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Obama isoliert sich in Südamerika

Die US-Sanktionen gegen Venezuela stoßen auf dem Subkontinent auf Unverständnis.

Mit den jüngsten Sanktionen hebt die US-Regierung die Konfrontation mit Venezuela auf eine neue Stufe. Nicht nur aus Caracas selbst, sondern auch aus der ganzen Region kommt starke Kritik.

Nicolás Maduro war außer sich. Das jüngste Vorgehen der US-Regierung sei »der aggressivste Schritt«, den »die USA jemals gegen Venezuela unternommen haben«. Barack Obama werde »wie Präsident Nixon in Erinnerung bleiben«, warnte der venezolanische Präsident in Anspielung auf den gewaltsamen Sturz Salvador Allendes in Chile 1973.

Am vergangenen Montag hatte US-Präsident Obama die Situation in Venezuela zur »außergewöhnlichen Bedrohung der nationalen Sicherheit und Außenpolitik der Vereinigten Staaten« erklärt. Zugleich verhängte er Sanktionen gegen sieben venezolanische Funktionäre. Die US-Regierung wirft ihnen die Verletzung von Menschenrechten bei der Unterdrückung oppositioneller Proteste sowie Korruption vor. Damit wendete Obama den International Emergency Economic Powers Act an, ein US-Gesetz aus dem Jahre 1977, mit dem der Präsident im Falle einer erklärten Bedrohung ohne Zustimmung des Kongresses Sanktionen verhängen kann. Neben Venezuela gelten derzeit unter anderem Iran, Syrien, Nordkorea und Russland als »außergewöhnliche Bedrohung«.

Der US-Kongress selbst hatte bereits im vergangenen Dezember Sanktionen gegen venezolanische Funktionäre beschlossen. Ende Februar konterte Venezuela mit Gegensanktionen, nachdem Maduro die US-Regierung bezichtigt hatte, in einen kürzlich aufgedeckten mutmaßlichen Putschplan verwickelt zu sein. Über gegenseitige Botschafter verfügen beide Länder bereits seit des Streits über den designierten US-Botschafter im Jahr 2010 nicht mehr - weit bevor Maduro 2013 die Nachfolge des verstorbenen Hugo Chávez antrat.

Sollte Obama sich im Zuge der politischen Annäherung an Kuba erhofft haben, Venezuela in Lateinamerika isolieren zu können, ging der Schritt nach hinten los. Keine einzige Regierung des Subkontinents unterstützt das einseitige Vorgehen. Die Union Südamerikanischer Staaten (UNASUR) sprach sich deutlich gegen »jeden Versuch der äußeren oder inneren Einmischung« aus, der »zum Ziel hat, den demokratischen Prozess in Venezuela zu unterbrechen.« UNASUR-Generalsekretär Ernesto Samper warnte, die Sanktionen könnten in »der bereits polarisierten Situation« dazu beitragen, »die Gemüter zu radikalisieren«. Auch José Miguel Insulza, Generalsekretär der US-dominierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bezeichnete Obamas präsidiale Verfügung als »sehr hart«.

Selbst aus den Reihen des oppositionellen Bündnisses »Tisch der demokratischen Einheit (MUD) kamen kritische Töne. Der Gouverneur des Bundesstaates Lara, Henri Falcón, sprach von einem «schlechten Dienst für die venezolanische Opposition».

Die venezolanische Regierung sieht Obamas Vorgehen indes als Vorbereitung auf eine militärische Invasion. Präsident Maduro beantragte in der Nationalversammlung legislative Vollmachten für sechs Monate, um «den Frieden zu sichern».

Seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 sind die Beziehungen zwischen den USA und ihrem zuvor engen Partner Venezuela angespannt. Den gescheiterten Putsch gegen Chávez im Jahr 2002 unterstützte die US-Regierung logistisch und finanziell. Immer wieder lieferte sich der frühere venezolanische Präsident mit der US-Regierung rhetorische Auseinandersetzungen. Gleichzeitig gelang es ihm, den US-Einfluss in der Region deutlich zurückzudrängen. Die von den USA propagierte Freihandelszone ALCA scheiterte 2005. Die lateinamerikanischen Staaten gründeten mehrere regionale Integrationsbündnisse, in denen die USA außen vor blieben.

Bei allen politischer Differenzen blieben die wirtschaftlichen Beziehungen jedoch intakt, mit keinem Land treibt Venezuela mehr Handel als mit den USA. Wenngleich das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen ist, ist Venezuela innerhalb Lateinamerikas nach Mexiko und Brasilien der drittgrößte Handelspartner der USA. Im Jahr 2014 flossen täglich 740 000 Barrel in den Norden. Nach China gingen 536 000 Barrel pro Tag.

Nach dem Amtsantritt von Barack Obama Anfang 2009 hatte es zunächst nach Entspannung zwischen den USA und Venezuela ausgesehen. Der US-Präsident versprach Lateinamerika eine «Partnerschaft auf Augenhöhe». Es blieb allerdings bei der Rhetorik. Heute scheint Obama in Lateinamerika isolierter zu sein, als es sein Vorgänger George W. Bush je war.

Neues Deutschalnd

Tobias Lambert
Neues Deutschland, 14.03.2015