Nachrichten aus und über Kuba
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»Von Deutschland dominierte imperiale Macht«
Bundesparteitag der Linken: »Cuba Sí« will Internationalismus stärken und Klartext über die EU reden. Ein Gespräch mit Harry Grünberg
Als Arbeitsgemeinschaft der Partei Die Linke hat Cuba Sí noch nie einen Kandidaten für den Parteivorstand ins Rennen geschickt. Was hat Sie bewogen, am Wochenende auf dem Bundesparteitag anzutreten?
Wir diskutieren bei Cuba Sí, wie wir uns stärker als bisher in die Debatten über die strategische Ausrichtung unserer Partei einbringen können. Mit meiner Kandidatur wollen wir einen Beitrag zur Schärfung ihres Profils, besonders im Bereich der internationalen Solidarität leisten. Unserer Meinung nach ist dieser Ansatz im Parteivorstand nicht ausreichen repräsentiert. Ich möchte daran arbeiten, daß von der Partei mehr Initiativen in Richtung internationale Solidarität ausgehen. Diese Frage muß im Parteivorstand mehr Gewicht erhalten. Sie muß zur Querschnittaufgabe in allen Parteigliederungen, aber auch zu einem Arbeitsansatz im Vorstand werden.
Was meinen Sie konkret mit Stärkung des Internationalismus innerhalb der Partei?
Die Linke ist die Partei des Friedens und der internationalen Solidarität. Wir sollten das jedoch angesichts der aktuellen Krisen und Kriege in vielen Regionen der Welt deutlicher und nicht hinter vorgehaltener Hand zum Ausdruck bringen. Als Linke müssen wir uns gegen die neue imperiale Politik der EU und der USA stemmen. Wir müssen klarer sagen, daß die EU eine von Deutschland dominierte imperiale Macht ist, die nach einer herrschenden Rolle auf der Welt strebt. Die heutige Konfliktlinie verläuft zwischen EU und USA auf der einen und den BRICS-Staaten Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika auf der anderen Seite. Wir müssen als Partei Solidarität mit den Ländern üben, die einen eigenständigen Entwicklungsweg gehen wollen. Das schließt Rußland und China mit ein, auch wenn ihre Innenpolitik oft zu kritisieren ist – sie leisten einen positiven Beitrag im Kampf für eine multipolare Welt. Sie sind wichtige Partner für die fortschrittlichen Länder Lateinamerikas, die uns zeigen, daß eine andere Welt als die der neoliberalen Globalisierung möglich ist.
Dieser Prozeß wäre ohne die kubanische Revolution undenkbar. Kuba genießt ein hohes Ansehen unter den lateinamerikanischen Linken. Unberechtigte Kritik an Kuba oder Venezuela, besonders von linken Parteien aus den imperialen Metropolen, wird dort sehr kritisch gesehen. Wir müssen eine Form finden, wie die Partei als Ganzes aus den Erfahrungen der Linken in Lateinamerika lernen kann – und einen Beitrag zur Diskussion über den Sozialismus im 21. Jahrhundert leisten.
Cuba Sí wird aber häufig nur als humanitäre Hilfsorganisation innerhalb der Partei gesehen. Zu Recht?
Natürlich ist eine unserer Stärken die Realisierung vieler Projekte auf Kuba, die besonders im Bereich der Landwirtschaft wichtige Hilfen leisten. Diese Arbeit ist für Cuba Sí auch in Zukunft wichtig. Aber wir haben auch einen politischen Anspruch. Wir verstehen uns als internationalistische und konsequent antiimperiale Strömung innerhalb der Partei- und als Solidaritätsbewegung für die linken Regierungen der ALBA-Staaten in Lateinamerika. Was die Unterstützung für Kuba angeht, haben wir einiges erreicht. Die für Venezuela müssen wir aufbauen.
Auf dem Hamburger Parteitag verzichtete Die Linke auf eine Präambel, in der von Europa als imperialer Macht die Rede war. Wenige Monate später verschärfte die EU ihren Kampf um die Ukraine. Hat die Linke letztlich die Europäische Union schöngeredet?
Die Linke muß sich nach den jetzigen Erfahrungen im Kampf um die Ukraine kritischer mit der EU auseinandersetzen. Sonst werden wir unserer internationalistischen Pflicht nicht gerecht. Die EU hat wirtschaftliche und geostrategische Interessen, die sie in Syrien und jetzt in der Ukraine geltend macht. Weil sie einen großen neuen Markt, besonders für das deutsche Kapital verspricht, verschärfte die EU 2013 ihren Kampf um die Ukraine. Für die aktuelle Krise dort sind EU, USA und NATO verantwortlich. Internationale Solidarität heißt auch, sich der antirussischen Hetze zu widersetzen. Wir werden künftig noch viel stärker mit der hegemonialen Politik der EU und Deutschland konfrontiert sein. Destabilisierung und Interventionspolitik beginnen und enden nicht mit der Ukraine. Die Militarisierung der Außenpolitik und Interventionen neokolonialen Zuschnitts werden zunehmen.
Veröffentlichung |
Interview: Markus Bernhardt
junge Welt, 09.05.2014