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Die Bank und die Blockade
Die Verlag 8. Mai GmbH unterstützt den kubanischen Sozialismus, die Postbank nicht. Eine Überweisung zur Insel stoppt das Geldinstitut – und verstößt damit gegen EU-Recht.
Granma Internacional: Eine Stimme gegen den US-Imperialismus
Foto: Gabriele Senft
Deutsche Kreditinstitute schließen sich freiwillig der US-Blockade gegen Kuba an – auch wenn sie damit gegen in der EU geltendes Recht verstoßen. Ein Beispiel dafür durfte nun der Verlag 8. Mai GmbH erleben, in dem auch die junge Welt erscheint. Der Verlag unterstützt die sozialistische Insel, indem er die Granma Internacional in Deutschland herausgibt – und Beträge nach Havanna überweist. Doch kurz vor Ostern funkt die Postbank dazwischen. Am 28. März verweigert sie »aus geschäftspolitischen Gründen« eine Überweisung nach Havanna in Höhe von 9.675,21 Euro.
Wenig später meldet sich jW beim Geldinstitut und will genaueres wissen. »Wir dürfen keine Überweisungen nach Kuba bearbeiten«, erklärt eine Mitarbeiterin des »Servicecenters e-Banking Ausland« am Telefon. Viel mehr ist aus der Angestellten nicht herauszubekommen. »Das wird uns so vorgegeben«, erklärt sie auf Nachfrage. Dann beendet sie das Gespräch. Auch der für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständige Abteilungsleiter Alexander Anders gibt keine weiteren Auskünfte. Er wolle sich zunächst um eine offizielle Erklärung bemühen, erklärt er. Denn: Die Blockade der Postbank verstößt gegen eine EU-Verordnung. Am Freitag konnte er bis zum jW-Redaktionsschluss keine Stellungnahme vorlegen.
Die Postbank ist ein Wiederholungstäter. Im Januar 2014 blockierte sie eine Überweisung zugunsten der britischen »Cuba Solidarity Campaign«, im Herbst letzten Jahres wurde eine Solidaritätsspende vom »Netzwerk Cuba« an die Opfer des Hurrikans »Irma« nicht transferiert. Das Geldinstitut setzte sich wiederholt über die bereits am 22. November 1996 erlassene Verordnung Nr. 2271/96 des Europäischen Rates hinweg. In ihr wird festgestellt, dass die Regelungen der US-Blockade gegen Kuba »völkerrechtswidrig« und in der EU »illegal« sind.
»Diese Verordnung ist für jedes EU-Mitgliedsland verbindlich«, erläutert der emeritierte Professor für Völkerrecht an der Universität Hamburg, Dr. Norman Paech. Unter anderem sei es in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen verboten, »Forderungen von US-Stellen nachzukommen, die auf den illegalen Blockadegesetzen beruhen«. Für den Fall der Zuwiderhandlung sind EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, Sanktionen zu verhängen, die »wirksam, verhältnismäßig und abschreckend« sein müßen, erklärt der Völkerrechtler.
Das kann Wirkung haben, wie der Fall der österreichischen Bank Bawag zeigt. 2007 kündigte sie unter Berufung auf US-Gesetze die Konten kubanischer Kunden. Nachdem die damalige Außenministerin Ursula Plassnik ein Verfahren gegen die Bawag eingeleitet hatte, nahm deren Vorstand die Entscheidung zurück.
Die deutsche Ausgabe von Granma Internacional ist ein kubanisches Produkt. Seit Januar 2017 organisiert der Verlag 8. Mai Herstellung und Vertrieb im deutschsprachigen Raum. Die Zeitung sei »ein interessantes Medium für alle, die an authentischen Originalinformation aus Kuba interessiert sind«, meint Verlagsgeschäftsführer Dietmar Koschmieder. Der Verlag 8. Mai verstehe sein Engagement auch »als konkreten solidarischen Beitrag zur Unterstützung der kubanischen Revolution«. Etwaige Überschüsse sollen laut Kooperationsabkommen überwiesen werden.
Das scheiterte jetzt jedoch zunächst an der Postbank, die sich damit auch zum Komplizen der Angriffe Washingtons auf die öffentlichen Medien Kubas macht. Während die – nach Abzug von Druck- und Versandkosten – vergleichsweise geringen Überschüsse aus den deutschen Abonnementszahlungen ganz im Sinne der USA blockiert werden, erhalten Gegner der sozialistischen Gesellschaftsordnung einen wahren Geldsegen von den Vereinigten Staaten. Am 23. März bewilligte US-Präsident Donald Trump für das Haushaltsjahr 2018/2019 ein Budget von 20 Millionen US-Dollar (16,2 Millionen Euro) für Maßnahmen zur »Förderung der Demokratie in Kuba«. Mit dem Geld werden unter anderem subversive Medienprojekte auf der Insel finanziert, die damit über größere Geldmittel verfügen als alle öffentlichen und staatlichen Medien zusammen.
Anders als beim Bawag-Fall in Österreich haben Unternehmen und Geldinstitute, die das US-Gesetz zur Kuba-Blockade über europäisches Recht stellen, in Deutschland allerdings kaum »wirksame« oder »abschreckende« Sanktionen zu befürchten. Zwar gab die Bundesregierung in Beantwortung einer kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke im Februar 2015 zu, dass die US-Blockade »durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht verletzt«, bewertete Verstöße gegen die EU-Verordnung zugleich jedoch – wie falsches Parken – lediglich als »Ordnungswidrigkeit«.
Norman Paech hat für diese Haltung der Bundesregierung kein Verständnis. »Es gibt verschiedene Formen der Unterwerfung. Wer jedoch eigenes Recht der EU missachtet, um völkerrechtswidrigen Sanktionen der USA den Weg zu ebnen, macht sich selbst zum Vasallen und verliert jeden politischen Respekt«, kommentiert der Völkerrechtler.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 07.04.2018