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Putin auf Reisen

Russischer Präsident besucht alte und neue Freunde in Lateinamerika. Stationen in Kuba, Argentinien und Brasilien.

Der russische Präsident Wladimir Putin ist am Freitag in Havanna eingetroffen, der ersten Station einer Reise durch mehrere Staaten Lateinamerikas, die in dortigen Medien bereits als »historisch« gefeiert wird. Um 5.30 Uhr Ortszeit wurde der Gast aus Moskau vom kubanischen Vizepräsidenten Miguel Díaz-Canel auf dem Flughafen der kubanischen Hauptstadt willkommen geheißen. Auf dem Plan standen einer Meldung der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina zufolge Gespräche mit dem kubanischen Präsidenten Raúl Castro sowie Kranzniederlegungen am Denkmal für Kubas Nationalhelden José Martí am Mausoleum der sowjetischen Internationalisten. In dieser Grabstätte wurden 67 Rotarmisten zur Ruhe gebettet, die während ihres Einsatzes auf Kuba ums Leben gekommen waren. In den vergangenen Tagen war in kubanischen Medien auch die Rede von einem Treffen Putins mit dem früheren kubanischen Staatschef Fidel Castro die Rede gewesen.

Am heutigen Sonnabend wird der russische Präsident in Argentinien erwartet, bevor er am Sonntag in Brasilien am Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft teilnehmen wird. Rußland richtet 2018 den nächsten World Cup aus. Höhepunkt und eigentlicher Anlaß der Tournee ist jedoch das Gipfeltreffen der BRICS-Gruppe (Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika), das am Dienstag und Mittwoch in Brasília und Fortaleza stattfinden soll.

Am Vorabend seiner Reise hatte sich Putin in Moskau den Fragen von Journalisten der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass und der Prensa Latina gestellt. Dabei hatte er die »vielschichtigen Verbindungen« zwischen Rußland und Lateinamerika hervorgehoben. So fühle er sich dem Kontinent »geistig sehr nahe« und hob Werke wie die mexikanische Wandmalerei, den »Muralismo«, die Gedichte Pablo Nerudas – der am heutigen Sonnabend 110 Jahre alt geworden wäre –, die Werke des kolumbianischen Autors Gabriel García Márquez sowie die Architektur des Brasilianers Oscar Niemeyer hervor.

Vor allem aber hat Rußland materielle und strategische Interessen in Lateinamerika. Der Kontinent sei reich an Bodenschätzen, hob Putin hervor und nannte neben anderen Rohstoffen Erdöl und Bauxit. Man sei daran interessiert, Allianzen mit den Staaten der Region zu schaffen und in Wirtschaftsbereichen wie Erdöl und Erdgas, Wasserkraft und Atomenergie zusammenzuarbeiten. Zudem beteilige sich Rußland an der Ausbildung von Antidrogeneinheiten der Polizei in Nicaragua und Peru. Den Ländern des Kontinents bescheinigte er, ihnen sei es gelungen, ein »nachhaltiges Modell demokratischer Entwicklung und wirtschaftlichen Wachstums« zu schaffen. Zudem würdigte Putin die Unterstützung Lateinamerikas für internationale Initiativen Moskaus, zum Beispiel zur Datensicherheit, für das Verbot der Stationierung von Waffen im Weltall sowie gegen die Glorifizierung des Nazismus. »Sie haben keine Lust mehr, das Spiel vom Teile und Herrsche mitzumachen«, so Putin.

Mit Blick auf Kuba räumte der russische Staatschef ein, daß sein Land in den 90er Jahren nach der Zerschlagung der Sowjetunion Einfluß verloren habe und durch andere Länder in mehreren Wirtschaftsbereichen überholt wurde. So habe Kanada Rußland aus dem Bergbau verdrängt, während die Europäer den kubanischen Tourismus entwickelt hätten. »Aber wir sind bereit, vergebene Chancen zurückzugewinnen«, versprach Putin. Kuba seit heute einer der wichtigsten Partner Rußlands in der Region. Das belege auch die Tatsache, daß Moskau im vergangenen Jahr 90 Prozent der Verbindlichkeiten, die Havanna noch aus der Zeit der Sowjetunion hatte, gestrichen habe. Die übrigen zehn Prozent – immer noch 3,5 Milliarden US-Dollar – würden in Kuba selbst investiert.

Wichtigster Partner Rußlands in Lateinamerika ist nach Ansicht Putins jedoch inzwischen Argentinien. Trotzdem stehe ein Beitritt des Landes zu den BRICS derzeit nicht zur Debatte, enttäuschte Putin in dem Interview am Donnerstag Hoffnungen, die in den vergangenen Wochen von argentinischen Medien geschürt worden waren. Es sei aus praktischen Gründen momentan nicht angebracht, den Kreis der BRICS-Staaten zu vergrößern. Eine solche »graduelle Erweiterung« sei für die Zukunft jedoch wahrscheinlich, vertröstete er.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

André Scheer
junge Welt, 12.07.2014