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Weg nach Norden frei

Mittelamerikanische Staaten einigen sich auf Lösung für kubanische Flüchtlinge.

Ein durch Tausende kubanische Auswanderer ausgelöster politischer Konflikt in Mittelamerika scheint erst einmal entschärft. Am Montag nachmittag (Ortszeit) einigten sich Vertreter von Costa Rica, Mexiko, Guatemala, El Salvador, Belize, Panama und Honduras nach einem fünfstündigen Treffen in Guatemala-Stadt auf eine Lösung. Wie die guatemaltekische Nachrichtenagentur AGN berichtete, sollen zwischen 7.000 und 8.000 an der Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua gestrandete kubanische Migranten von der ersten Januarwoche an, ihre Reise zum Ziel USA fortsetzen können.

Sein Land sei bereit, die Durchreise zu genehmigen, hatte Guatemalas Außenminister, Carlos Raúl Morales, zu Beginn der Konferenz erklärt, dafür aber Bedingungen gestellt. Unter anderem forderte er eine schriftliche Zusage Mexikos, alle Migranten aufzunehmen. Außerdem müssten die Kosten für deren Durchreise übernommen werden. Nach dem Treffen erklärten die Gastgeber, man habe sich auf einen »Pilotplan« geeinigt, mit dessen Umsetzung Anfang Januar begonnen werde.

Das Außenministerium von Costa Rica veröffentlichte Details. Danach sollen die Betroffenen zunächst nach El Salvador ausgeflogen werden und dann auf dem Landweg durch Guatemala und Mexiko Richtung US-Grenze weiterreisen. Keine Stellungnahme gab es zu der Frage, ob dieses Angebot auch für »illegal« Eingereiste gilt. Da Costa Rica seit dem 18. Dezember keine Transitvisa mehr ausstellt, hatte die Regierung am Samstag angekündigt, »in den nächsten Tagen« 56 Kubaner abzuschieben, die ohne Erlaubnis eingereist waren.

Für Kuba, das an der Sitzung nicht teilnahm, hatte Außenminister Bruno Rodríguez vor deren Beginn am Montag aus Havanna die betroffenen Länder gebeten, »so schnell wie möglich eine Lösung zum Wohl dieser Bürger« zu finden. Er appellierte zugleich an Washington, die US-Migrationspolitik gegenüber Kuba zu ändern.

Seit 1966 versuchen die USA mit dem »Cuban Adjustment Act«, kubanische Bürger zum Verlassen ihres Landes zu bewegen. Im Gegensatz zu anderen Migranten garantiert ihnen dieses Gesetz auch bei »illegaler Einreise« ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und andere Privilegien. Rodríguez kritisiert, dass dadurch »die nicht legale und unsichere Migration« in Lateinamerika gefördert wird. Auch Papst Franziskus hatte sich am Sonntag beim Angelusgebet in Rom zu den gestrandeten Kubanern geäußert und daran erinnert, dass »viele von ihnen Opfer des Menschenhandels« seien.

Im Vorfeld des Treffens vom Montag hatte die durch die US-Politik ausgelöste Migrationskrise in Lateinamerika heftige Debatten ausgelöst, deren Ursachen mit der Einigung nicht beseitigt wurden. Guatemala sei nicht der Meinung, dass Unterschiede zwischen kubanischen Migranten und denen aus anderen Ländern der Region gemacht werden sollten, heißt es in einer von AGN am Mittwoch vergangener Woche veröffentlichten Presseerklärung des Außenministeriums. Denn »diese Personen« seien »weder politische Flüchtlinge, noch von einem Krieg oder Naturkatastrophen betroffen«. Es sei nicht zu akzeptieren, dass »unsere Migranten«, in diesem Jahr allein 102.000, wieder nach Guatemala abgeschoben werden, während diejenigen, die aus Kuba kämen, »in den Norden« geleitet würden.

Vor allem das Haupttransitland kommt in Erklärungsnot. Wie der Fernsehsender Telesur am Sonntag auf seiner Homepage berichtete, wurden in Mexiko in diesem Jahr mehr als 200.000 lateinamerikanische Migranten, meist auf dem Weg in die USA, verhaftet und wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Am gleichen Tag veröffentlichte die Nachrichtenagentur AP eine Statistik aus El Salvador, nach der zwischen Januar und Dezember knapp 50.000 Bürger des Landes, darunter fast 7.000 Kinder und Minderjährige, aus den USA und Mexiko deportiert worden sind. Täglich verließen rund 300 Salvadorianer ihr Land um den »amerikanischen Traum« zu suchen.

Diese Migranten sind in den USA jedoch nicht willkommen. Die Washington Post berichtete am 23. Dezember, dass das US-Heimatschutzministerium eine »Reihe von Aktionen« vorbereite. Im Januar solle damit begonnen werden, auch solche Lateinamerikaner zu deportieren, die vor Terror und Gewalt in ihren Ländern geflohen waren. Der Zeitung zufolge sind seit Anfang 2014 mehr als 100.000 Familien aus diesen Gründen eingereist.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 30.12.2015