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Stimme der Befreiung
Vor 60 Jahren erstmals auf Sendung: Mit Radio Rebelde schufen sich die Revolutionäre um Fidel Castro in Kuba eine mächtige Waffe.
Schon Ende der 1950er Jahren ein Medienstar: Comandante Ernesto Guevara spricht zu den Hörern des Senders der Aufständischen in der Sierra Maestra
Foto: Radio Rebelde
Vor 60 Jahren startete in Kuba der von Ernesto »Che« Guevara und Fidel Castro gegründete Rebellensender Radio Rebelde seine erste Übertragung. Mit dem Aufbau der eigenen Radiostation wollten die Revolutionsführer der Propagandamaschinerie des Diktators Fulgencio Batista mit eigenen Informationen begegnen. Da die Regierung Falschmeldungen in die Welt setzte, die von den meist privaten Medien ungeprüft verbreitet wurden, maßen Castro und Guevara den eigenen Medienprojekten der Rebellen eine große Bedeutung bei. Neben der auf einem einfachen Vervielfältigungsapparat hergestellten Zeitung El Cubano Libre wurde Radio Rebelde zu einem der wichtigsten strategischen Elemente für den Erfolg der kubanischen Revolution.
Am 24. Februar 1958 hörten einige Bauern in den Bergen Ostkubas zum ersten Mal die Stimme des Comandante Luis Orlando Rodríguez: »Hier ist Radio Rebelde! Hier ist Radio Rebelde! Wir senden aus der Sierra Maestra, dem befreiten Gebiet Kubas«, begann der Journalist seine Sendung. Rodríguez, Chefredakteur von El Cubano Libre, war von seinen Genossen mit der Leitung des neuen Senders beauftragt worden. Als Termin für die erste Übertragung wurde der Jahrestag gewählt, an dem 63 Jahre zuvor der zweite Unabhängigkeitskrieg gegen die Spanier begonnen hatte. Am 24. Februar 1895 hatten die »Mambises«, wie sich die Aufständischen nannten, mit landesweiten Erhebungen das Startsignal für den zweiten Unabhängigkeitskrieg gegeben. Das damalige Kampflied, die den Generälen der Revolutionstruppen Antonio Maceo und Máximo Gómez gewidmete »Himno Invasor« wurde auch die Erkennungsmelodie des »Rebellenradios«. In der ersten, nur 20 Minuten dauernden Sendung verlasen die Guerilleros die Namen der in den letzten Gefechten von Batistas Truppen getöteten Kameraden. Sie informierten über einige ihrer geplanten Aktionen und luden zu einer Versammlung des medizinischen Leiters der Rebellenarmee zum Thema »Gesundheit in der Sierra Maestra« ein. Revolutionsführer Fidel Castro wandte sich erstmals am 14. April 1958 über den neuen Sender an die Bevölkerung. Er informierte über die Hintergründe eines gescheiterten Streikaufrufs und widerlegte Falschmeldungen der Medien darüber.
Castro und Guevara sahen in dem Radiosender zwar in erster Linie ein Instrument zur Information, Orientierung und Mobilisierung der Massen, wollten dessen Inhalte jedoch nicht nur auf diese Aspekte beschränken. Fidel schlug vor, das Programm um Kommentare sowie Beiträge aus den Bereichen Sport und Kultur zu erweitern. Vom Beginn der Übertragungen an gab es eine Musiksendung des »Quinteto Rebelde«, einer Gruppe junger Musiker, die bei den Bergbauern bekannt waren. Auch ein Dialog zwischen Guevara und dem Comandante Camillo Cienfuegos (Anführer einer Kolonne und neben den Brüdern Castro und Ernesto Guevara populärster Rebellenführer) mit dem Sendungstitel »Camillo, hier ist der Che« (Camillo, aquí está el Che) war in der Bevölkerung beliebt. Die Interviews und Beiträge der Comandantes und weiterer Stimmen der Revolution wurden ergänzt durch Informationen über gefangengenommene Mitkämpfer oder kleine Botschaften von Rebellen an ihre Angehörigen, wie etwa »Mama, hier ist Pepito. Mach die keine Sorgen, es geht mir gut«. Regelmäßig informierte der Sender über Truppenbewegungen der Batista-Armee, so dass die Bauern der Region sich rechtzeitig vor deren Angriffen in Sicherheit bringen konnten. Für die Rebellen, die verschlüsselte Botschaften miteinander austauschten, wurde »Radio Rebelde« zu einem schnellen und wichtigen Kommunikationsinstrument.
Innerhalb weniger Monate war der Rebellensender auch zu einer Informationsquelle für Aktivisten und politisch Interessierte in ganz Lateinamerika geworden. Verschiedene ausländische Stationen, darunter Radio Continente und Radio Rumbo in Venezuela, Radio Caracol in Kolumbien, Radio El Mundo in Argentinien, Radio América in Honduras und WKVM in Puerto Rico, übernahmen die Programme. In Kuba hatten alle Guerillaeinheiten auf Anweisung Fidel Castros nach und nach eigene Einrichtungen installiert. Gegen Ende der Kampfhandlung im Dezember 1958 verfügte Radio Rebelde landeweit über 32 Sendestationen und war der Radiosender Kubas mit der höchsten Einschaltquote geworden. Wie wichtig das Medium war, zeigte sich, als bei den Kämpfen um die Stadt Santa Clara das Gerücht kursierte, der Anführer der dortigen Kolonne sei gefallen. Radio Rebelde ging sofort auf Sendung. »Ernesto Che Guevara lebt, kämpft an vorderster Front und ist im Begriff, die Stadt Santa Clara einzunehmen«, tönte es wahrheitsgemäß aus den Lautsprechern. »Als wir am 1. Januar 1959 erfuhren, dass Batista geflüchtet und es in der Hauptstadt zu einem Staatsstreich gekommen war, wandten wir uns schnell zur Sendestation von Radio Rebelde in Palma Soriano und instruierten unsere Truppen«, erinnerte sich Fidel Castro. Über das Radio gab er Anweisung an alle Kolonnen, weiter vorzurücken und zu kämpfen. »Ihr dürft keine Minute haltmachen und keinen Waffenstillstand akzeptieren«, befahl Fidel.
Heute ist der Rebellensender eine der beliebtesten Radiostationen in Kuba und auf dem amerikanischen Kontinent. Zum 60. Jahrestag der ersten Sendung dankte Präsident Raúl Castro den Beschäftigten. Er sei sich bewusst, »dass dieses Jubiläum das Engagement und die Motivation bestätigt, mit der Sie die Revolution, sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Grenzen, weiterhin mit Professionalität, Talent, und der unfehlbaren Waffe der Wahrheit verteidigen«, schrieb der Staatschef am vergangenen Sonnabend.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 01.03.2018