. Der Volksentscheid findet am 24. Februar 2019 statt, dem Jahrestag des 1895 begonnenen zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Kolonialherrschaft.
Die kubanische Nationalversammlung hatte den der Bevölkerung jetzt vorgelegten neuen Entwurf nach einer mehrtägigen, teilweise kontroversen Diskussion am vergangenen Sonnabend einstimmig verabschiedet. Das Parlament musste über 700 Änderungsvorschläge der zuvor erfolgten Volksaussprache befinden, an der sich zwischen 13. August und 5. November rund 8,9 Millionen Bürger in mehr als 133.000 Versammlungen beteiligt hatten. Dabei waren etwa 60 Prozent des ursprünglichen Textes verändert worden, teilte Präsident Miguel Díaz-Canel zum Abschluss der einwöchigen Parlamentsdebatte mit.
Die Ergebnisse der Aussprache schlagen sich in der Anzahl von jetzt 229 Artikeln nieder. Das sind fünf mehr als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen waren. Und 92 mehr als in der derzeitigen Verfassung. Dieser Prozess sei eine »Demonstration der Machtausübung durch das Volk und des partizipativen und demokratischen Charakters unseres politischen Systems«, resümierte Díaz-Canel. Den »Verleumdern« der kubanischen Gesellschaft schlug er vor, »dass sie es einmal riskieren sollten, in ihren Ländern einen ähnlichen Prozess auszuführen, wie wir ihn entwickeln«.
Zu den meistdiskutierten Bereichen gehörte eine ursprünglich vorgesehene redaktionelle Änderung der Präambel und des Artikels 5, in der ein ausdrücklicher Bezug auf den Kommunismus fehlte. Wie das kubanische Fernsehen ende Dezember berichtete, hatte der Vorschlag zu öffentlicher Kritik geführt. Als Ergebnis der Diskussion heißt es in der Präambel jetzt wieder: »Nur im Sozialismus und Kommunismus kann der Mensch zu voller Würde gelangen.« Im Artikel 5 wird die kommunistische Gesellschaft weiterhin als Ziel definiert. Diese Formulierungen sorgten für ideologische Klarheit, hatte der Abgeordnete Yusuam Palacios im Parlament argumentiert. Zudem werde damit »eine Manipulation unserer Gegner« beendet, die von einem anderen System in Kuba träumten.
Noch größere Resonanz hatte der Vorstoß gefunden, die Ehe als »freiwillig geschlossenen Bund zwischen zwei Personen«, unabhängig von deren Geschlecht zu definieren. Vor allem katholische Geistliche, evangelikale und andere reaktionäre Gruppen hatten dagegen Kampagnen organisiert und verlangt, das »Ziel der Fortpflanzung« als Zweck einer Ehe festzuschreiben. Da es auch in der Bevölkerung Widerstand gab, schlug die Parlamentskommission eine neue Formulierung vor, in der es heißt: »Die Ehe ist eine soziale und rechtliche Institution. Sie ist eine der Organisationsformen der Familien. Sie gründet sich auf die freie Vereinigung und auf die Gleichheit der Rechte, Pflichten und rechtlichen Fähigkeiten der Partner. Das Gesetz bestimmt die Form in der sie begründet wird, und ihre Folgen.«
Während einige Medien daraus ein »Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe« machten, dementierte die Präsidentin des Instituts für Sexualerziehung, Mariela Castro, die Falschmeldung umgehend. Sie betonte, dass sich der Kern des ursprünglichen Entwurfs nicht geändert habe. Der wichtigste Unterschied sei der Ersatz des Begriffs »Personen« durch »Partner«, was alle Möglichkeiten offen lasse. Zudem bekomme erstmals die Partnerschaft ohne Trauschein Verfassungsrang, ohne dass es irgendeine geschlechtsspezifische Beschränkung gebe.
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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 29.12.2018