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Erneuerungsprozess fortgesetzt

Kuba: Viele Frauen und neue Abgeordnete in künftiger Nationalversammlung.

Das vorläufige Endergebnis der Parlamentswahlen in Kuba sorgte international für Überraschung. Wie die Präsidentin der Nationalen Wahlkommission (CNE) Anfang der Woche mitteilte, hatten sich am Sonntag rund 7,4 Millionen Menschen an den Abstimmungen beteiligt. Das entspricht 82,9 Prozent der Berechtigten. 5,6 Prozent der Wähler gaben leere Stimmzettel ab oder machten sie ungültig. Die Beteiligung war gegenüber dem letzten Votum im Februar 2013 weiter rückläufig. Mit 89,7 Prozent hatten bereits damals etwas weniger Kubaner als zuvor ihre Stimme abgegeben. Wie üblich erfolgten alle Auszählungen öffentlich.

Gewählt wurden 605 Abgeordnete des nationalen Parlaments und 1.265 Vertreter in den Provinzparlamenten. Landesweit hatten sich rund 18.000 Kandidaten um Mandate beworben. Mehr als die Hälfte der Bewerber für die Nationalversammlung hatte sich zum ersten Mal zur Abstimmung gestellt. Eine Reihe von Parlamentariern, die noch in der Rebellenarmee unter Revolutionsführer Fidel Castro gekämpft hatten, traten nicht mehr für eine weitere Amtszeit an. Wählbar ist in Kuba auf Provinzebene, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Kandidaten für das nationale Parlament müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Wählen dürfen alle Kubaner ab 16 Jahren. In diesem Jahr konnten mehr als 38.400 Jugendliche erstmals teilnehmen. Eine Wahlpflicht existiert nicht. Viele Bewerber gehören dem Partido Comunista de Cuba (PCC) an, dies ist allerdings keine Voraussetzung für eine Kandidatur. Entgegen der von westlichen Medien verbreiteten Behauptung darf sich die Kommunistische Partei gemäß Wahlgesetz nicht an der Aufstellung beteiligen.

Während die für kubanische Verhältnisse niedrige Wahlbeteiligung international ausgiebig kommentiert wurde, fanden andere Ergebnisse kaum Beachtung. So wurde nicht erwähnt, dass von den 605 Abgeordneten der Nationalversammlung 322 weiblich sind. Bezogen auf den Frauenanteil im Parlament steht Kuba mit 53,2 Prozent weltweit (nach Ruanda) an zweiter Stelle. Auch der von der CNE am Montag mitgeteilte Anteil von über 40 Prozent afrokubanischer Abgeordneter im künftigen Parlament war für viele westliche Medien kein Thema. Wie so oft, dominierten Unkenntnis und Propaganda die Berichterstattung. Dabei verstrickten sich einige Medien in Widersprüche. Das vom US-Dienst »National Endowment for Democracy« (NED) finanzierte, von Madrid aus betriebene Onlineportal Diario de Cuba feierte die Enthaltungen und ungültigen Stimmen einerseits als einen »Erfolg der Demokratie« und als »Niederlage« des kubanischen Systems, behauptete andererseits aber, dass Bürger von Mitgliedern der Massenorganisationen in ihren Häusern aufgesucht und zum Gang an die Urnen gezwungen worden seien.

Wie der scheidende Präsident Raúl Castro kürzlich vor Journalisten andeutete, will das neue Parlament seine Sitzungen bereits in diesem Jahr im Kapitol (Capitolio) von Havanna abhalten. Das 1929 eingeweihte Gebäude soll nach einer aufwendigen Renovierung künftig wieder Sitz der kubanischen Legislative sein. Am 19. April wird die neugewählte Volksversammlung auf ihrer ersten Sitzung unter anderem über Castros Nachfolger abstimmen. Als aussichtsreichster Kandidat gilt dessen derzeitiger erster Stellvertreter und ehemalige Bildungsminister Miguel Díaz-Canel.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 14.03.2018