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Forum der Linken
In Havanna kommen Vertreter von mehr als 100 progressiven Organisationen Lateinamerikas zusammen.
In Havanna beginnt am Sonntag die 24. Jahrestagung des »Forums von Sao Paulo«. Zu der dreitägigen Konferenz werden in der kubanischen Hauptstadt Vertreter von mehr als 100 progressiven Parteien und Organisationen aus den Ländern Lateinamerikas und der Karibik, darunter einige Staats- und Regierungschefs, erwartet. Auch zahlreiche Gäste aus Europa, Asien, Afrika und den USA haben ihre Teilnahme zugesagt.
Das 1990 auf Initiative des damaligen kubanischen Präsidenten Fidel Castro Ruz und des brasilianischen Gewerkschaftsführers und späteren Staatschefs Luiz Inácio Lula da Silva gegründete Forum gilt als bedeutendste Plattform der lateinamerikanischen Linken. Ursprünglich als Reaktion auf den Zusammenbruch der Sowjetunion und der darauf folgenden neoliberalen Offensive in der Region entstanden, liefert es mittlerweile Impulse auch außerhalb des amerikanischen Kontinents.
In Lateinamerika befänden sich die Länder heute wieder in einer vergleichbaren Situation wie zum Zeitpunkt der Forumsgründung, beschreibt die Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas, Granma, die Situation auf dem Kontinent. Ökonomie und die Massenmedien würden in den meisten Ländern noch immer von multinationalen Konzernen oder einheimischen Eliten kontrolliert. Progressive Regierungen seien gestürzt oder abgewählt worden. Die USA setzten ihre Interessen wieder mit der Androhung militärischer Interventionen durch. Die klassische Form der Konterrevolution durch einen Militärputsch wie in Honduras im Jahr 2009 werde inzwischen durch die Methode des parlamentarischen Staatsstreiches ergänzt, so 2012 in Paraguay und 2016 in Brasilien. Außerdem werde seit einiger Zeit verstärkt die Justiz dazu missbraucht, fortschrittliche Politiker kalt zustellen. Jüngste Beispiele seien die Inhaftierung Lulas in Brasilien oder das Verfahren gegen Ecuadors Expräsidenten Rafael Correa.
Zentrale Themen bei der diesjährigen Sitzung des Forums sind die gewalttätigen Contra-Aktionen in Venezuela und Nicaragua sowie die Bedrohung des Friedens in der Region durch US-Stützpunkte und die neue Rolle der NATO auf dem Kontinent, nachdem Kolumbien als »globaler Partner« in die Militärallianz aufgenommen wurde. Die Wahl von Andrés Manuel López Obrador in Mexiko, dessen Partei Morena am Forum teilnimmt, zeige jedoch, so die Granma, dass diese Entwicklung aufzuhalten ist. Die Streiks und Demonstrationen in Argentinien, Brasilien und Chile könnten andeuten, dass die neoliberale Gegenoffensive in Lateinamerika ihren Zenit bereits überschritten hat.
Nach der Eröffnungsveranstaltung am Sonntag sind zahlreiche Workshops geplant. Ein Thema ist die Migration. Arbeitslosigkeit, Armut, Gewalt, soziale Ungleichheit und fehlende Bildungschancen zwingen immer mehr Menschen dazu, ihre Länder in Richtung Norden zu verlassen. In den USA werden lateinamerikanische Einwanderer dann aber durch die rassistische Politik Donald Trumps erneut zu Opfern der neoliberalen Politik.
Das Treffen in Havanna will an die Ergebnisse des 23. Forums anknüpfen, das im Juli letzten Jahres in Managua stattfand. Dort hatten die Teilnehmer mit einem »Konsens Unseres Amerikas« genannten Grundsatzpapier das erste gemeinsame politische Programm in der Geschichte des Zusammenschlusses verabschiedet. Bis zur Veröffentlichung der diesjährigen Abschlusserklärung am Dienstag sollen nun gemeinsame Aktionspläne festgelegt werden. Ziel, so Forumssprecherin Monica Valente von der brasilianischen Arbeiterpartei PT, sei es, den Neoliberalismus auf dem Kontinent zu besiegen. Wenn dies nicht gelänge, so Valente unter Berufung auf eine frühere Analyse Fidel Castros, »verschwinden wir als Nationen und als unabhängige Staaten und werden wieder Kolonien sein, wie es die Länder des globalen Südens in der Vergangenheit immer waren«.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 14.07.2018