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Exportschlager Gesundheit

Die medizinische Ausbildung in Kuba kommt Menschen in aller Welt zugute – selbst in den USA.

Die Lateinamerikanische Schule für Medizin (ELAM) in Havanna hat in den vergangenen zwölf Jahren 170 Studenten aus den USA zu Ärzten ausgebildet. Wie ELAM-Direktorin Zenia Díaz Catalá am Mittwoch gegenüber der kubanischen Nachrichtenagentur Agencia Cubana de Noticias (ACN) erklärte, haben in dieser Einrichtung seit 2005 mehr als 28.500 angehende Ärzte aus 103 Ländern die staatliche Abschluss­prüfung zum »Doktor der Medizin« bestanden. Die meist aus armen Verhältnissen stammenden Absolventen, darunter auch Stipendiaten aus den USA, verpflichteten sich vorab, als Ärzte in ihre Heimatländer zurückzukehren. Mehr als zehn Jahre hatte der kubanische Staat die Ausbildungskosten für alle Studenten komplett getragen, seit 2012 werden an der Hochschule zusätzlich auch Studierende ausgebildet, deren Kosten anteilig von den jeweiligen Herkunftsländern übernommen werden.

»Für mich war das Studium in Kuba eine außerordentlich beeindruckende Erfahrung. Ausbildung und Arbeit werden hier, anders als in den USA, eng miteinander verknüpft«, sagte David Floyd über sein siebenjähriges Medizinstudium auf der Insel. Der Afroamerikaner ist einer von 52 ausländischen Ärzten, von denen 25 aus den Vereinigten Staaten kamen, die Anfang des Jahres ihre Abschlussprüfung an der medizinischen Fakultät Salvador Allende der Universität von Havanna abgelegt hatten. »Das Beste hier ist die Solidarität«, schwärmte Floyd danach gegenüber ACN. Sein gleichnamiger Vater erklärte, er fühle sich geehrt und sei glücklich darüber, dass sein Sohn »nach den ethischen und moralischen Prinzipien und der humanistischen Konzeption Kubas« zum Arzt ausgebildet worden sei.

Laut ELAM-Direktorin Zenia Díaz Catalá sind derzeit 4.690 Studenten aus 112 Ländern an den 21 Fakultäten der medizinischen Hochschulen des Landes eingeschrieben; 83 Studierende kommen aus den USA. Während die ELAM in Havanna auch weiterhin der größte Ausbildungsort für ausländische Medizinstudenten ist, ent­wickelt sich die Universität von Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt des Landes, mittlerweile zu einem weiteren wichtigen Standort für das Studium zukünftiger Ärzte, Krankenschwestern und medizintechnischem Personal aus Entwicklungs- und Schwellenländern.

Die weltweit einmalige Bildungseinrichtung ELAM geht auf eine Initiative des im November letzten Jahres verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castro Ruz zurück. Als damaliger Staats- und Regierungschef hatte er 1998, nachdem mehr als 10.000 Menschen in Zentralamerika und der Karibik durch die Hurrikane »Georges« und »Mitch« ums Leben gekommen und Millionen obdachlos geworden waren, die Errichtung einer Medizinhochschule zur kostenlosen Ausbildung von Studenten aus Ländern des globalen Südens angeregt. Obwohl Kuba zu diesem Zeitpunkt der »Sonderperiode« selbst noch unter größten wirtschaftlichen Problemen litt, hatte das Land damals sofort Ärzte, Krankenpfleger und anderes Fachpersonal in die betroffenen Länder geschickt. Ein Jahr später wurde in Havanna bereits die ELAM eröffnet. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahr 1999 waren dort 933 Studierende aus 18 Ländern eingeschrieben.

Im sozialistischen Kuba selbst wird jedem Bürger eine unentgeltliche medizinische Versorgung garantiert. Behandlung sowie teilweise auch Medikamente und Hilfsmittel sind für jeden im Land lebenden Kubaner grundsätzlich kostenlos. In der »Ersten Deklaration von Havanna« war bereits am 2. September 1960 das »Recht aller Kranken auf unentgeltlichen ärztlichen Beistand und Pflege« proklamiert und später in der Verfassung verankert worden. Über die Versorgung der eigenen Bürger hinaus entsendet Kuba auch seit Jahren weltweit mehr Ärzte, Schwestern und Pfleger in Krisengebiete als die meisten wohlhabenden Industriestaaten.

Mittlerweile profitieren nicht nur Entwicklungs- und Schwellenländer vom kubanischen Gesundheitssystem, sondern auch die an einem Medizinstudium interessierten jungen Leute und deren spätere Patienten in begüterten Nationen wie den Vereinigten Staaten. Dort können David Floyd und zahlreiche Kollegen dank ihres an den »ethischen und moralischen Prinzipien und der humanistischen Konzeption« Kubas orientierten Studiums an der ELAM in Zukunft kranken US-Bürgern ärztlichen Beistand leisten.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 08.08.2017