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Nachrichten aus und über Kuba

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»Solidarität mit Kuba stärken«

Havanna führt Dialog auf Augenhöhe mit Washington. BRD muss Verhältnis zum Karibikstaat normalisieren. Ein Gespräch mit Hans Modrow.

Hans Modrow war vom November 1989 bis April 1990 Ministerpräsident der DDR, bis 1994 Abgeordneter des Bundestags, von 1999 bis 2004 Mitglied des Europaparlaments. Heute ist er Vorsitzender des Ältestenrats der Partei Die Linke.

Einige Medien bewerten die Freilassung der drei kubanischen Aufklärer in dieser Woche und die angekündigte Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Havanna und Washington als Geste des guten Willens von US-Präsident Barack Obama. Teilen Sie diese Beurteilung, oder sehen Sie andere Gründe dafür?

Wie schon in tiefsten Zeiten des Kalten Krieges ist guter Wille auf beiden Seiten erforderlich. Was sich bisher vollzog, war ein Gefangenenaustausch, der Obama innenpolitisch den Rücken freihält und für Raúl Castro viel Zustimmung in Kuba bringt. Wer – mit Vermittlung des Papstes, dem viel Dank gebührt – einen Weg zur Normalisierung sucht, braucht ständigen diplomatischen Austausch.

»Die Isolation Kubas hat nicht funktioniert«, sagte Obama in seiner Rede. Gleichzeitig verhängen die USA aber neue Sanktionen gegen Russland und Venezuela. Glauben Sie an eine Veränderung der US-Außenpolitik?

Die Isolation Kubas hat dem Land großen materiellen Schaden zugefügt, konnte aber das Ziel, den revolutionären Prozess in Kuba zu überwinden, nicht erreichen. Die USA haben sich in Lateinamerika mehr und mehr isoliert und fanden für ihre Blockade bei den Vereinten Nationen keine Zustimmung. Die neue Kuba-Politik der USA soll vor allem den eigenen Interessen dienen. Obama selbst hat ja zum Ausdruck gebracht, dass in der Außenpolitik die Methoden verändert werden, weil die bisherigen nicht effizient waren, die Ziele aber die gleichen bleiben. Die gegen Russland gerichteten Sanktionen tragen den Hauch des Kalten Krieges. Sie werden von der EU mitgetragen und als imperiale NATO-Politik mit militärischen Drohungen untersetzt. Venezuela soll zum schwächsten Glied in der Kette einer Linksentwicklung in Lateinamerika gemacht werden.

Kubas Präsident Raúl Castro hat in seiner Ansprache darauf hingewiesen, dass der wichtigste Punkt, nämlich die Blockade der USA gegen Kuba, nicht gelöst ist. Wie bewerten Sie Castros Rede, und wie könnte es jetzt weitergehen?

Raúl Castro ist ein erfahrener Politiker und ein Militärstratege. Er liebt Kuba und ist mit seinem Volk ganz eng verbunden. Die Freude über den Erfolg verbindet er mit dem Wissen um große Herausforderungen, die damit einhergehen. Die inneren Reformen für Stabilität behalten Vorrang. Mit der Möglichkeit, auf gleicher Augenhöhe mit den USA zu verhandeln, muss ein internationaler Dialog entstehen, an dem auch die deutsche Außenpolitik aktiv Anteil nehmen sollte.

Der russische Vizepremier Dmitri Rogosin warnte: »Nun werden sie Kuba in der Umarmung würgen.« Teilen Sie seine Skepsis?

Ich habe Dmitri Rogosin persönlich kennengelernt. Er war bereits in sowjetischen Zeiten in der Politik und außenpolitisch tätig. Ihm ist die deutsche Ostpolitik der 1970er und 1980er Jahre nicht fremd. Was mir aber noch bedeutender für seine Aussage erscheint: Er war auch einige Jahre Botschafter Russlands bei der NATO. Ich verstehe seinen Ausspruch als Sorge und als Aufforderung, jeden Schritt mit Bedacht zu gehen. Bei einem Gespräch im Frühjahr mit dem Ersten Stellvertreter des Außenministers in Kuba hatte ich den Eindruck, dass bei den Bemühungen um Normalität im Verhältnis zu den USA die von Rogosin benannten Gefahren nicht unbeachtet bleiben werden.

Im nächsten Jahr sollen die Verhandlungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen der EU und Kuba fortgesetzt werden. Die Bundesrepublik galt bisher als Bremser. Ändert sich das jetzt?

Die EU ist nicht von ungefähr in Bewegung gekommen. Die harte Front gegen Kuba war schon in einigen Mitgliedsstaaten am Bröckeln, als die ersten Verhandlungen begannen. Diese Länder verfolgten bei ihren Beziehungen zu Kuba eigene Interessen. Das machte zugleich sichtbar, dass Schritte zur Vertrauensbildung mit Kuba im Sinne der Völkergemeinschaft sind. Gerade am Beispiel Kuba wird sichtbar, wohin deutsche Außenpolitik führt, wenn sie sich ausschließlich an den USA und ihren Vorgaben orientiert, und wie schnell das Streben deutscher Politik nach Verantwortungsübernahme mehr als Machtpolitik und nicht vertrauensbildend zwischen den Völkern wirkt. Deutsche Außenpolitik wird Vertrauen zerstören, wenn sie sich nicht dem Streben nach Normalität im Verhältnis zu Kuba anschließt. In einem Gespräch mit einem ranghohen Vertreter des Außenministeriums in Berlin habe ich diese Position nachhaltig vertreten und hoffe, dass die neue Situation dort jetzt zu einer Überprüfung eigener Handlungen und zu eigenen Aktivitäten führt, um die Beziehungen zu Kuba zu verbessern.

Die Standhaftigkeit der in den USA inhaftierten Aufklärer, die Festigkeit der kubanischen Regierung und die weltweite Solidarität haben letzten Endes zur Freilassung der »Cuban Five« beigetragen. Was bedeutet das persönlich für Sie?

Mit Tausenden in der Bundesrepublik und mit Millionen in anderen Ländern habe ich mich für die Freilassung der »Cuban Five« eingesetzt. Der Kampf ging bekanntlich über Jahre. Ob in Havanna oder hier in Berlin hatte ich Gelegenheit, mich mit ihren Frauen oder Kindern zu treffen. Die Solidarität mit den fünf hat auch uns, die wir für sie eintraten, in unserem Engagement bestätigt. Die Freude über die Freilassung sollte unsere Solidarität mit Kuba stärken.

Hans Modrow und Volker jW-Autor Hermsdorf stellen auf der von junge Welt veranstalteten XX. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz am 10. Januar in der Berliner Urania ihr neues Buch »Amboss oder Hammer. Gespräche über Kuba« (Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2015, 436 Seiten, 16 Euro) vor.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Volker Hermsdorf
junge Welt, 20.12.2014