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Rumpeln oder zerstören
Trump besucht morgen kubanische Contras in Miami, um seine Kuba-Politik vorzustellen.
US-Präsident Donald Trump will laut US-Medien am morgigen Freitag im Stadtviertel »Little Havana« von Miami die künftige Kuba-Politik seiner Regierung verkünden. Außenminister Rex Tillerson erklärte dazu am Dienstag (Ortszeit), dass alle Vereinbarungen mit Kuba derzeit »auf dem Prüfstand« stünden, wollte eine mögliche Revision zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht bestätigen. Obwohl die Sprecherin des Weißen Hauses, Helen Aguirre Ferré, Anfang der Woche darauf hinwies, dass Trump »noch keine Entscheidung« über konkrete Maßnahmen getroffen habe, spekulieren US-Medien seit Tagen über die erwartete Erklärung. Den Berichten zufolge will der Präsident den von seinem Vorgänger Barack Obama eingeleiteten Kurs in Teilen rückgängig machen und neue Sanktionen verhängen. Befürworter der Annäherung warnen besorgt vor einer neuen Eiszeit in den Beziehungen zu Kuba.
Der Trump nahestehende Nachrichtensender Fox News und die konservative Zeitung Washington Post wollen erfahren haben, dass die Regierung Reisemöglichkeiten für US-Bürger auf die Insel wieder einschränken und Geschäftsbeziehungen zwischen US-Firmen und Unternehmen der kubanischen Streitkräfte verbieten will. Nach Informationen der in Miami erscheinenden Zeitung Nuevo Herald bereitet die Kontrollbehörde des US-Finanzministeriums OFAC dafür eine schwarze Liste von Firmen vor, die Verbindungen zu den Verteidigungskräften haben oder in deren Besitz sind. Dazu gehören unter anderem auch Hotels, Bus- und Taxiunternehmen, Autoverleiher und Supermarktketten in Kuba. Laut Fernsehsender CNN, der sich auf einen »Informanten aus Regierungskreisen« beruft, könnte Trump zudem die Auslieferung der US-Bürgerrechtsaktivistin Assata Shakur fordern, die seit 1984 politisches Asyl in Kuba genießt
Kurz nach Trumps Amtsantritt hatte das Weiße Haus bereits Anfang Februar eine »komplette Überprüfung« aller zwischen den USA und Kuba abgeschlossenen Vereinbarungen angekündigt. Im Vorfeld des ersten offiziellen Besuchs des neuen Präsidenten in Miami hatten antikommunistische Hardliner der Republikanischen Partei aus Florida, darunter Senator Marco Rubio, ihren politischen Druck verstärkt.
Fraglich ist, ob Trump morgen tatsächlich die von der Rechten eingeforderte totale Kehrtwende vollzieht oder es im wesentlichen bei den von seinen sonstigen Auftritten bekannten verbalen Ausfällen gegen die Regierung in Havanna belässt. Auch wenn er die weitere Unterstützung der exilkubanischen Contras sucht, kann Trump nicht ignorieren, dass die Mehrheit der US-Bürger sowie zahlreiche Senatoren und Abgeordnete für die Fortsetzung der Entspannungspolitik gegenüber Kuba eintreten.
Nach einer vom Meinungsforschungsinstitut »Morning Consult« am Montag veröffentlichten Umfrage unterstützen 65 Prozent aller Wahlberechtigten und sechs von zehn Wählern der Republikaner den unter Obama eingeschlagenen Kurs.
Am Montag forderten 14 Senatoren der demokratischen Partei den Präsidenten in einem Schreiben dazu auf, die wirtschaftliche und politische Annäherung zwischen den USA und Kuba nicht nur »zu erhalten«, sondern diese »auszuweiten«. Eine Aufkündigung von Vereinbarungen, warnen die Verfasser, würde gegen die Interessen der Mehrheit der US-Bevölkerung verstoßen. Am Freitag hatten sich bereits sieben Kongressabgeordnete der Republikaner in einem Brief an Trump ähnlich geäußert. Die konservativen Politiker drückten darin ihre »Besorgnis« aus, dass eine Revision der Kuba-Politik die USA erneut in der Region isolieren und den Inselstaat enger an Russland und China binden würde.
Für »die Sicherheitsinteressen der USA«, warnen die Abgeordneten, wäre das »ein desaströses Ergebnis«. Sollte Trump sich am Freitag dennoch wieder einmal als »Master of Disaster« erweisen und die von beiden Seiten mühsam ausgehandelten Vereinbarungen auch nur teilweise in die Tonne klopfen, stünden in den USA zudem Bereiche der Agrarwirtschaft, Kommunikationsfirmen, Fluglinien, Hotelketten sowie Touristik- und Kreuzfahrtveranstalter, die im Vertrauen auf ihre Regierung in Kuba investiert haben, vor einem Scherbenhaufen.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 15.06.2017