Nachrichten aus und über Kuba
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Per Traktor nach Havanna
Internationalistische Demonstrationen am 1. Mai auf Kuba. Gewerkschafter solidarisieren sich mit venezolanischen Arbeitern.
Die frühen Morgenstunden dieses 1. Mai waren in Kuba vermutlich die verkehrsreichsten des Jahres. Kurz nach Mitternacht hatten sich im ganzen Land bereits die ersten Busse mit den Teilnehmern der Demonstrationen zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse auf den Weg gemacht. In ländlichen Gebieten waren auch zahlreiche LKW, Traktorengespanne und sogar Pferdefuhrwerke unterwegs, auf deren Ladeflächen Arbeiter und Bauern mit Spruchbändern, Plakaten und Fahnen in den Händen, singend gegen die Frische der Nacht und ihre Müdigkeit ankämpften. Er wünsche sich, daß die Plätze am 1. Mai von Demonstranten überschwemmt werden, hatte Kubas Präsident Raúl Castro in den letzten Tagen gesagt, sicher auch in der Erwartung, daß eine große Beteiligung als Zustimmung zu dem zentralen Motto »Einheit und Effizienz für unseren Sozialismus« gesehen würde.
Mit den Ausrufen »Es lebe die Revolution!« und »Es leben die Arbeiter Kubas und der ganzen Welt!« eröffnete der Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes CTC, Ulises Guilarte de Nacimiento, um 7.30 Uhr Ortszeit die Maidemonstration in Havanna. Kurz vor dem Kampftag hatte der Gewerkschafter erklärt, daß die Zahl der Anmeldungen in vielen Orten die Erwartungen bereits erfüllt oder übertroffen hatten. Er wertete das auch als Erfolg der Mobilisierung für eine Steigerung von Produktivität und Einkommen, die auf dem XX. CTC-Gewerkschaftstag im Februar beschlossen worden war.
In der Hauptstadt Havanna wurde der Marsch von Mitarbeitern des öffentlichen Gesundheitswesens angeführt, darunter die Beschäftigten des weltweit bekannten neurologischen Rehabilitationszentrums CIREN, die ein Transparent mit der Losung »Die Arbeiter sind einig in der Konstruktion des Sozialismus« vorantrugen. Neben den weißen Kitteln und Uniformen prägten die Fahnen der 68 Länder, in denen zur Zeit über 40000 kubanische Medizinbeschäftigte Hilfsprogramme durchführen, das Bild des ersten Demoblocks.
Der stundenlange Zug vorbei an den Repräsentanten von Gewerkschaften, Staat, Regierung und Partei sowie zahlreichen internationalen Gästen auf dem Platz der Revolution bot ein Bild der kulturellen Vielfalt Kubas und der unzähligen Besucher aus allen Teilen der Welt. Salsa- und Rumbaklänge wechselten sich ab mit Sprechchören von Gewerkschaftern und Vertretern sozialer Bewegungen aller Kontinente. Das Multikulturelle ist seit Jahren ein Merkmal der kämpferischen aber auch fröhlichen Maidemonstrationen in Kubas Hauptstadt. Offiziell hatten CTC und andere Verbände rund 1760 führende Gewerkschaftsvertreter und Repräsentanten sozialer Organisationen von 687 Verbänden aus 68 Ländern als Ehrengäste eingeladen. Auf den Straßen und Plätzen Havannas kamen dazu Tausende Teilnehmer aus mindestens ebenso vielen oder mehr Ländern.
Am heutigen Freitag sind Delegationen und Gäste aus aller Welt zu einem »Internationalen Treffen der Solidarität mit Kuba« in den Kongreßpalast der Hauptstadt eingeladen. Neben Informationen über die aktuellen wirtschaftlichen Veränderungen in Kuba steht dieses Treffen vor allem im Zeichen der Unterstützung des Kampfes der venezolanischen Arbeiter und ihrer Gewerkschaften. Am Wochenende findet am Sitz des CTC in Havanna das sechste Treffen von Gewerkschaftern aus »Unserem Amerika« statt, auf dem Aktionspläne gegen neoliberale Tendenzen auf dem Kontinent vereinbart werden sollen.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 02.05.2014