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Twitter schaltet ab
Nach Flugzeugabsturz blieb Account des Portals Cubadebate zwei Tage offline
Twitter-Nutzer in Kuba sind empört, weil das US-Unternehmen nach dem schweren Flugzeugunglück vom Freitag den Account des meistgelesenen Onlineportals Cubadebate fast zwei Tage lang gesperrt hatte. Unmittelbar nach dem Absturz, der sich um 12.08 Uhr ereignete, hatte die Redaktion einen Sonderservice eingerichtet, um aktuell und in Echtzeit über die Rettungsarbeiten, Opfer und Überlebende zu informieren. Nur wenig später erhielten Zigtausende Interessierte in aller Welt von Twitter die Mitteilung, das Konto sei »wegen ungewöhnlicher Aktivitäten vorübergehend gesperrt«. Ohne weitere Erklärungen wurde die angeblich »vorübergehende« Informationsblockade dann allerdings bis zum Sonntagmorgen aufrechterhalten.
Es sei zwar möglich, dass die Sperrung aufgrund des hohen Meldungsaufkommens automatisch ausgelöst worden sei, »aber wir können deren ungewöhnlich lange Dauer nicht akzeptieren«, kommentierte die Chefredaktion am Sonntag. Cubadebate betreibe immerhin seit zehn Jahren einen der Twitter-Accounts mit den meisten Followern und höchsten Zugriffszahlen in Kuba. Nach den eigenen – Anfang des Jahres zur Verhinderung von Spam-, Fake- und Propaganda-Accounts verschärften – Regeln, sollen Twitter-Kanäle etwa bei Erdbeben, Tsunamialarmen, Naturkatastrophen und Unglücken von der automatisierten Roboter-Überprüfung und etwaigen Sperrungen ausgenommen werden. Diese Regeln verletzte das Unternehmen gegenüber Kuba nicht zum ersten Mal. Im Oktober 2010 hatte Twitter bereits für Schlagzeilen gesorgt, indem es von kubanischen Mobiltelefonen verschickte Nachrichten blockierte. Die vom US-Dienst NED finanzierte kubanische Bloggerin Yoani Sánchez beschuldigte sofort ie Regierung in Havanna der Manipulation und Zensur. Internationale Nachrichtenagenturen verbreiteten den Vorwurf des Angriffs auf die Meinungsfreiheit weltweit. Nachdem Twitter einige Tage später zugeben musste, dass nicht Kuba, sondern das Unternehmen die Blockade der Meldungen veranlasst hatte, fielen die Richtigstellungen in den internationalen Medien dann jedoch eher spärlich aus.
Auch am Freitag vergangener Woche meldete sich Frau Sánchez, deren Twitter-Account trotz ebenfalls gestiegener Meldungszahlen nicht eine Sekunde eingeschränkt war, erneut mit vorschnellen Vorwürfen zu Wort. Sie hielt den »offiziellen« kubanischen Medien »fehlende Seriosität« und »fehlerhafte Darstellung von Informationen« vor, ohne ihre Anschuldigungen zu konkretisieren. Nachdem der Account von Cubadebate blockiert war, kritisierte Sánchez nicht etwa das US-Unternehmen, sondern verbreitete per Twitter: »Die Geheimniskrämerei erschwert traditionell die Untersuchungen von Unfällen, wie den der Fluggesellschaft«. Den Vorwurf der »Geheimniskrämerei«, brüstete sich die Systemgegnerin ungeniert, werde sie auch am Sonnabend in ihrem wöchentlichen Programm verbreiten, das der vom Steuer- und Beitragszahler finanzierte bundesdeutsche Staatssender »Deutsche Welle« seit Anfang vergangenen Jahres in den spanischsprachigen Raum ausstrahlt.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 24.05.2018