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Freiheit für Ana Belén Montes!

Zu 25 Jahren Haft verurteilt: Kubanische Kundschafterin in den USA in Totalisolation gefangen. Solidaritätskomitees fordern von Präsident Obama Begnadigung.

Freiheit für Ana Belén Montes!
Das puertoricanische »Solidaritätskomittee Oscar & Ana« mit einem Porträt von Ana Belén Montes, links der legendäre Independentista Rafael Cancel Miranda, der 25 Jahre in US-Haft saß
Foto: E. Robles/Komitee Oscar & Ana


Wenige Tage vor dem 17. Dezember, an dem sich die Freilassung der letzten drei Compañeros der »Cuban Five« zum ersten Mal jährt, soll hier an eine Kundschafterin erinnert werden, die wegen ihres mutigen Einsatzes für das sozialistische Kuba der Rechtlosigkeit in US-Kerkern ausgeliefert ist: Ana Belén Montes. Die Puertoricanerin sitzt seit 14 Jahren in Isolationshaft, weil sie sich im Widerstand gegen die Blockadepolitik der USA gegenüber der Republik Kuba für die revolutionäre Seite entschied und entschlossen handelte. 2001 war Ana Belén in Washington D. C. verhaftet und ein Jahr später wegen Spionage zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das kubanische »Komitee Freiheit für Ana Belén Montes« bringt ihren Fall nun ins Bewusstsein der internationalen Öffentlichkeit. Diese jüngst in Havanna gegründete Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, Druck auf US-Präsident Barack Obama auszuüben, die politische Gefangene zu begnadigen. Das fordere man»jetzt mehr denn je, weil die Vereinigten Staaten heute von ›normalen‹ Beziehungen zu Kuba sprechen«, so die Initiatoren. Darüber hinaus regen sie an, wie im Fall der »Cuban Five« nun auch für Ana Belén in möglichst vielen Ländern Solidaritätskomitees zu gründen.

Ana Belén kam am 28. Februar 1957 in der BRD auf einem US-Stützpunkt zur Welt, als ihr puertoricanischer Vater als Militärarzt in Nürnberg stationiert war. Wegen Puerto Ricos Kolonialstatus als »Territorium« der USA wurde die kleine Ana wie ihre Eltern automatisch US-Staatsbürgerin. Jahre später ging die Familie wieder zurück in die Vereinigten Staaten. Nach ihrem Studium im Fach »Internationale Beziehungen« bewarb sich die junge Frau 1985 erfolgreich als »Junior Analyst« beim US-Militärgeheimdienst »Defense Intelligence Agency« (DIA). Im Hauptsitz der DIA in Washington D.C. analysierte sie die Lage in Nicaragua und in Kuba. Ab 1992 wurde sie mehrfach mit Geheimaufträgen in die Interessenvertretung der USA in Havanna abkommandiert, so auch 1998 zur Beobachtung des Besuchs von Papst Johannes Paul. Ana Belén stieg schließlich zur leitenden DIA-Analystin für Kuba auf und hatte so Zugriff auf alle für die Insel relevanten Daten. Ihr hoher Dienstrang beförderte sie automatisch in die »Kuba-Arbeitsgruppe«, in der sich die Topanalysten von DIA und CIA mit Vertretern des Außenministeriums und de Weißen Hauses zu Lagebesprechungen trafen.

Dann kam der 21. September 2001: Zehn Tage nach »9/11« drangen Agenten der Bundespolizei FBI in das Büro von Ana Belén ein und eröffneten ihr den Haftbefehl wegen »Verschwörung zur Spionage« für Kuba. Ein Jahr später endete der Prozess in der US-Hauptstadt mit Ana Beléns Verurteilung zu 25 Jahren Haft. Sie war nie »Spionin« im klassischen Sinne, weil sie mit Kuba nicht gegen Bezahlung, sondern aus Überzeugung zusammengearbeitet hatte. Die Anklage warf ihr vor, durch ihre einflussreiche Position in der DIA die Regierung William Clintons zu Schlussfolgerungen gebracht zu haben, von Kuba gehe »keine akute militärische Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA aus«. Leitende Beamte des Pentagon hätten sich wegen ihrer Lagebeurteilungen »zunehmend dafür eingesetzt, existierende Spannungen zu reduzieren«, wie die Presse nach dem Urteil meldete. Durch diesen absurden Vorwurf wurde Belén in ihrer jahrelang unerkannt gebliebenen Tätigkeit als Kundschafterin für das friedliche Kuba bestätigt. Denn, so ihre eigenen Worte, es sei stets ihr »größter Wunsch« gewesen, »dass sich freundschaftliche Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba entwickeln«.

Heute sitzt die Gefangene Nr. 25037-016 in der Psychiatrieabteilung des »Federal Medical Centers« (FMC) Carswell, das zum Komplex des US-Marinestützpunkts Fort Worth in Texas gehört. Dort ist sie nicht etwa wegen tatsächlich existierender psychischer Probleme untergebracht, sondern offensichtlich, um diese bei ihr durch Totalisolation zu provozieren: Beziehungen zu Mitgefangenen, Telefonieren, Zeitungen oder Fernsehen sind für sie verboten. Weil sie wegen Spionage verurteilt wurde, darf sie lediglich Kontakt zu ihren nächsten Angehörigen unterhalten. Bis zu seinem Tod kam allerdings nur ihr Vater zu Besuch, die übrige Familie hatte sich wegen ihres Engagements für Kuba von ihr losgesagt. Besuche und Post von Nichtverwandten sind nicht erlaubt, weshalb Ana Belén seit gut zehn Jahren keinen Kontakt zur Außenwelt mehr hatte. Solche Haftbedingungen sind nach UN-Kriterien Folter.

Ihr offizielles Haftende käme erst in rund zwölf Jahren. Ihre starke politische Überzeugung und ihre unerschütterliche Solidarität mit dem revolutionären Kuba geben ihr bis heute die Kraft, sich von den unmenschlichen Haftbedingungen nicht brechen zu lassen. Aber wie lange kann ein Mensch die Isolierung von allem Lebendigen überstehen? Eine Frage, der sich in Puerto Rico die Freiheitsbewegung für den Unabhängigkeitskämpfer Oscar López Rivera praktisch stellt, indem sie jetzt »Solidarität mit Oscar und Ana« fordert. Douglas Calvo, Professor am Evangelischen Seminar von Matanzas, Puerto Rico, kommentierte die Gründung von weiteren Solidaritätskomitees in Puerto Rico und Frankreich optimistisch mit den Worten, es gebe »keinen vernünftigen Grund, warum Ana Belén nicht schon bald freikommen sollte«. Das stimmt mit der Einschätzung des kubanischen Komitees überein, das angesichts des Entspannungsprozesses zwischen Havanna und Washington die klassischen Voraussetzungen für eine Begnadigung von Ana Belén gegeben sieht. Wie im Fall der »Cuban Five« braucht es dazu jetzt den Druck einer rührigen internationalistischen Bewegung.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Jürgen Heiser
junge Welt, 08.12.2015