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Starker Partner
Rußlands Präsident Putin unterzeichnet zahlreiche Verträge mit Kuba. Überraschungsabstecher nach Nicaragua.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat auf seiner noch bis Mittwoch dauernden Lateinamerikareise eine Reihe neuer strategischer Partnerschaften geschmiedet. Zum Auftakt unterzeichnete er am Freitag in Kuba zehn zukunftsweisende Vereinbarungen. Nach einem außerplanmäßigen Abstecher nach Nicaragua besuchte Putin am Sonnabend Argentinien und traf am gestrigen Sonntag in Brasilien ein.
Die kubanischen Medien werteten den zwölfstündigen Aufenthalt am Wochenende bereits euphorisch als »historisches Ereignis«. Tatsächlich kann das Land mit den Ergebnissen der zweiten Visite Putins seit dem Jahr 2000 zufrieden sein. Kurz vor seinem Abflug aus Moskau hatte der Staatschef noch schnell das Anfang des Monats von der Duma beschlossene Gesetz unterzeichnet, mit dem der Verzicht auf 90 Prozent der Verbindlichkeiten Kubas gegenüber Rußland legalisiert wurde. Auch die Entscheidung, daß die restlichen zehn Prozent in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar in gemeinsame Projekte auf der Insel investiert werden sollen, kam in Havanna gut an. Die durch derart großzügige Gesten bereits im Vorfeld gestiegenen Erwartungen der Kubaner wurden nicht enttäuscht.
Neben einem einstündigen Austausch mit Revolutionsführer Fidel Castro und Gesprächen mit dessen Bruder, Präsident Raúl Castro, wurden in Anwesenheit der beiden Staatschefs zehn bilaterale Verträge über Kooperationsprojekte in den Bereichen Energieversorgung, Industrie, Infrastruktur und Gesundheitswesen unterzeichnet. Unter anderem wollen der russische Stromkonzern Inter Rao Export und sein kubanischer Partner Unión Eléctrica vier Blöcke für die Wärmekraftwerke »Máximo Gómez« und »Osthavanna« im Gesamtwert von umgerechnet 1,2 Milliarden Euro bauen. Vereinbart wurde auch die Errichtung von Bodenstationen für das russische Satellitennavigationssystem GLONASS auf Kuba, einer Alternative zum US-amerikanischen GPS. Weitere Investitionsvorhaben betreffen den Ausbau des neuen Tiefwasserhafens und Containerterminals in der Sonderwirtschaftszone Mariel und das Transportwesen. Vor seiner Abreise verurteilte Putin erneut die gegen den Inselstaat gerichtete US-Politik und versicherte: »Wir werden unsere kubanischen Freunde dabei unterstützen, die illegale Blockade der USA zu überwinden.«
Beim Abschied in Havanna kündigte der Gast eine Änderung seiner Reisepläne an. Als erster Staatschef Rußlands besuchte Putin Nicaragua, wo Präsident Daniel Ortega ihn auf dem Flughafen der Hauptstadt Managua begrüßte. Auch hier ging es unter anderem um die Genehmigung zum Bau von Basisstationen des GLONASS-Systems, die Zusammenarbeit im Bereich der Pharmakologie und eine Beteiligung Rußlands beim Bau des geplanten Kanals zwischen der Karibischen See und dem Pazifischen Ozean durch Nicaragua.
Obwohl es sein erster Besuch in Argentinien war, wurde der Kremlchef von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner am Sonnabend wie ein alter Freund begrüßt. Angesichts der Bedrohung des Landes durch US-amerikanische »Geierfonds« erinnerten Kommentatoren daran, daß Rußland in Lateinamerika nie als Aggressor, sondern immer als Partner aufgetreten sei. Auch am Sonnabend war es um Zusammenarbeit im Bereich der Atomenergie und engere Wirtschaftskooperationen gegangen. Außerdem wurde die terrestrische Ausstrahlung des Nachrichtensenders Russia Today über die staatlichen Fernsehkanäle vereinbart. Damit können 80 Prozent der Bevölkerung dessen spanischsprachige Sendungen künftig rund um die Uhr kostenlos empfangen.
Auf dem Gipfeltreffen der BRICS- Länder (Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika) in Brasilien, das am Dienstag in Fortaleza beginnt und Mittwoch in Brasília beendet wird, trifft er unter anderem auf seinen Amtskollegen Xi Jinping. Der chinesische Präsident startet dort ebenfalls zu einer Lateinamerikatour, auf der er auch Argentinien, Venezuela und Kuba besuchen will. Der stellvertretende Außenminister Li Baodong hatte gegenüber Journalisten bereits neue Wirtschaftsabkommen und eine stärkere Unterstützung »unseres Verbündeten«, Havanna, im Kampf gegen die US-Blockade angekündigt.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 14.07.2014