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»Yo soy Telesur«

Putschisten in Venezuela haben linken Fernsehsender als Ziel ausgemacht. Keine Reaktion westlicher Staatschefs zu Angriff auf Pressefreiheit.

Unter dem Titel »Yo soy Telesur« (Ich bin Telesur) hat der mexikanische Journalist und Kommunikationswissenschaftler Fernando Buen Abad am Wochenende in seinem Blog zur Unterstützung der Beschäftigten des gleichnamigen linken Nachrichten- und Fernsehsenders aufgerufen. Auch der lateinamerikanische Journalistenverband Felap (Federación Latinoamericana de Periodistas) forderte am Montag zur Solidarität mit den Kollegen in Venezuela auf. Grund für die Aktionen: Bei dem in der letzten Woche vereitelten Putschversuch hatten die ultrarechten Regierungsgegner auch die Telesur-Zentrale in der Hauptstadt des südamerikanischen Landes zu einem ihrer »taktischen Bombardierungsziele« erklärt.

Der geplante Bombenabwurf markiert den bisher dramatischsten Fall einer Reihe von Angriffen auf den lateinamerikanischen Kabel- und Satellitensender Televisión del Sur (Fernsehen des Südens), der am 24. Juli 2005, dem 222. Geburtstag Simón Bolívars, zum ersten Mal sein Programm ausstrahlte. Der auf Initiative der Revolutionsführer Fidel Castro und Hugo Chávez als Alternative zu globalen westlichen Mediengiganten, wie CNN oder CBS, geschaffene Sender, der sich selbst als »Stimme des Südens« bezeichnet, wird von lateinamerikanischen Medienmogulen und US-Politikern seit seiner Gründung attackiert. Am 15. April 2013, dem Tag nach der Wahl von Nicolás Maduro zum neuen Präsidenten Venezuelas, griffen bewaffnete, maskierte Regierungsgegner mehrere alternative Radio- und Fernsehstationen in verschiedenen Provinzen an, um sie zum Schweigen zu bringen. Auch die Telesur-Zentrale war Ziel wütender Attacken des rechten Mobs. Bei den von der Opposition provozierten gewalttätigen Ausschreitungen im Frühjahr des vergangenen Jahres richtete sich die Wut der Ultras ebenfalls gegen Journalisten und andere Mitarbeiter des Senders.

Nach dem erneuten, gescheiterten Putschversuch hatte Nicolás Maduro am Wochenende die US-Botschaft in Caracas beschuldigt, in die Umsturzpläne verwickelt zu sein (jW berichtete). Das passt ins Bild. Die beabsichtigte Bombardierung von Telesur entspricht der bekannten US-Strategie. Und das Ausschalten kritischer Medien gehört zum Standardrepertoire beim »Regimechange«. Bei den selbsternannten Hütern der Pressefreiheit in den USA, in Europa und in den Zentralen der privaten Medienkonzerne löst das in der Regel weder Abscheu noch Empörung aus. Als NATO-Bomber zum Beispiel am 23. April 1999 die Zentrale der staatlichen serbischen Radio- und Fernsehanstalt Radio Televizija Srbije (RTS) in Schutt und Asche legten und 16 Mitarbeiter töteten, schwieg die westliche Wertegemeinschaft dazu. Auch als die US-Luftwaffe Büros des TV-Kanals Al-Dschasira in Kabul (2001) und Bagdad (2003) bombardierte, hielt sich die Betroffenheit in Grenzen. Und als Telesur und Al-Dschasira etwas später ein Kooperationsabkommen vereinbarten, warnte der US-Abgeordnete Connie Mack vor »der Schaffung eines weltweiten Fernsehsenders für Terroristen«. Sein Hinweis wurde nicht nur von den Putschisten in Venezuela verstanden. Telesur gilt seitdem als mögliches Ziel bei einem Angriff durch die USA.

Obwohl Presse, Radio und Fernsehen in Venezuela noch immer von meist rechtslastigen privaten Medienkonzernen dominiert werden, sind die wenigen öffentlichen Sender und vor allem Telesur den Contras ein Dorn im Auge. Aus gutem Grund: In seinem Programm »Die Straße spricht« deckt er zum Beispiel regelmäßig auf, wie die Gegner der Regierung Maduro Güter verknappen und einen systematischen Wirtschaftskrieg gegen die Bevölkerung führen, um das Land zu destabilisieren. Mit seinem jetzigen Aufruf »Yo soy Telesur« will der Blogger Fernando Buen Abad das Engagement der Kollegen in Venezuela unterstützen und sie vor Angriffen in Schutz nehmen.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 19.02.2015