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Störgeräusche gegen Kuba
Washington weist kubanische Diplomaten aus. Begründet wird das mit »akustischen Attacken« auf US-Vertreter.
Die US-Administration hat am Dienstag (Ortszeit) 15 kubanische Diplomaten des Landes verwiesen. Außenminister Rex Tillerson begründete den Schritt mit angeblichen »akustischen Attacken« auf das Personal der nordamerikanischen Botschaft in Havanna. Kuba wies die Vorwürfe zum wiederholten Male zurück und protestierte in einer offiziellen Erklärung gegen die »grundlose und inakzeptable« Ausweisung. Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez sprach am Dienstag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in Havanna von einer willkürlichen Repressalie. Es habe sich um eine politische Entscheidung gehandelt, die nichts mit der Untersuchung vermeintlicher Vorfälle in Havanna zu tun habe. Tillerson hatte zuvor die Ausweisung als »Reaktion auf den Mangel an Schutz für US-Diplomaten in Kuba« bezeichnet.
Hintergrund ist ein seit Monaten schwelender Konflikt. Die USA behaupten, dass 22 Beschäftigte ihrer diplomatischen Vertretung in Havanna über Symptome wie Hörverlust, Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung und Schlafstörungen klagen. Obwohl die Ursachen der Beschwerden bislang nicht geklärt sind, machen US-Behörden »akustische Attacken« dafür verantwortlich. Am Wochenende hatte Washington bereits die Hälfte seines Botschaftspersonals abgezogen. Kubaner können seither keine Visa für die USA mehr beantragen.
Bei einem Gespräch in Washington hatte Außenminister Rodríguez seinem Amtskollegen Tillerson bereits am 26. September versichert, dass sein Land nie Diplomaten angreifen und dies auf kubanischem Boden auch nicht zulassen werde. Die Regierung habe sofort nach Bekanntwerden der angeblichen Vorfälle »Ermittlungen mit Vorrang« eingeleitet und den Vereinigten Staaten Zusammenarbeit bei der Aufklärung angeboten.
Die für die USA zuständige Abteilungsleiterin im kubanischen Außenministerium, Josefina Vidal, wies darauf hin, dass das Vorgehen Washingtons die bilateralen Beziehungen und die Zusammenarbeit an Projekten von gegenseitigem Interesse beeinträchtige. Auf die Frage eines CNN-Reporters antwortete Rodríguez am Dienstag, dass die USA den kubanischen Ermittlern nicht gestattet hätten, die Wohnungen der Betroffenen zu überprüfen. Kubanische Ärzte und Spezialisten hätten bisher auch keinen der vermeintlich Erkrankten untersuchen oder mit den betreuenden US-Medizinern sprechen dürfen. Die Möglichkeit eines Angriffs durch ein Drittland oder durch Terroristen wies der Außenminister zurück. Die einzigen Anschläge in Kuba seien bisher von Gruppen verübt worden, die vom Boden der Vereinigten Staaten aus operierten. Rodríguez sprach auf der Pressekonferenz davon, dass der Umgang der USA mit den Vorwürfen wenig seriös sei und diese an Science-Fiction erinnerten.
Die »Brigada Antonio Maceo«, ein Zusammenschluss von in den USA lebenden Kubanern, protestierte am Dienstag gegen die Maßnahmen Washingtons. Ihr Koordinator Andrés Gómez sprach von »willkürlich Entscheidungen«, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe. »Wir kubanischen Emigranten sind empört, weil dies den Kontakt zu unseren Familien in Kuba einschränkt.« Gómez warf der US-Regierung vor, sich vor den Karren antikommunistischer Gruppen in Miami spannen zu lassen, die zur Politik der Aggressionen und des Krieges gegen Kuba zurückkehren wollten. Vertreter von Reiseagenturen, Fluglinien und Unternehmen, die Geschäfte mit der Insel betreiben, reagierten ebenfalls entsetzt auf die Zuspitzung.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 05.10.2017