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Die Gesundheit der Reichen

Brasilien: Der faschistische Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro will kubanische Ärzte ausweisen.

Die italienische Journalistin Geraldina Colotti warnt vor dem »neuen Hitler in Lateinamerika«, und der brasilianische Theologe Leonardo Boff nennt Jair Bolsonaro einen »Nazi«. Aus gutem Grund. Der ehemalige Fallschirmjäger, der nach der Stichwahl am 28. Oktober neuer Präsident Brasiliens werden könnte, verherrlicht Adolf Hitler und die Militärdiktatur von 1964 bis 1985. Bolsonaro verteidigt den Mord an Oppositionellen, ist für Folter und hetzt gegen Schwarze und Homosexuelle. Die rechtskonservative Tageszeitung Nuevo Herald in Miami stört das nicht. Einen Tag nachdem er im ersten Wahlgang 46 Prozent der Stimmen erhalten hatte, frohlockte das Blatt am 8. Oktober: »Bolsonaro ist der größte Alptraum für Kuba.« Die ihm ideologisch nahestehenden Contras in Miami, Madrid und Havanna hoffen darauf, dass der Faschist die guten Beziehungen zwischen Brasilien und Kuba beenden wird.

Im August hatte Bolsonaro versprochen, bei einem endgültigen Wahlsieg die rund 8.500 derzeit im Land tätigen kubanischen Mediziner nach Hause zu schicken. Die überwiegend hellhäutige Zuhörerschaft bei einer Veranstaltung der Sozial-liberalen Partei (PSL) im wohlhabenden Bundesstaat Sao Paulo applaudierte frenetisch, als der Präsidentschaftskandidat ins Mikrophon schrie: »Wir werden die Kubaner aus Brasilien hinauswerfen!« Dasselbe Publikum hatte zuvor Attacken gegen Gewerkschaften und die Ankündigungen beklatscht, die Steuern für Reiche zu senken, aus der »kommunistischen UNO« auszutreten, die Rechte der indigenen Ureinwohner zu beschneiden und den Amazonaswald zur Ausbeutung freizugeben.

Während der von Bolsonaro angekündigte Rauswurf der Kubaner in Medien der Contras wie dem Nuevo Herald, dem Onlineportal Diario de Cuba in Madrid und der in Kuba von der Bloggerin Yoani Sánchez produzierten Onlinezeitung 14ymedio begrüßt wird, befürchten Experten den Zusammenbruch des brasilianischen Gesundheitssystems und einen Rückfall in frühere Zustände.

Die katastrophale Gesundheitsversorgung hatte 2012 zu heftigen sozialen Unruhen und Massenprotesten geführt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Mitte 2013 fehlten mehr als 50.000 Mediziner. Als Reaktion legte die Regierung Dilma Rousseff das Programm »Mais Médicos« auf, um 10.000 Ärzte aus dem Ausland anzuwerben. Kuba schickte zunächst 2.400 Ärzte.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die brasilianische Bevölkerung lobten die kubanische Hilfe, die konservativen Standes- und Interessenverbände der Mediziner aber protestierten von Anfang an. Der Bundesärzterat CFM (Conselho Federal de Medicina) bezeichnet sie als »unverantwortlich und respektlos«. Als Grund führten die Standesärzte unter anderem an, dass »weder die fachliche noch die sprachliche Qualifikation der Ausländer« ausreiche.

Bolsonaro behauptet jetzt auch noch, die kubanischen Ärzte würden »Sklavenarbeit« für die Diktatur leisten, weil sie nur einen Teil des von Brasilien bezahlten Geldes erhalten. Dieser Verzicht erfolgt allerdings freiwillig. Mit dem Rest werden unter anderem die Hilfseinsätze in Haiti, Afrika und anderen Regionen finanziert, die nichts dafür zahlen können.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 13.10.2018