Nachrichten aus und über Kuba
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»Die Leute haben geweint«
Wie in Havanna die Nachricht von der Freilassung der »Miami Five« und des Neustarts der Beziehungen mit den USA aufgenommen wurde.
In Havanna machten am Mittwochvormittag kettenweise verschickte SMS darauf aufmerksam, dass Präsident Raúl Castro am Mittag eine »wichtige Ankündigung zu den Beziehungen zwischen Kuba und den USA« machen würde. Die meisten Kubaner ahnten da noch nicht, worum es gehen würde. Wegen des eingeschränkten Internetzugangs hatten nur die Wenigsten mitbekommen, dass Kuba am Morgen Alan Gross freigelassen hatte.
In olivgrüner Uniform, in der man ihn eher selten sieht, und vor einem Portät José Martí sitzend erschien Raúl Castro Punkt Zwölf auf allen Radio- und Fernsehkanälen Kubas gleichzeitig. In einer knappen Ansprache informierte er darüber, dass bei einigen bilateralen Fragen zwischen Kuba und den USA Fortschritte erzielt wurden.
Die drei bislang noch in US-Gefängnissen einsitzenden sogenannten »Miami Five«, Antonio Guerrero, Ramón Labañino und Gerardo Hernández, seien – wie von Fidel Castro im Juni 2001 versprochen – zurück in der Heimat. Die anderen beiden, René González und Fernando González, waren schon zuvor, nach Verbüßung ihrer Haftstrafen freigekommen und nach Kuba zurückgekehrt. Die Entscheidung Obamas verdiene den Respekt und die Anerkennung.
Man habe vereinbart, diplomatische Beziehungen aufzunehmen. »Das heißt aber nicht, dass das Entscheidende gelöst wäre. Die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die enorme menschliche und ökonomische Schäden ist unserem Land anrichtet, muss beendet werden,« forderte Castro. Er erkannte an, dass der US-Präsident dafür auf die Zustimmung des Kongresses benötige, Obama könne aber Einfluss darauf nehmen, wie die Blockade angewandt wird. Castro rief die US-Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, die die bilateralen Beziehungen verbessern. Obwohl tiefgreifende Differenzen in vielen Themen bestünden wiederholte er die Bereitschaft zum Dialog. »Die Fortschritte, die wir bereits erreicht haben, zeigen, dass es es möglich ist, Lösungen für viele Probleme zu finden«, so Castro.
Im kubanischen Parlament wurde die Nachricht von der Rückkehr der Fünf mit großem Jubel aufgenommen. Ein Erfolg Kubas, »ohne unsere Überzeugungen aufzugeben«, erklärte die Vorsitzende der Kommission für Außenbeziehungen der Nationalversammlung, Yolanda Ferrer, gegenüber Prensa Latina. Die kubanischen Medien würdigten vor allem die Hartnäckigkeit und Standhaftigkeit im Bemühen um die Freilassung von Antonio Guerrero, Ramón Labañino und Gerardo Hernández und lobten auch Obama für seine Entscheidung. René González berichtete, er habe Gerardo Hernández wie ein Baby in den Armen gelegen und geheult, überrascht von der Heftigkeit seiner Emotionen bei dem Wiedersehen.
»Ein historischer Tag. Ein lange erwarteter Wandel und dann kommt er so unerwartet«
»Die Leute haben geweint, sich umarmt, die Fernseher umarmt«, beschreibt die Rentnerin Gloria Rosina den entscheidenden Moment, »aber die Fünf sind zuhause.« »Ich konnte es kaum glauben«, sagt Conner Gorry aus New York, die seit 13 Jahren in Kuba lebt und in Vedado ein kleines Café betreibt. »Es ist ein historischer Tag. Ein lange erwarteter Wandel und dann kommt er so unerwartet.«
Ihre Familie habe sofort angerufen, alle seien ziemlich aufgekratzt. Ständig kommen Freunde und Nachbarn vorbei, um die Neuigkeiten zu kommentieren. »Vieles wird nun einfacher, die Reisen, die Geldüberweisungen«, sagt sie. »Alles wird sich verändern. Aber wie schnell?« Es klingt, als ob ihr auch ein bisschen bange davor ist. Fahd Miguel Pereira, der als Computertechniker sein Geld verdient, hätte Castros Rede beinahe verschlafen. »Dieser Tag wird unsere Leben markieren – in ein Vorher und ein Nachher.« Es sei, als habe ihm jemand ein schwere Last abgenommen. Pereira hofft, dass nun alles besser wird, die Kommunikation, die wirtschaftlichen Möglichkeiten… »Ich sehe so viele frohe Gesichter überall. Die Drei, die noch gefehlt haben, sind zurück und die Leute haben Lust zu feiern!«
Neues Deutschland, 18.12.2014