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Diskret statt geheim
USAID will subversive Aktivitäten anderen Diensten überlassen.
Wegen subversiver Aktivitäten gegen Regierungen, die den USA nicht genehm sind, ist die Entwicklungshilfebehörde USAID (United States Agency for International Development) weltweit in die Kritik geraten. In mehreren Ländern musste sie ihre Tätigkeit deshalb bereits einstellen. Nachdem auch US-Politiker unbequeme Fragen stellten und mit dem Verbot geheimer illegaler Aktionen drohten, trat die Agentur jetzt die Flucht nach vorn an. Sie bereite neue Regelungen vor, die künftig eine »transparente« Arbeitsweise garantieren und »gefährliche Undercover-Aktionen in feindseligen Ländern« verhindern sollen, erklärte USAID Anfang der Woche in einem offiziellen Kommuniqué. An den Zielen der US-Politik werde sich dadurch jedoch nichts ändern, stellte Außenministeriumssprecherin Jennifer Psaki am Montag vor der Presse klar. »Wir müssen phantasievolle Wege finden, um positive Veränderungen in Kuba zu befördern«, erklärte Psaki, deren Ressort die USAID untersteht, insbesondere mit Blick auf den sozialistischen Nachbarn.
Die im November 1961 auf Initiative vom damaligen Präsidenten John F. Kennedy gegründete USAID hat formal den Auftrag, die gesamten Aktivitäten der US-Außenpolitik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu koordinieren. Im laufenden Jahr hatte US-Präsident Barack Obama für die Organisation ein Budget von 20,4 Milliarden Dollar beantragt, offiziell für Personal, humanitäre Projekte und Hilfsgüter. Doch statt für Medikamente, Nahrungsmittel und warme Decken gibt die Agentur die Steuergelder der US-Bürger zunehmend dafür aus, in aller Welt unliebsame Regierungen zu destabilisieren. Seit Jahren wird USAID vorgeworfen, Spionage und politische Einflussnahme zu betreiben.
Für ihren Versuch, über das Textnachrichten-Projekt »ZunZuneo« eine Art »Arabischen Frühling« in Kuba auszulösen, hatte die US-Behörde Anfang des Jahres weltweit Kritik einstecken müssen. Als die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) dann im August enthüllte, dass die USAID lateinamerikanische Jugendliche angeheuert und unter dem Deckmantel angeblicher AIDS-Hilfeprogramme zur Rekrutierung von Systemgegnern illegal auf die sozialistische Karibikinsel geschickt hatte, platzte selbst US-Politikern der Kragen. Das untergrabe »die jahrelange Erfolgsgeschichte der USAID und ihren weltweiten Ruf als Hilfsorganisation in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bildung«, polterte der demokratische Senator Patrick Leahy als Vorsitzender des für die Kontrolle der USAID-Mittel zuständigen Unterausschusses des Senats. Der Politiker machte am Montag dieser Woche allerdings auch deutlich, worauf seine Kritik zielte. »Die Dissidenten in Ländern mit repressiven Regierungen, in denen die Menschenrechte verweigert werden, verdienen unsere Unterstützung«, erklärte Leahy und fuhr fort: »Aber die USAID ist eine Entwicklungsagentur und ihre Programme müssen offen und transparent sein, nicht versteckt und geheim. Nichts belegt dies dramatischer, als die andauernde Haft von Alan Gross in Kuba.«
Dessen Geschichte hatte am Sonntag auch die Tageszeitung New York Times in ihrem fünften Wochenend-Leitartikel zu Kuba in Folge aufgegriffen. Die Herausgeber kritisieren darin unter anderem die wiederholten Versuche der USAID, mit Geheimmissionen subversive Projekte zu organisieren. Die Zeitung verweist auf Gross, der im Auftrag der Agentur als Tourist getarnt versucht hatte, Kommunikationsgeräte für Agenten- und Spionagetätigkeiten nach Kuba zu schmuggeln und dort im Dezember 2009 verhaftet worden war.
Die neuen Regelungen, so heißt es nun in der USAID-Erklärung, sollten künftig die »Risiken für Projekte und die Sicherheit unserer Partner« stärker berücksichtigen. AP berief sich am Montag auf »Regierungsmitarbeiter, die mit den internen Diskussionen vertraut sind, aber nicht genannt werden wollen«, denen zufolge »risikoreiche Projekte zur Förderung der Demokratie« künftig von anderen »Dienststellen« des Außenministeriums oder der mit US-Regierungsgeldern finanzierten Organisation »National Endowment for Democracy« (NED) durchgeführt werden sollen. Psaki bestätigte auf Nachfrage von Journalisten, dass es eine Überprüfung der USAID-Programme gebe und darüber »nachgedacht« werde, risikoreiche Einsätze zu verlagern. Für konkretere Informationen sei es »noch zu früh«. Ihre Behörde werde sich aber auch in Zukunft sehr »kreativ für positive Veränderungen in Kuba« engagieren, so Psaki. Sie bestand allerdings darauf, derartige Aktionen nicht als »geheim«, sondern als »diskret« zu bezeichnen.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 13.11.2014