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Weichenstellung in Havanna

Kubas Bürger wählen am Sonntag neues Parlament. Generationenwechsel an Staatsspitze.

Mit der Wahl von 612 Abgeordneten für die Nationalversammlung, dem Landesparlament, und der Vertreter für die 15 Provinzparlamente wird am Sonntag auf den beiden wichtigsten politischen Entscheidungsebenen Kubas ein Generationenwechsel vollzogen. Am 19. April, dem 57. Jahrestag des Sieges über die CIA-Invasoren in der Schweinebucht, soll der 31köpfige Staatsrat symbolträchtig den neuen Präsidenten Kubas wählen. An diesem Tag endet die zweite und letzte Amtszeit Raúl Castros an der Spitze von Staat und Regierung. Er wird allerdings weiterhin den Vorsitz der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) innehaben und damit auf der politischen Bühne eine Rolle spielen.

Landesweit stellen sich insgesamt 18.000 Kandidaten zur Wahl. Wählbar ist auf Provinzebene, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Kandidaten für das nationale Parlament müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Wählen dürfen alle Kubaner ab 16 Jahren. Wie die Vorsitzende der Nationalen Wahlkommission (CNE), Alina Balseiro Gutiérrez, am Montag auf einer Pressekonferenz mitteilte, können mehr als 38.400 Jugendliche erstmals wählen. Am Sonntag erhält jeder zwei Stimmzettel, einen grünen zur Wahl der Abgeordneten der Nationalversammlung und einen weißen für die Delegierten des jeweiligen Provinzparlaments. Eine Wahlpflicht existiert nicht, alle Auszählungen erfolgen öffentlich.

Seit Anfang des Jahres haben sich die in 168 kommunalen Versammlungen bestätigten Kandidaten in ihren jeweiligen Wahlbezirken vorgestellt. Entgegen der von westlichen Medien immer wieder aufgestellten Behauptung darf sich die PCC gemäß Wahlgesetz nicht an der Aufstellung beteiligen. Auch andere Parteien spielen keine Rolle. Von Werbeagenturen entworfene teure Medienkampagnen gibt es ebenfalls nicht. Obwohl die meist von ausländischen Regierungen oder NGOs finanzierte Opposition die Wahlen als »abgekartetes Spiel« bezeichnet, bewerben sich auf den verschiedenen Ebenen auch rund 170 »Dissidenten«, mehr als je zuvor. Anders als in westlichen Ländern sind die Abgeordneten in Kuba ihren Wählern gegenüber allerdings rechenschaftspflichtig und können auch wieder abgewählt werden, wenn sie ihre Zusagen nicht einhalten. Wie in Kuba üblich werden die Wahlurnen am Sonntag von Jungen Pionieren symbolisch bewacht werden.

Wie der scheidende Präsident Raúl Castro kürzlich vor Journalisten andeutete, könnte das neugewählte Parlament seine Sitzungen bereits in diesem Jahr wieder im Kapitol von Havanna abhalten. Das in Kuba »Capitolio« genannte Gebäude soll nach einer aufwendigen Renovierung künftig wieder Sitz der kubanischen Legislative sein. Mit Spannung wird nicht nur in Kuba erwartet, wer als Nachfolger von Raúl Castro zum Präsidenten der Republik gewählt wird. Als aussichtsreichster Kandidat wird dessen derzeitiger erster Stellvertreter und ehemalige Bildungsminister, Miguel Díaz-Canel, gehandelt. Der 57jährige Elektronikingenieur und frühere Oberstleutnant der Revolutionären Streitkräfte gilt als erfahrener Politmanager.

Im Jahr 2003 war Díaz-Canel auf Vorschlag Raúl Castros mit 43 Jahren als bis dahin jüngster Politiker in das Politbüro der PCC gewählt worden. Von Mai 2009 bis März 2012 war er Minister für Hochschulbildung. Im Februar 2013 wurde er als Nachfolger des Comandante José Ramón Machado Ventura zum Ersten Vizepräsidenten des Staatsrats gewählt und ist seitdem in Kuba die »Nummer zwei« nach Raúl Castro. Eine Woche vor der Wahl hob Díaz-Canel am Sonntag auf einer Veranstaltung in Santa Clara die »historische Bedeutung dieser Wahlen« hervor, »die inmitten einer schwierigen internationalen Lage stattfinden, die durch die Verschärfung der Blockade gegen Kuba und die Versuche der USA gekennzeichnet ist, die Revolution zu zerstören«.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 09.03.2018