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Gegen Destabilisierung
Caracas: Die lateinamerikanischen Bündnisse Petrocaribe und Unasur stellen sich hinter venezolanische Regierung.
Die Mehrzahl der Staaten Lateinamerikas und der Karibik hat am Wochenende der Regierung Venezuelas und ihrem Präsidenten Nicolás Maduro im Widerstand gegen Putschpläne rechter Oppositioneller und ausländische Einmischung den Rücken gestärkt. Die Vertreter der 19 Mitgliedsländer des regionalen Energiebündnisses Petrocaribe forderten am Freitag (Ortszeit) auf einem außerordentlichen Gipfeltreffen in Caracas dazu auf, das »solidarische Beispiel Venezuelas« zu verteidigen. Zeitgleich appellierte eine Kommission von Außenministern der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) in der venezolanischen Hauptstadt vor den für September geplanten Parlamentswahlen an alle Beteiligten, »den demokratischen Prozess im Land zu respektieren«. Unasur-Generalsekretär Ernesto Samper hatte bereits zuvor betont, dass der Staatenbund jeglichen Destabilisierungsversuch zurückweise. Den USA warf er vor, sich in die inneren Angelegenheiten Venezuelas einzumischen, um die Polarisierung zu verschärfen und Aufruhr zu befördern.
Gedenken an Chávez
Die Repräsentanten der meisten Staaten des Kontinents hatten am Donnerstag an den Feierlichkeiten anlässlich des zweiten Todestages des Revolutionsführers und früheren Präsidenten Hugo Chávez teilgenommen. »Er ist nicht wirklich tot, weil uns die positiven Ergebnisse der sozialen und revolutionären Prozesse immer an ihn denken lassen«, erklärte dabei der kubanische Vizepräsident Miguel Díaz-Canel. Eines dieser Ergebnisse sei das auf Initiative von Fidel Castro und Chávez im Jahr 2005 gegründete Bündnis Petrocaribe, in dem Venezuela Erdöl zu Vorzugspreisen an Länder in Mittelamerika und der Karibik liefert. Mittlerweile werden damit 40 Prozent des Bedarfs der Region abgedeckt. Seit 2005 hat Petrocaribe über 300 Millionen Barrel Erdöl an seine 19 Mitgliedsstaaten geliefert. Dort werden die eingesparten Mittel in Projekte zum Abbau der Armut, zur Verbesserung des Bildungswesens und der Gesundheitsversorgung investiert.
Seit seiner Gründung habe Petrocaribe rund 3,9 Milliarden US-Dollar für mehr als 430 Sozialprogramme aufgewendet, während in den Jahren, »in denen die transnationalen Konzerne in Venezuela das Sagen hatten, mehr als 50 Milliarden Barrel Erdöl zur Unterstützung der Wirtschaft sowie der industriellen und militärischen Entwicklung der USA verwandt« worden seien, hatte Venezuelas Außenminister Rafael Ramírez Ende letzten Jahres berichtet. Präsident Nicolás Maduro kündigte am Freitag die Investition von weiteren 200 Millionen US-Dollar für soziale Programme und alternative Energieerzeugung an. »Dies ist ein humanistisches Projekt, sozial und solidarisch, das beweist, dass eine bessere Welt möglich ist, wenn man unter einer solidarischen Perspektive zusammenlebt«, sagte Díaz-Canel in Caracas über Petrocaribe. Der Opposition im Land lief von Anfang an Sturm gegen das Energiebündnis und kündigte an, die vergünstigten Öllieferungen im Falle einer Machtübernahme zu reduzieren.
Koloniale Planspiele
Mit dem Gipfel reagierten die Petrocaribe-Länder auch auf einen neuen Destabilisierungsversuch der USA, der sich nicht nur gegen die Regierung in Caracas, sondern gegen das gesamte Bündnis richtet. Ende Januar hatte in Washington das erste Gipfeltreffen einer von den USA geförderten »Initiative Energiesicherheit in der Karibik« stattgefunden, an dem Vertreter der EU, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds teilnahmen. Auf dieser Zusammenkunft machte US-Vizepräsident Joe Biden deutlich, dass die USA bei einem Regierungswechsel in Venezuela auch das Ende von Petrocaribe erwarteten und dann zur Sicherung der Energieversorgung in der Region bereitstünden. Rafael Ramírez sieht in derartigen Planspielen einen Rückfall in die »koloniale Vormundschaft«. Er bezeichnete Petrocaribe als wichtige Säule der »neuen geostrategischen Architektur, die durch die bolivarische Revolution und die südamerikanischen Länder« geschaffen werde.
Zu der am Freitag in Caracas eingetroffenen Unasur-Abordnung gehörten unter anderem die Außenminister Maria Angela Holguín (Kolumbien), Mauro Vieira (Brasilien) und Ricardo Patiño (Ecuador). Die Kommission unter dem Vorsitz von Generalsekretär Ernesto Samper analysierte die Situation im Land nach dem gescheiterten Putschversuch vom 12. Februar. Nach Gesprächen mit Vertretern der Regierung, des Obersten Gerichtshofs, der Generalstaatsanwaltschaft und des Oppositionsbündnisses MUD, forderte die Kommission die Regierungsgegner zur Einhaltung demokratischer Regeln, der Gesetze und der Verfassung des Landes auf. Bei einem Treffen mit Maduro hätten die Kommissionsmitglieder »besorgniserregende« Informationen über nationale und internationale Aktivitäten erhalten, die die demokratische Stabilität Venezuelas bedrohten, heißt es in einem am Sonnabend in Caracas verbreiteten Unasur-Kommunique, in dem zugleich versichert wird, dass »alle Mitgliedsstaaten« des Bündnisses »ohne Ausnahme«, jeden Versuch der Destabilisierung des »Bruderlandes« zurückweisen.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 09.03.2015