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Ansturm auf Havanna

US- und EU-Vertreter zu Verhandlungen in Kuba. Konservative in Brüssel und Wasnington wollen blockieren.

Einen Monat nach den als historisch bezeichneten Reden der Präsidenten Raúl Castro (Kuba) und Barack Obama (USA) über eine Normalisierung der Beziehungen ihrer Länder geben sich in Havanna Regierungsvertreter und Politiker der Vereinigten Staaten und Europas die Klinke in die Hand. als Vorhut der US-Delegation war am Sonnabend eine Gruppe Kongressabgeordneter der Demokratischen Partei unter der Leitung des Senators Patrick Leahy in der kubanischen hauptstadt eingetroffen. bis zu ihrer Abreise am Montag hatten die US-Politiker neben Vertretern der kubanischen Regierung ebenfalls Repräsentanten mehrerer europäischer Länder, daruner aus Norwegen und Spanien getroffen. Auch die bundesregierung, die bisher jede Annhäherung zwischen der EU und Kuba blockiert hat, scheint nicht als letzte auf den Normalisierungszug aufsprigen zu wollen. In der vergangenen Woche hielt sich eine Abordnung des Auswärtigen Amtes mit dem für Lateinamerika zuständigen Abteilungsleiter, Ministerialdirektor Clemens von Goetze, zu einem offiziellen Besuch in Havanna auf.

Die Gespräche zwischen den Regierungen der USA und Kubas sollen noch in dieser Woche im Konferenzzentrum »Palast der Konventionen« beginnen. am Mittwoch geht es den Planungen zufolge zunächst in eine neue Runde der seit 1995 alle sechs Monate durchgeführten Treffen zu Migrationsfragen. Konkret steht diesmal unter anderem das Thema »illegale Aus- und Einwanderung« auf der Agenda. In Miami kursieren Gerüchte, dass in der Obama-Administration über eine Aussetzung des 1966 verabschiedeten »Ley de Ajuste Cubano« nachgedacht wird. Nach diesem Gesetz erhalten , die - egal auf welche Art - US-amerikanisches Territoriumn Daueraufenthaltsrecht in den USA. Die Regelung so aus Kuba stimulieren, um das Land »auszubluten«, bereitet Washington mittlerweise aber größere Probleme als Havanna. Am Donnerstag beginnen dann die Gespräche über eine Wiederaufnahme der 1961 von der US-Regierung abgebrochenen diplomatischen Beziehungen. Die Verhandlungsgruppen werden von der Staatssekretärin im US-Außenministerium, Roberta Jacobson, und der Direktorin der Abteilung USA des kubanischen Außenministeriums, Josefina Vidal, geleitet.

Beide Delegationschefinnen können sich auf die Mehrheit der Bevölkerung in ihren Ländern stützen. In Kuba wird das Ende der Blockade seit über 50 Jahren gefordert. Und nach einer am Wochenende veröffentlichten Meinungsumfrage des Washingtoner Pew Research Center unterstützen in den USA 63 Prozent der Bürger eine Normalisierung der Bezihungen zu Kuba. Für eine Beendigung der Blockade sprechen sich sogar 66 Prozent der Befragten aus. Publikumswirksam hat die Obama-Administration am Freitag vergangener Woche einige der US-Restriktionen aufgehoben. So dürfen jetzt Baumeterialien und landwirtschaftliche Geräte nach Kuba geliefert werden, Reisen mit besonderer Begründung wurden vereinfacht und die Zahlung mit US-Kredit erlaubt. Die Wirtschafts-. Handels- und Finanzblockade und das grundsätzliche Reiseverbot für US-Bürger in die Inselrepublik erhält Washington jedoch weiter aufrecht. Die Aufhebung der Einschränkungen müsste vom Kongress beschlossen werden, in dessen beiden Kammern seit anfang Januar die Republikaner die Mehrheit der Stimmen haben.

Rund sechs Wochen nach Beginn der Verhandlungen Kubas mit den USA sollen bereits am 4. und 5. März auch die bereits am 30. april vergangenen Jahres begonnenen Gespräche über die Normalisierung der Beziehungen mit der Europäischen Union weitergeführt werden. Wegen der Erklärungen Obamas und Castros vom 17. Dezember war das ursprünglich für Dezember 2014 in Havanna geplante dritte Treffen auf diesen Termin verschoben worden. Wie das Online-Portal Amerika 21 berichtet, versuchen einige Abgeordnete der konservativen Mehrheit im europäischen Parlament, jede Entspannung zwischen der EU und Kuba mit dem Argument zu torpedieren, dass dort »Menschenrechte verletzt« würden. Das Portal zitiert dazu den portugiesischen Politiker Joao Ferreira von der Fraktion der Europäischen Linken: »Folter, grausame, inhumane oder entwürdigende Bestrafung, willkürliche Haftstrafen oder Verhaftungen, rassistische Diskriminierung, Arbeitslosigkeit, Hunger, Kinderarmut sowie fehlender Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung, Bildung und Kultur - ja, hier gibt es offenbar ein Menschenrechtsproblem. Aber nun können wir ja hoffen, dass das inspirierende kubanische Beispiel auch zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage in den USA führt.«


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 19.01.2015