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Revolution reloaded
Generationswechsel in Havanna: Miguel Díaz Canel ist neuer Präsident Kubas. Viele Frauen in der Staatsführung.
Kubas neues Spitzenteam: Staatspräsident Miguel Díaz Canel und Parteichef Raúl Castro am Donnerstag in Havanna
Foto: Irene Pérez/ Cubadebate
Der neue Präsident Kubas heißt Miguel Mario Díaz Canel Bermúdez. 603 der 604 Abgeordneten der Nationalversammlung gaben ihm die Stimme, wie am Donnerstag in Havanna bekanntgegeben wurde. Damit hat das kubanische Parlament den Generationswechsel an der Staatsspitze vollzogen: Díaz Canel feiert am heutigen Freitag seinen 58. Geburtstag.
»Miguelito«, wie er früher oft genannt wurde, kam am 20. April 1960 in Placetas in der Provinz Villa Clara zur Welt. 1982 machte er seinen Abschluss als Elektroingenieur und arbeitete einige Jahre, bis 1989, im sandinistischen Nicaragua. Zurück zu Hause, rückte er in den nationalen Vorstand des Kommunistischen Jugendverbandes auf und übernahm 1994 die Führung des Provinzkomitees der KP Kubas (PCC) in Villa Clara. 2003 wechselte er an die Parteispitze der Provinz Holguín und rückte in das Politbüro der PCC auf.
Im Mai 2009 wurde Díaz Canel Hochschulminister und wechselte drei Jahre später in das Amt eines von fünf Vizepräsidenten des Staatsrates. Am 24. Februar 2013 wurde er dann zum Ersten Vizepräsidenten gewählt. Der bisherige Präsident Raúl Castro ließ sich schon in den vergangenen Jahren vor allem bei Auslandsreisen zunehmend von Díaz Canel vertreten, unter anderem bei Besuchen in China, Vietnam und Laos. Entsprechend kam der erste Glückwunsch aus dem Ausland: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro wartete gar nicht erst die Wahl ab, sondern gratulierte Díaz Canel schon nach dessen Nominierung. Er werde bald nach Kuba reisen, um dem neuen Präsidenten die Hand zu drücken und Raúl Castro zu danken. Dieser bleibt Erster Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas (PCC).
Die Rolle des stellvertretenden Staatschefs übernimmt Salvador Valdés Mesa. Der 72jährige Agraringenieur, der sich vor allem als Chef des kubanischen Gewerkschaftsbundes CTC einen Namen gemacht hatte, bekam die Stimmen aller 604 Abgeordneten.
So bleiben die beiden höchsten Staatsämter zwar in Männerhand, dahinter aber hat die Präsenz der kubanischen Frauen merklich zugenommen: Kuba hat künftig drei Vizepräsidentinnen – neben zwei Männern in dieser Funktion. Und die Hälfte der weiteren Mitglieder des Staatsrates ist ebenfalls weiblich. Alles andere wäre auch überraschend gewesen, denn 53,2 Prozent der im März gewählten neuen Abgeordneten sind Frauen. Damit hat Kuba einer UN-Statistik zufolge den zweithöchsten Frauenanteil in einem Parlament weltweit – nach Ruanda (61,3 Prozent) und vor Bolivien (53,1 Prozent).
»Die seit 1959 fortdauernde Kubanische Revolution stellt mit der Übergabe der Präsidentschaft wieder einmal ihre Fähigkeit unter Beweis, sich selbst zu aktualisieren«, kommentiert die Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Petra Wegener. Dabei werde die Grundausrichtung nicht aufgegeben, »ein alternatives Gesellschaftsmodell weiterzuentwickeln, dessen Entwicklung in Kuba selbst bestimmt wird«. Auch die Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel (Linke) hebt hervor, dass »der kubanische Sozialismus den Menschen mehr gebracht hat als die postkoloniale kapitalistische Ordnung in weiten Teilen des Kontinents«. Sie erinnert daran, dass die Insel nach wie vor unter der Blockade durch die USA leide, die zudem rechtswidrig auch auf die Bundesrepublik ausgedehnt werde, »wo Banken Überweisungen blockieren oder Finanzdienstleister den Vertrieb kubanischer Waren verhindern, ohne dass die Bundesregierung den Betroffenen hilft«.
Veröffentlichung |
André Scheer
junge Welt, 20.04.2018