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Contras für Intervention

Kubanische »Dissidenten« fordern militärisches Abenteuer der USA in Venezuela.

Die USA bereiten die Weltöffentlichkeit auf eine militärische Intervention in Venezuela vor. Neben einflussreichen westlichen Medien spielen dabei auch die einflusslosen Systemgegner in Kuba eine wichtige Rolle. Eine Gruppe von 42 »Dissidenten« forderte ausländische Staaten zur Einmischung auf und erklärte: »Die internationale Gemeinschaft hat reagiert, doch der Staatsstreich verlangt mehr Einsatz und eine sofortige Reaktion.« Als »Staatsstreich« sehen die Contras die Wahl der verfassunggebenden Versammlung in Venezuela an. Die Systemgegner auf der Insel sind Stichwortgeber in einer Kampagne, deren Urheber von Miami aus Verschwörungstheo­rien über »kubanische Invasoren« in die Welt setzen.

Am 8. August veröffentlichte das staatliche US-Propagandaportal Martí Noticias mit Sitz in Miami einen Artikel der ebenfalls dort ansässigen »Stiftung für Menschenrechte in Kuba« (FHRC), die in Venezuela verdächtige Ausländer ausgemacht haben wollte. »Tausende kubanische Soldaten, 4.000 ehemalige FARC-Guerilleros und Terroristen der Hisbollah aus dem Libanon« stünden dort bereit, um die Opposition gegen Präsident Nicolás Maduro gewaltsam niederzuschlagen, phantasierte der Autor Roberto Alvarez Quiñones, ein in Kalifornien lebender Exilkubaner.

Die von der Behörde des US-Außenministeriums für internationale Entwicklung (USAID) finanzierte FHRC behauptete auch: »Die über 34.000 kubanischen Ärzte und medizinischen Fachkräfte haben Anweisung, die Tyrannei mit Waffen zu verteidigen.« Der starke Tobak war eine Vorlage für die seit Jahren mit der FHRC eng verwobenen »Dissidenten« auf der Insel.

Zwei Tage nach der Story im US-Staatsorgan Martí Noticias erschien in dem mit Unterstützung der vom US-Haushalt finanzierten Stiftung NED 2009 in Madrid gegründeten Onlineportal Diario de Cuba ein Aufruf. »Der Castroismus setzt seinen gesamten Repressionsapparat in Venezuela ein«, erklärten 42 kubanische Systemgegner. Zu den Unterzeichnern gehören Hungerstreikrekordhalter Guillermo Fariñas und die selbsternannte Chefin der »Damen in Weiß«, Berta Soler, die beide von der EU mit dem Sacharow-Preis und jeweils 50.000 Euro ausgestattet wurden.

Auch die auf Einladung rechter Organisationen mehr in den USA als in Kuba agierenden »Dissidenten« José Daniel Ferrer, Antonio Rodiles, Rosa María Payá und Gorki Águila, der wegen Kokainbesitzes vorbestrafte Leiter der Musikgruppe »Porno para Ricardo«, unterstützen den Aufruf. »Wir haben die gleichen Feinde«, versicherten sie den venezolanischen Oppositionellen. »Die Strategie für die Etablierung eines totalitären Systems wird in Havanna entworfen«, behaupteten sie weiter und warnten: »Beide Regime sollten zur Kenntnis nehmen, dass alle ihre Menschenrechtsverletzungen Konsequenzen haben werden.« Einen Tag später drohte US-Präsident Donald Trump mit einer »militärischen Option«. Sein Vize Michael Pence bekräftigte das vergangene Woche auf seiner Tour durch vier lateinamerikanische Länder.

Als Trumps Äußerungen weltweit, vor allem aber in allen Ländern Lateinamerikas auf Ablehnung stießen, griff CIA-Direktor Michael Pompeo die Verschwörungstheorien der FHRC und ihrer Helfer in Kuba am 13. August, dem Geburtstag des Revolu­tionsführers Fidel Castro, wieder auf. »Die Kubaner, die Russen, die Iraner und die Hisbollah sind dort. Das bedroht die Sicherheit unseres Landes«, erklärte der Geheimdienstchef. Für seine in bezug auf den Irak, Libyen und Syrien bekannte Argumentation zur Rechtfertigung einer möglichen späteren Invasion gaben Kubas Systemgegner die gewünschten Stichworte.

Im eigenen Land ohne jede Bedeutung, liefern sie der venezolanische Opposition, der Regierung und den Geheimdiensten der USA sowie den westlichen Massenmedien den Stoff für bewusste Falschmeldungen. Die Kumpanei mit rechten Gewalttätern ist dabei nicht neu. Als im Februar 2014 auf dem Maidan bereits Faschisten den Ton angaben, jubelte Berta Soler: »In Kuba muss das gleiche geschehen wie in der Ukraine und in Venezuela.« Auch dort hatte die rechte Opposition Anfang 2014 schon einmal versucht, die Regierung des im Jahr zuvor gewählten Präsidenten Maduro zu stürzen. Die Systemgegnerin Yoani Sánchez kommentierte die Gewalt damals per Twitter: »Mein Herz ist bei den Jugendlichen in Venezuela. Schaut auf sie, junge Leute in Kuba.«

Die den exilkubanischen Contragruppen nahestehende Tageszeitung Nuevo Herald lieferte am Mittwoch eine Erklärung dafür, warum ihr Traum damals so nicht wahr werden konnte. »Wenn du das Problem Venezuela lösen willst, musst du vorher das Thema Kuba erledigen«, zitierte das in Miami erscheinende Blatt den republikanischen Anwalt Jason Poblete. Der Mann weiß, wovon er spricht. Seine Frau Yleem, die bis dahin der ultrarechten republikanischen Kongreßabgeordneten Ileana Ros-Lehtinen zugearbeitet hatte, ist im Dezember vergangenen Jahres von Trump in den Nationalen Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten berufen worden.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 21.08.2017