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Gesetzesbrecher stoppen
Kuba will Privatunternehmen unter Kontrolle halten. Keine neuen Genehmigungen.
In Kuba haben das Gesetzblatt Gaceta Oficial und die Parteizeitung Granma am vergangenen Dienstag Details über die neue Regeln für den privaten Wirtschaftssektor veröffentlicht. Danach können Selbständige und Kooperativen mit dem Abbau von Bürokratie und mit Erleichterungen rechnen, zugleich wurden aber auch schärfere staatliche Kontrollen angekündigt. In einigen Bereichen sollen private Interessenten zunächst keine neuen Betriebsgenehmigungen mehr erhalten. Die kubanischen Behörden begründen die Maßnahmen unter anderem mit Fällen von Steuerhinterziehungen, der illegalen Beschaffung von Arbeitsmaterialien und anderen Gesetzesverstößen.
Waren 2015 noch knapp 500.000 Menschen in der Privatwirtschaft tätig, zählte das Arbeitsministerium zum Ende des ersten Halbjahrs 2017 schon 568.000 Selbständige. Laut Granma entspricht das zwölf Prozent aller Beschäftigten.
Wirtschaftsminister Ricardo Cabrisas Ruiz hob die Bedeutung der »Cuentapropistas« (Beschäftigte auf eigene Rechnung), wie die Selbständigen in Kuba genannt werden, bei der Parlamentssitzung Mitte Juli positiv hervor. Neben den 429 Kooperativen hätten sie zu der Erholung der kubanischen Wirtschaft in diesem Jahr beigetragen, lobte der Minister. Auch Staatspräsident Raúl Castro bekannte sich vor den Abgeordneten noch einmal ausdrücklich zum Privatsektor. »Wir werden weder rückwärts gehen noch Vorbehalte gegenüber dem nichtstaatlichen Bereich zulassen«, versicherte er. Dieser Sektor sei wichtig, um den Staat von Aktivitäten in strategisch weniger relevanten Wirtschaftsbereichen zu entlasten. Castro wies jedoch auf Fälle hin, in denen es gravierende Rechtsverstöße gegeben habe.
Die stellvertretende Arbeits- und Sozialministerin Marta Elena Feitó Cabrera nannte am Dienstag in der Granma Details. Bei Kontrollen seien die Verwendung gestohlener Konsumgüter und Rohmaterialien, falsche Angaben über Einnahmen und gezielte Steuerbetrügereien nachgewiesen worden. Im Interesse der Mehrheit der Selbständigen, die korrekt arbeiteten und sich an die Vorschriften hielten, und um die weitere positive Entwicklung dieses Bereichs zu sichern, müssten die wenigen Betrüger und Gesetzesbrecher »unverzüglich gestoppt« werden.
Es solle aber auch Erleichterungen geben. Dazu zählt eine Regelung, nach der sich Geschäftsinhaber bei längerer Krankheit oder Auslandsaufenthalten künftig von Angestellten rechtskräftig vertreten lassen können. Auf der anderen Seite sollen für einige Tätigkeiten im Privatsektor – wie den Handel mit Agrarprodukten, die Vermietung vom Zimmern und Wohnungen, das Betreiben von Restaurants, Bars und Cafeterias, für privaten Unterricht, Reparaturdienste und Maklertätigkeiten beim Kauf oder Tausch von Wohnungen – vorerst keine neuen Genehmigungen erteilt werden. Wer bereits eine Zulassung besitzt oder diese vor Inkrafttreten der neuen Regelungen beantragt hat, ist davon allerdings nicht betroffen.
Für das Transportministerium erklärte Déborah Canela Piña, dass eine technische Überprüfung der genutzten Fahrzeuge vorgesehen sei. Sie wies auf den Großversuch mit einer Kooperative von »Rutero-Taxis« in Havanna hin, deren Fahrer Treibstoff und Ersatzteile mit 20 Prozent Rabatt erhalten. In den Fahrzeugen und an Haltepunkten müssen künftig Routen und Preise aushängen. Die Grenze von fünf Kubanischen Pesos (17 Eurocent) für eine Strecke von bis zu acht Kilometern darf nicht überschritten werden.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 05.08.2017