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Nehmen die USA Kuba von der Terrorliste?

Washingtoner Außenministerium empfiehlt Streichung / Erstes Treffen der Chef-Diplomaten der USA und Kubas seit September 1958 / Amerika-Gipfel in Panama startet.

Berlin. In den Beziehungen zwischen den USA und Kuba zeichnet sich eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einer Normalisierung ab. Wie ein einflussreicher US-Senator am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte, empfiehlt das Außenministerium in Washington, Kuba von der US-Liste der Terrorismus-Unterstützerstaaten zu streichen. Zudem trafen sich erstmals seit mehr als 50 Jahren die Außenminister beider Länder. Auch ein historisches Zusammentreffen beider Staatschefs stand bevor.

Das State Department empfehle nach einer mehrmonatigen Prüfung, Kuba von der Liste der Unterstützerstaaten des Terrorismus zu streichen, erklärte der Demokrat Ben Cardin, führendes Mitglied des Ausschusses für internationale Beziehungen im US-Senat, in Washington. Dies sei »ein wichtiger Schritt in Richtung unserer Bemühungen, ein fruchtbareres Verhältnis zu Kuba aufzubauen«.

Die Streichung Kubas von der Liste gilt als Voraussetzung dafür, dass Kuba und USA fünf Jahrzehnte nach dem Abbruch ihrer diplomatischen Beziehungen im jeweils anderen Land eine Botschaft eröffnen. Kuba war 1982 auf die Liste gesetzt worden, weil es Mitgliedern der baskischen Untergrundorganisation ETA und der kolumbianischen Guerilla-Gruppe FARC Unterschlupf gewährt hatte. Dadurch schloss Washington Kuba kategorisch von Waffenlieferungen und Wirtschaftshilfen aus. Außerdem gingen mit der Aufnahme auf die Liste Finanzsanktionen einher, die Kuba die Aufnahme von Darlehen bei der Weltbank und anderen Institutionen erschweren.

Eine offizielle Mitteilung der Regierung lag vorerst nicht vor. Ohnehin kann Kuba nicht von heute auf morgen von der Liste der Terror-Unterstützer gestrichen werden. Der US-Kongress hat vielmehr 45 Tage Zeit zu entscheiden, ob er einen entsprechenden Entschluss von Präsident Obama außer Kraft setzt. Einige US-Parlamentarier stehen der Annäherung kritisch gegenüber, darunter der kubanischstämmige republikanische Präsidentschaftsbewerber Ted Cruz.

Auch Obama warnte vor überzogenen Hoffnungen. Er habe niemals erwartet, »dass sich plötzlich über Nacht alles von selbst ändert«, sagte er bei einem Besuch in Jamaika. Er glaube aber an Fortschritte bei der Eröffnung von Botschaften. Auf der Terrorliste der USA stehen derzeit neben Kuba der Iran, Syrien und der Sudan. In Panama wird spekuliert, dass die USA ihre Entscheidung bereits während des Gipfels verkünden könnten.

Eine Ankündigung der Streichung Kubas von der Liste durch Obama während des am Freitag beginnenden Amerika-Gipfels hätte hohen symbolischen Wert und könnte zum Gelingen seines dortigen Zusammentreffens mit Castro beitragen. Beide Staatschefs trafen am Donnerstag (Ortszeit) in Panama-Stadt ein. Sie hatten sich bereits bei der Trauerfeier für den früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela Ende 2013 die Hand geschüttelt.

In Panama-Stadt trafen sich noch vor Beginn des zweitägigen Gipfels der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Außenminister der beiden Länder zu einem Vier-Augen-Gespräch. Dies sei das erste Treffen von Chef-Diplomaten der USA und Kubas seit September 1958, sagte ein US-Diplomat der Nachrichtenagentur AFP. Das US-Außenministerium verbreitete über den Kurznachrichtendienst Twitter ein Foto, das US-Außenminister John Kerry und seinen kubanischen Kollegen Bruno Rodríguez beim Händeschütteln zeigt. Bei dem am Freitag beginnenden Gipfel wollen auch Kubas Staatschef Raúl Castro und US-Präsident Barack Obama zu einem ersten direkten Gespräch zusammenkommen. Das Treffen soll das Ende der über 50-jährigen Eiszeit zwischen Washington und der sozialistischen Regierung in Havanna markieren.

Obama hatte im Dezember eine grundlegende Neuausrichtung der Politik der USA gegenüber Kuba eingeleitet. Die Eröffnung von Botschaften wäre ein wichtiger Schritt, Havanna fordert aber insbesondere die Aufhebung des 1962 verhängten US-Handelsembargos gegen Kuba. Außerdem sollen die USA ihren Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba aufgeben.

Was sind die Themen zwischen Kuba und den USA?

WIEDERAUFNAHME DIPLOMATISCHER BEZIEHUNGEN

Seit Januar verhandeln die USA und Kuba über eine Wiederaufnahme der seit 1961 ausgesetzten diplomatischen Beziehungen. Die US-Regierung hofft, bald eine Botschaft in Havanna zu eröffnen. Bislang haben beide Länder lediglich eine Interessenvertretung unter Schirmherrschaft der Schweiz in der jeweils anderen Hauptstadt. Außerdem könnte Kuba in naher Zukunft von der US-Liste der Unterstützerstaaten des Terrorismus gestrichen werden. Nach Angaben eines einflussreichen US-Senators empfiehlt das Außenministerium nach mehrmonatiger Prüfung diesen Schritt.

LOCKERUNG VON WIRTSCHAFTSSANKTIONEN

Das US-Handelsembargo gegen Kuba kann nur mit Zustimmung des Kongresses vollständig beendet werden. Allerdings ließ das Weiße Haus die Sanktionen Mitte Januar lockern. Exil-Kubaner in den USA dürfen jetzt bis zu 2000 Dollar (1840 Euro) monatlich an Verwandte in der Heimat überweisen, vier Mal so viel wie bisher. Die Exportbeschränkungen für bestimmte Güter für den Hausbau, die Landwirtschaft und kubanische Privatunternehmer wurden aufgehoben.

US-Telekommunikationsunternehmen können auf Kuba Geschäfte machen. Dadurch soll die Bevölkerung des kommunistischen Inselstaates besseren Zugang zu Handys und zum Internet bekommen. Vergangenen Monat stellten die USA und Kuba die direkte Telefonverbindung zwischen beiden Ländern wieder her. US-Finanzinstitutionen dürfen bei kubanischen Banken Konten eröffnen, um den Zahlungsverkehr zu vereinfachen. Reisende können auf der Karibikinsel neuerdings mit US-Kreditkarten zahlen.

VEREINFACHTES REISEN

Touristen aus den USA dürfen auch weiterhin nicht auf eigene Faust nach Kuba fahren. In einer Reihe von Fällen wurde das Reisen aber erleichtert, etwa für Wissenschaftler und Journalisten. Auch Familienbesuche, Bildungsreisen und organisierte Besuche mit religiösem oder sportlichem Hintergrund sind nun mit deutlich geringerem bürokratischen Aufwand möglich. US-Bürger dürfen bei ihrer Rückkehr Güter im Wert von bis zu 400 Dollar mitführen, darunter einhundert Dollar an Alkohol und Tabakprodukten.

KNACKPUNKTE GUANTANAMO UND ENTSCHÄDIGUNG

Differenzen bestehen über die Zukunft des US-Militärstützpunkts Guantanamo im Südosten Kubas: Havanna verlangt die Rückgabe des Gebiets und betrachtet einen Anfang des 20. Jahrhunderts geschlossenen Pachtvertrag als ungültig, die USA wollen die strategisch wichtige Basis dagegen nicht aufgeben. Schwierig ist auch die Frage der Entschädigung von US-Bürgern und US-Unternehmen, deren Besitz während der kubanischen Revolution verstaatlicht wurde. Washington schätzt die Summe, die Kuba den Vereinigten Staaten deshalb schuldet, auf fast sieben Milliarden Dollar. Agenturen/nd

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Neues Deutschland, 10.04.2015