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Hatz auf Freiheitskämpfer
US-Senatoren: Washington soll Kuba zur Auslieferung politischer Aktivisten zwingen.
Assata Shakur lebt seit Jahrzehnten auf Kuba
Foto: jw archiv
Nach den Attacken von US-Präsident Donald Trump gegen Kuba wittern die rechten Flügel beider Parteien im Kongress Morgenluft. Am vergangenen Dienstag präsentierten der republikanische Senator Marco Rubio aus Florida und sein demokratischer Kollege Robert Menendez aus New Jersey eine Resolution, in der die Auslieferung politischer Flüchtlinge an die USA als »grundlegende Voraussetzung für jede künftige Verhandlung mit dem Castro-Regime« bezeichnet wird. Der Text ist identisch mit einer Entschließung, die bereits im Dezember von neun Abgeordneten beider Parteien im Repräsentantenhaus, der anderen Kammer des Kongresses, eingebracht worden war.
Die Politiker behaupten, dass Kuba mehr als 70 Personen politisches Asyl gewähre, die in den Vereinigten Staaten als »Terroristen, Entführer und Mörder« gesucht würden und »eine Gefahr für die Nationale Sicherheit« darstellten. Namentlich genannt werden die Bürgerrechtsaktivistin Assata Shakur (Joanne Chesimard), die nach ihrer Flucht aus einem US-Gefängnis seit 1984 politisches Asyl in Kuba genießt, sowie das ehemalige Mitglied der in den 70er Jahren für die Unabhängigkeit Puerto Ricos kämpfenden »Nationalen Befreiungsarmee« (FALN), William Guillermo Morales.
Die Entscheidung Havannas, verfolgten Aktivisten Asyl zu gewähren, war für die USA 33 Jahre lang der Vorwand gewesen, Kuba auf einer Liste von Staaten zu führen, die »den Terrorismus fördern«. Im April 2015 wurde der Inselstaat durch die Obama-Administration von der Liste gestrichen, was als Voraussetzung für die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen galt. Antikommunistische Hardliner wie Rubio und Menendez kündigten schon damals an, den neuen Kurs »niemals zu akzeptieren«.
Kuba hat demgegenüber stets auf dem »souveränen und legitimen Recht jedes Landes« bestanden, »Menschen, die politisch verfolgt werden, Asyl zu gewähren«. Als Trump nach seinem Einzug ins Weiße Haus die alte Forderung nach Auslieferung von Shakur aufwärmte, ließ ihn Außenminister Bruno Rodríguez abblitzen. Auf einer Pressekonferenz in Wien bekräftigte Havannas Chefdiplomat im Juni letzten Jahres erneut, dass sein Land keinen »der Kämpfer für die Bürger- und Menschenrechte in den USA« ausliefern werde. Rubio nutzt das jetzt als Argument für seinen Vorstoß. »Die anhaltende Weigerung des Castro-Regimes, Chesimard und Morales zu überstellen, unterstreicht dessen Feindseligkeit gegenüber den Vereinigten Staaten«, erklärte der Senator bei der Vorstellung seiner Resolution. Es dürfe kein Zweifel daran bestehen, reklamierte er in einer am Dienstag verbreiteten Presseerklärung zudem, »dass unsere Politik gegenüber Kuba niemals eine Belohnung für diejenigen sein kann, die Polizistenmördern, Flugzeugentführern und Bombenlegern eine sichere Zuflucht bieten«. Konkret fordert die Entschließung vom Senat, von Havanna offiziell die Auslieferung der Betroffenen zu verlangen, die »internationale Gemeinschaft« zur Unterstützung dieser Forderung zu drängen und als dritten Punkt den Außenminister und Generalstaatsanwalt der USA anzuhalten, den Druck auf Kuba zu verstärken.
Der erneute Vorstoß der Ultrakonservativen im Kongress dürfte zwar in erster Linie darauf abzielen, in der eigenen Bevölkerung Verständnis für einen härteren Kurs gegenüber Kuba zu wecken, hat aber auch eine innenpolitische Komponente. Wenn man Assata Shakur nach Jahrzehnten noch immer als »Bedrohung für die Nationale Sicherheit« darstelle, »sehe ich darin das Bemühen, Furcht bei jungen Leuten zu erzeugen, die sich aktiv in Kämpfen engagieren, für die Assata historisch steht und die heute noch aktuell sind«, sagte die Bürgerrechtsaktivistin Angela Davis 2013 in einem Interview. Shakur war zunächst die Beteiligung an einer Schießerei im Mai 1973 vorgeworfen worden, bei der ein Polizist getötet worden war. Trotz fehlender Beweise wurde sie 1977 in einem scharf kritisierten Prozess zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei Jahre später konnte sie aus dem Gefängnis entkommen und 1984 nach Kuba fliehen. Das Mitglied der Black-Panther-Party hat die ihr vorgeworfene Tat stets bestritten. Das Vorgehen von Polizei und Justiz kommentierte sie mit dem Satz: »Wenn der Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung, rassistische Polizeieinsätze, Sexismus und politische Unterdrückung ein Verbrechen ist, dann bin ich schuldig.« Wegen dieser Aussage warf ihr das FBI vor, sie verbreite »weiterhin radikale Ansichten gegen die US-Regierung«. Im Mai 2013 wurde die heute 70jährige als erste Frau auf die US-Liste der meistgesuchten Terroristen gesetzt, FBI und New Jersey State Police lobten ein Kopfgeld von insgesamt zwei Millionen US-Dollar aus.
Für Angela Davis stellt das »eine Einladung an alle« dar, »illegal nach Kuba zu reisen und Assata zu entführen oder zu erschießen«. Tatsächlich forderte die Staatspolizei von New Jersey im April 2016 »US-Touristen« dazu auf, die politischen Flüchtlinge in Kuba zu jagen. Dazu wurde ein Steckbrief mit Fotos und Namen veröffentlicht. Shakurs langjähriger Rechtsanwalt Lennox Hinds kritisierte wiederholt Washingtons Doppelmoral. Er verwies darauf, »dass US-Regierung und CIA Personen trainiert haben, um Bomben in Restaurants und Hotels zu legen«. Unter Washingtons Terroristen seien auch »Individuen, ich spreche von Luis Posada Carriles, die zugegeben haben, im Oktober 1976 eine kubanische Verkehrsmaschine durch eine Bombe zum Absturz gebracht zu haben – und die USA gewähren ihm Unterschlupf«.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 12.02.2018