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Hoffnung für Hunderttausende

Kuba: Durchbruch bei Krebsforschung. Massenimpfstoff soll mit USA entwickelt werden.

Täglich sterben allein in Deutschland offiziellen Schätzungen zufolge mehr als 80 Menschen an Lungenkrebs. Weltweit sind es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 1,5 Millionen im Jahr, Tendenz steigend. Hoffnung für Hunderttausende kommt nun aus Kuba. Am 12. und 13. Mai stellten Forscher des »Zentrums für molekulare Immunologie« (CIM) in Havanna bei einem wissenschaftlichen Kongress ihre Arbeit an einem Medikament gegen Lungenkrebs vor.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeitet das CIM in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen des kubanischen Gesundheitssystems an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Lungenkrebs. Bereits seit 2011 wird in Kuba der erste therapeutische Impfstoff gegen Lungenkrebs eingesetzt: CimaVax-EGF. Seit Anfang dieses Jahres gehöre das Medikament zur Grundausstattung und sei somit überall im Gesundheitssystem vorrätig, berichtete Dr. Giselle Suárez vom CIM gegenüber der Tageszeitung Granma.

Die meist jüngeren Wissenschaftler des Zentrums – der Altersdurchschnitt liegt bei 34 Jahren – sind stolz auf ihre Arbeit und darauf, dass sie für die Gesellschaft arbeiten und nicht für die Profite einiger Pharmakonzerne. Fast alle sind gewerkschaftlich organisiert, 30 Prozent gehören dem Kommunistischen Jugendverband UJC an. Im Gespräch mit junge Welt berichteten sie, dass die Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen und Krankenhäusern sehr gut sei. Konkurrenzdenken gäbe es nicht, und darin liege auch ein Grund für den Erfolg.

Lungenkrebs wird selten im Anfangsstadium erkannt und kann spätestens ab dem vierten Stadium, in dem sich bereits Metastasen gebildet haben, nicht mehr operiert werden. Die Heilungschancen stehen selbst bei einer frühen Diagnose bei nur 50 Prozent. Das jetzt vorgestellte kubanische Medikament verhindert durch neu zusammengesetzte Proteine das Wachstum von weiteren Tumoren. Zumindest bei Patienten, die bereits eine Chemo- oder Strahlentherapie hinter sich haben, ist der Erfolg des Medikaments belegt. Es kann die Lebenserwartung der Patienten um durchschnittlich fünf Monate erhöhen. Das ist ein wichtiger Fortschritt, da die bisherige mittlere Überlebenszeit nach der Therapie nur bei knapp acht Monaten lag. Auch belastende Symptome wie Atemnot und starke Schmerzen können durch das Medikament verringert werden. Das belegt eine über mehrere Jahre angelegte und in zahlreichen Krankenhäusern des Landes durchgeführte Studie, die auf dem Kongress in Havanna vorgestellt wurde. Im Zuge der Studie wurde der Impfstoff bereits mit sehr guten Resultaten und ohne Nebenwirkungen an mehreren tausend Lungenkrebspatienten getestet. Eigene Studien haben Großbritannien und Australien durchgeführt, in Paraguay und Peru ist das Mittel bereits offiziell zugelassen. Selbst die USA zeigen großes Interesse an den kubanischen Forschungsergebnissen, da das neue Medikament die Möglichkeit bietet, die Ausbreitung und das Wachstum von Tumoren frühzeitig zu stoppen.

Ende April unterzeichneten das Roswell-Park-Krebsinstitut in New York und das CIM in Havanna ein Kooperationsabkommen. Noch fehlt allerdings die Erlaubnis der US-amerikanischen Zulassungsbehörde für den Import von CimaVax-EGF. Der Chef der Immunologieabteilung des New Yorker Instituts, Dr. Kelvin Lee, betonte, dass Kuba für die USA »viele interessante Produkte zu bieten« habe und lobte das Mittel als »effektiv« und sehr sicher, da es »weniger Nebenwirkungen als eine Grippeschutzimpfung« habe.

Durch eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Staaten hoffen die kubanischen Wissenschaftler zudem auf Zugang zu ausreichend finanziellen Mitteln, um die Wirksamkeit des Medikaments auch gegen andere Krebsarten zu testen und zu erforschen, ob es zu einem Massenimpfstoff gegen Krebs weiterentwickelt werden kann. Die Kosten pro Spritze belaufen sich auf einen Dollar, somit wäre eine präventive Impfung durchaus möglich.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Tobias Salin
junge Welt, 28.05.2015