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Dauerhafter Affront

Trotz diplomatischer Annäherung: USA wollen Propagandasender gegen Kuba weiter betreiben.

Zum 25. Jubiläum seiner ersten Fernsehausstrahlung hatte der staatliche US-Propagandasender TV Martí mit Sitz in Miami letzte Woche Freitag nicht viel zu feiern. Das Projekt zur Destabilisierung Kubas, in das schon über 770 Millionen Dollar (knapp 682 Millionen Euro) Steuergelder geflossen sind, gilt als gescheitert und stört zudem die Verhandlungen zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Havanna. In Washington wird auch deshalb über die Umwandlung in eine »nichtstaatliche Organisationsform« nachgedacht. Trotzdem fordert die Aufsichtsbehörde für 2016 aber eine Erhöhung des Jahresbudgets von Radio und TV Martí um zwölf Prozent auf 30,3 Millionen Dollar. Für Kuba ist das ein Affront.

Solange »die Radio- und Fernsehübertragungen, die Internationales Recht verletzen, nicht aufhören, (…) wird eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen nicht möglich sein«, erklärte dessen Präsident Raúl Castro auf dem Gipfeltreffen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) am 28. Januar in Costa Rica. Auf die Gegenseite machte das offenbar wenig Eindruck. Bei den Gesprächen mit Havanna gehe es um die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, und diese sei nur der erste Schritt zu einer Normalisierung, erwiderte US-Verhandlungsführerin Roberta Jacobson aus Washington. Die Obama-Regierung sei derzeit nicht an einer Diskussion über das Thema Radio und TV Martí interessiert, fügte sie hinzu. Dabei sind die Propagandasender, deren Budget im laufenden Jahr rund 27,1 Millionen Dollar beträgt, seit Jahrzehnten auch in den USA selbst heftig umstritten.

Nach dem Vorbild von Radio Free Europe und Radio Liberty hatte US-Präsident Ronald Reagan 1985 zunächst nur den Radiosender Radio Martí ins Leben gerufen. Unter Präsident George Bush kam am 27. März 1990 der Fernsehkanal TV Martí dazu. Aufsichtsbehörde für beide ist das regierungseigene »Office of Cuba Broadcasting« (OCB) in Miami, das wiederum dem »Broadcasting Board of Governors« (BBG) untersteht. Das ist eine Bundesbehörde mit Sitz in Washington, die für alle internationalen Hörfunk- und Fernsehprogramme der Regierung verantwortlich ist. Ihr offizieller Auftrag besteht in der »weltweiten Förderung von Freiheit und Demokratie«. Und das mit allen Mitteln.

Radio und TV Martí führt den Medienkrieg gegen Kuba nicht nur über den Äther. 2014 wurden pro Monat 5.000 DVDs – in diesem Jahr monatlich bereits 15.000 – sowie Zigtausende USB-Sticks mit US-Regierungspropaganda illegal nach Kuba geschafft und dort von bezahlten Agenten in Umlauf gebracht, die sich als »unabhängige Journalisten« bezeichnen. Außerdem lancierte das OCB das Projekt Piramideo, ein trojanisches Pferd, das sich als »soziales Netzwerk« tarnt. Die kubanischen Nutzer ahnen nicht, dass Piramideo von US-Geheimdiensten entwickelt wurde, um so etwas wie einen »arabischen Frühling« auf Kuba zu ermöglichen. Obwohl Castro ultimativ die Einstellung dieser Aktivitäten forderte, machen sich die kubanischen Behörden keine Illusionen. Diese Propaganda ist strategischer Bestandteil der nichtkonventionellen Kriegsführung zur Beseitigung der Regierung und des Gesellschaftssystems der sozialistischen Karibikinsel.

»Als die Mauer fiel, Osteuropa sich befreite und die Sowjetunion zusammenbrach, wurde die Rolle der US-Sender an dieser Entwicklung überall gewürdigt«, schwärmten A. Ross Johnson (Exdirektor von Radio Free Europe) und S. Enders Wimbush (Exdirektor von Radio Liberty und ehemaliges Mitglied des BBG) am 9. Januar in der Washington Post. Václav Havel, Lech Walesa, Boris Jelzin und andere »neue Führer« hätten ihnen das bestätigt. »In Kuba steht jetzt eine ähnliche Situation bevor, und die USA besitzen erneut ein mächtiges Instrument«, fügten sie hinzu. Die Spezialisten der medialen Kriegführung appellierten an die US-Politiker, die Propagandasender zu erhalten: »Dies ist der Moment, für den Radio und TV Martí geschaffen worden sind.«

Kritiker halten dem entgegen, dass deren Programme – Untersuchungen zufolge – in Kuba weniger als zwei Prozent der Bevölkerung erreichen. »Bisher gab es nur Kosten, aber keinerlei Erfolge«, zitierte die New York Times am 24. März den Experten für internationale Kommunikation der Penn State University, John S. Nichols. Die demokratische Kongressabgeordnete Betty McCollum aus Minnesota brachte schon am 28. Januar einen Gesetzentwurf ein, um die staatliche Finanzierung zu beenden. Sie bezeichnete die Propagandasender als »nutzlose Relikte des Kalten Krieges« und kritisierte, dass US-Regierungen dafür in den letzten 30 Jahren über 770 Millionen Dollar ausgegeben hätten.

In der Obama-Regierung wird trotzdem nicht etwa die Einstellung der »Relikte«, sondern deren Überführung in »nichtstaatliche Strukturen« favorisiert. Ab 2017 könnten die staatlichen Medienkrieger dann zu von Privatfirmen kommandierten Söldnern werden. An Auftrag und Ziel sowie der Finanzierung aus Steuermitteln würde sich dadurch nichts ändern.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 02.04.2015