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Kalte Krieger auf Sendung

Trotz hoher Staatsverschuldung: USA lassen sich Medienhatz gegen Kuba weiterhin viel Geld kosten. Goldgräberstimmung für »unabhängige« Journalisten.

Radio und TV Martí
In den vergangenen 30 Jahren hat sich die US-Regierung den Propagandasender Radio und TV Martí mehr als 770 Millionen US-Dollar kosten lassen
Foto: jW Archiv


Wenige Wochen nachdem US-Präsident Barack Obama eine neue Politik gegenüber Kuba ankündigte, belegen Dokumente, dass Washington im Propagandakrieg gegen Havanna eher auf- statt abrüstet. Der US-Journalist Tracey Eaton listete am Samstag in seinem Blog »Along the Malecón« über 100 Verträge im Gesamtvolumen von rund einer Million US-Dollar auf, die das regierungseigene »Office of Cuba Broadcasting« (OCB) seit dem 17. Dezember 2014, dem Tag der Obama-Rede, abgeschlossen hat. Das in Miami angesiedelte OCB ist die Aufsichtsbehörde des speziell auf Kuba ausgerichteten US-Propagandasenders Radio und TV Martí.

Mit der – gemessen an dem kurzen Zeitraum – erheblichen Summe von Steuergeldern wird die Fortsetzung des Medienkrieges gegen die sozialistische Karibikinsel finanziert. Die von Eaton veröffentlichte Liste belegt neben Ausgaben für TV-Produktionen und Computerprogramme auch Zahlungen an Dutzende Autoren, Künstler und Darsteller, die der staatliche Propagandakanal bis Ende Januar 2015 für antikommunistische Aktivitäten angeheuert hat. Zahlreiche Firmen im Süden Floridas leben demnach von subversiven Kampagnen gegen die Regierung in Havanna, was zu einer absurden Vergeudung von Steuergeldern führt. Zum Beispiel zahlte die OCB allein in den letzten Wochen 8.233 US-Dollar (knapp 7.300 Euro) an die »Phoenix Air Group« für die Unterbringung des Flugzeuges »Aero Martí«. Die Maschine war angeschafft worden, um TV-Signale bis ins Zentrum Kubas zu übertragen. Da der Empfang dort jedoch gestört wird, bleibt »Aero Martí« seit Jahren am Boden. Trotzdem zahlte das OCB laut Eaton seit dem 1. Juni 2010 rund 4,1 Millionen US-Dollar (3,6 Millionen Euro) an die »Phoenix Air Group«. Dies sei nur ein Bruchteil des Jahresbudgets von 26,3 Millionen US-Dollar, die das OCB für subversive Propaganda erhält, um in Kuba einen Umsturz vorzubereiten. Und das in einer Zeit, in der sich die Staatsschulden der USA laut Schuldenuhr im Internet auf über 18 Billionen US-Dollar summieren, so der Journalist.

Auch Politikern in den USA sind diese horrenden Ausgaben ein Dorn im Auge. Am 28. Januar brachte die demokratische Kongressabgeordnete Betty McCollum aus Minnesota im Kapitol einen Gesetzentwurf ein mit dem Ziel, die staatliche Finanzierung von Radio und TV Martí zu beenden. Aus Sicht Havannas seien die Aktivitäten illegal und stünden dem von Obama angekündigten Entspannungsprozess im Wege. McCollum bezeichnete die Propagandasender als »nutzlose Relikte des Kalten Krieges« und kritisierte, dass US-Regierungen dafür in den letzten 30 Jahren über 770 Millionen US-Dollar (knapp 682 Millionen Euro) Steuergelder ausgegeben hätten.

Unter Obama wurde die Subversion noch verschärft. So leitete das OCB etwa im Jahr 2013 eine Kampagne zur Verbreitung der Radio und TV Martí-Programme über illegal nach Kuba eingeführte digitale Speichermedien ein. Woche für Woche werden dazu 1.000 DVDs, USB-Sticks und SMS-Mitteilungen mit US-Regierungspropaganda vor allem an Jugendliche und bekannte Systemgegner geschickt. Der zweiwöchentliche Newsletter El Pitirre geht an mehr als 75.000 E-Mail-Adressen. Außerdem lancierte das OCB das Projekt »Piramideo«: Auf seiner in Spanien angemeldeten Homepage stellt sich dieser speziell für Kuba entwickelte Dienst als »soziales Netzwerk« vor, das den einfachen Kontakt mit Freunden ermöglichen soll. Einmal über eine kostenlose Telefonnummer in Spanien registriert, kann der Teilnehmer über sein Mobiltelefon mit nur einer Verbindung eine nahezu unbegrenzte Anzahl von Empfängern mit einer SMS erreichen. US-Dienste erhoffen sich davon Mobilisierungen in der Größenordnung eines »arabischen Frühlings« auf Kuba.

Wie aus einem internen Bericht hervorgeht, hat das OCB zudem 2013 begonnen, sein Netz »unabhängiger Journalisten« auf der Karibikinsel auszuweiten. Für den langfristigen Erfolg der »Demokratie fördernden« Aktivitäten, heißt es unter der überschrift »Strategische Planung«, sei es nötig, Ressourcen von Miami nach Kuba zu verlagern, um die »journalistische« Zuarbeit von dort zu intensivieren. Als Teil dieser Strategie wird im gleichen Abschnitt die Verbreitung von Interviews mit »Führern der Dissidentenbewegung« empfohlen. Namentlich genannt werden auch die Systemgegner Yoani Sánchez, Berta Soler und Guillermo Fariñas, die neben anderen zu »Vertretern der kubanischen Zivilgesellschaft« aufgebaut werden sollen.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 05.02.2015