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Brigade Henry Reeve
Der Film »Por la Vida« zeigt kubanische Mediziner im Kampf gegen das Ebolavirus in Westafrika.
Der erneute Ausbruch des Ebolavirus in der Demokratischen Republik Kongo ließ im August Erinnerungen an die Epidemie vor vier Jahren wach werden. Anfang 2014 hatten sich in Westafrika mehr als 22.000 Menschen mit dem tödlichen Virus infiziert. Während die westliche Staatengemeinschaft noch ratlos diskutierte, was zu tun sei, hatte Havanna bereits 165 freiwillige Helfer nach Sierra Leone, Liberia und Guinea geschickt. Insgesamt waren mehr als 250 Spezialisten der Karibikinsel im Einsatz.
Die kubanische Fernsehjournalistin Niurka Dámarys Rodríguez hat die Ausbildung der Mediziner in Kuba, ihre Vorbereitung und den Einsatz in Afrika im Film »Por la vida« (Für das Leben) dokumentiert, der bis Ende September in elf deutschen Städten und in Basel gezeigt wird. Zum Auftakt der Tour sind die Besucher des UZ-Pressefestes in Dortmund am Sonntag eingeladen.
Der Film zeigt – in oft sehr bewegenden Bildern – die Folgen der Krankheit für die betroffene Bevölkerung in Westafrika. Kubanische Mediziner und deren Familienangehörige berichten in Interviews über ihre Ängste und schildern ihre Gründe, sich dennoch freiwillig als Mitglieder der »Brigade Henry Reeve« für den gefährlichen Einsatz gemeldet zu haben. Niurka Dámarys zeigt, wie tief das Selbstverständnis der kubanischen Mediziner durch das humanistische Vorbild Fidel Castros und die Utopie Che Guevaras vom »Neuen Menschen« geprägt ist.
Die nach dem jungen US-Soldaten Henry Reeve, der im US-Bürgerkrieg gegen die Sklavereibefürworter der Südstaaten gekämpft hatte und später nach Kuba ging, um sich den Kolonialisten und dortigen Sklavenhaltern entgegenzustellen, benannte Medizinerbrigade geht auf eine Initiative Fidel Castros zurück. Als der Hurrikan »Katrina« im August 2005 in den USA mehr als 1.800 Menschenleben forderte, hatte er die Gründung einer Organisation angekündigt, die – wie er sagte – »ohne Beispiel in der Welt« sei. Wenig später stellte Castro das »Internationale Ärztekontingent Henry Reeve«, das auf Soforthilfe bei Katastrophen und Epidemien spezialisiert ist, als neue Einrichtung zur Verstärkung der kubanischen Hilfseinsätze vor. »Wir werden beweisen, dass es Antworten auf viele Tragödien des Planeten gibt«, erklärte er. Laut der Parteizeitung Granma waren in diesem Kontingent bis Anfang 2017 rund 7.300 medizinische Fachkräfte in 19 Ländern tätig, die 3,5 Millionen Menschen betreut und 80.000 Patienten das Leben gerettet haben. Der Film »Por la vida« dokumentiert mit dem Einsatz gegen Ebola in Afrika den vermutlich bekanntesten Teil dieses Projektes.
Selbst die New York Times forderte im Oktober 2014 in einem Leitartikel: »Die Arbeit der kubanischen Mediziner nützt den weltweiten Anstrengungen und sollte deswegen anerkannt werden.« Die britische Tageszeitung The Guardian bezeichnete Kuba als »Weltführer im Kampf gegen das Ebolavirus« und forderte die USA zur Beendigung der Blockade auf. »Die USA und Großbritannien haben Tausende Soldaten geschickt« und hätten – wie andere Länder – Hilfe versprochen, die nie eingetroffen sei, schrieb Guardian-Mitherausgeber Seumas Milne am 3. Dezember 2014. Dagegen hätten Havannas Ärzte – von Ebola- bis Erdbebenopfern – Millionen Menschenleben gerettet. Diese Solidarität aber werde von den westlichen Medien kaum wahrgenommen. Der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon würdigte den Einsatz Ende 2014 mit den Worten: »Sie sind immer die ersten, die ankommen, und die letzten, die abziehen. Kuba hat der ganzen Welt eine Menge zu zeigen«.
Mittlerweile droht der Einsatz Kubas wieder totgeschwiegen zu werden. Die von mehreren Solidaritätsorganisationen vorbereitete »Filmrundreise« leistet wichtige Aufklärungsarbeit.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
Junge Welt, 08.09.2018