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Guerrillatreffen in Kuba

FARC und ELN beraten in Havanna über kolumbianischen Friedensprozess.

In Havanna sind Anfang der Woche Vertreter der beiden kolumbianischen Guerillaorganisationen FARC und ELN zusammengetroffen, um über die Fortsetzung des Friedensprozesses zu beraten. Nachdem die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) sich bereits im November letzten Jahres mit der Regierung des rechtskonservativen Präsidenten Juan Manuel Santos über ein Friedensabkommen geeinigt hatten, waren im Februar auch Verhandlungen mit der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) aufgenommen worden.

Die ursprünglich für Anfang Mai geplante Fortsetzung der Gespräche war von der ELN jedoch verschoben worden. Vor dem nunmehr für kommenden Dienstag im ecuadorianischen Quito geplanten nächsten Treffen wollten beide Gruppen zunächst ihre Erfahrungen im bisherigen Prozess auswerten. Dabei dürfte es auch um den Bruch von Zusagen sowie Garantien für Leben und Sicherheit der ehemaligen Guerilleros gegangen sein.

In den Verhandlungen mit der Regierung hatte die FARC sich bereit erklärt, ihre Waffen an eine UN-Kommission abzugeben. Seit Jahresbeginn sollten die Angehörigen der Organisation auf ihre Wiedereingliederung in das zivile Leben vorbereitet werden. Doch seit das Parlament in Bogotá am 1. Dezember 2016 dem Friedensvertrag zugestimmt hat, sind bereits Dutzende Mitglieder und Sympathisanten der FARC, linke Aktivisten und Gewerkschafter von rechten Todesschwadronen ermordet worden. Vertreter sozialer Organisationen berichten über eine Komplizenschaft zwischen staatlichen Akteuren und Paramilitärs.

Während die Regierung Santos ihre Toleranz gegenüber den faschistoiden Banden leugnet, zitierte die bürgerliche Wochenzeitung Die Zeit vergangene Woche den deutschen Pfarrer Ulrich Kollwitz, der seit Jahrzehnten in Kolumbien arbeitet: »Die Paramilitärs sind überall auf dem Vormarsch, und das geschieht unter den Augen der Streitkräfte«, berichtet der Geistliche. Allein im April wurden laut Medienberichten sieben Menschen ermordet, die Verbindungen zur FARC hatten. Menschenrechtsaktivisten werfen der Regierung vor, die Aufklärung der Verbrechen zu verschleppen. Einzelne Guerillagruppierungen zweifeln deshalb an deren Willen zu einem tatsächlichen Frieden.

Die FARC-Comandantes Rodrigo Londoño Echeverri alias Timochenko und Luciano Marín Arango alias Iván Márquez, die am Montag zu den Gesprächen mit der ELN in Havanna eingetroffen waren, wollten dort dagegen einen Konsens mit ihren Compañeros herbeiführen, um den Prozess gemeinsam fortsetzen zu können. Dies sei »fundamental für den Frieden und die Aussöhnung«, erklärte Marín Arango. Im Onlineportal Resumen Latinoamericano kündigte FARC-Comandante Jesús Emilio Carvajalino alias Andrés París inzwischen an, dass sich seine Organisation auf einem Gründungskongress am 7. August in eine legale Partei umwandeln wolle. Die bisherigen FARC-Kämpfer rechnen sich offenbar gute Chancen bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2018 aus.

Die mit den Paramilitärs gut vernetzte äußerste Rechte um den früheren Präsidenten Álvaro Uribe will eine Kandidatur ehemaliger Guerilleros jedoch um jeden Preis verhindern. Während Uribe und seine Anhänger ankündigten, die Vereinbarungen des Friedensprozesses bei einem Wahlsieg wieder rückgängig zu machen, erklärte der jetzige Amtsinhaber, dieser sei »unumkehrbar«.

Am 18. Mai will Santos nach Washington reisen, zu »unserem engsten Verbündeten«, wie er sagt. Er muss nicht befürchten, dort auf die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien oder die jüngste Mordserie der Todesschwadronen angesprochen zu werden. Donald Trump hatte am 14. April in seiner Residenz »Mar-a-lago« in Florida bereits zwei seiner »alten Freunde«, neben Uribe den nicht minder ultrarechten kolumbianischen Expräsidenten Andrés Pastrana, empfangen. In ihrer Unterhaltung hatten die drei Brüder im Geiste sich laut US-Medien vor allem »äußerst besorgt« über »die Situation in Venezuela« geäußert.

Mittlerweile meldete sich auch der Vatikan zu Wort und verkündete, dass Papst Franziskus vom 6. bis 11. September nach Kolumbien reisen werde. Zum Ärger der Rechten will Franziskus dabei auch mit den Spitzen der FARC zusammentreffen. Den Ordnungskräften der Santos-Regierung scheint der Oberhirte aus Rom dabei nicht über den Weg zu trauen. Papst Franziskus habe ausdrücklich darum gebeten, dass die für seine Sicherheit in Kolumbien eingesetzten Polizisten keine Schusswaffen tragen, meldete die Nachrichtenagentur Prensa Latina am Montag.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 10.05.2017