Nachrichten aus und über Kuba
Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.
Freude mit bitterem Beigeschmack
Fernande González ist wieder in Havanna.
Lynn, 20, und Anna, 21 Jahre, sind seit Mitte Januar an der CUJAE, der Technischen Universität in Havanna, an der im Sommer 2013 auch die SDAJ-Brigaden gearbeitet haben. Dort lernen sie Spanisch und beschäftigen sich von Anfang an mit den "Cuban Five", in Kuba als "Los Cinco" bekannt, um in Deutschland zur Solidaritätsarbeit beitragen zu können. Wir klopfen an die Bürotür von Julián, er telefoniert und winkt uns herein. Er sagt noch schnell einige Sätze, legt den Hörer weg und sagt nur: "él está" - Fernando ist da.
Julián Gutiérrez Alonso arbeitet seit Anfang des Prozesses gegen Los Cinco, also seit Ende 2000, für deren Freilassung. Es fing damit an, in der CUJAE Solidarität zu wecken und entwickelte sich bis heute zu einem Netzwerk von über 8 000 Aktiven in 85 Ländern. Aus diesem Büro in der CUJAE organisiert Julián täglich den Austausch innerhalb der Bewegung und mit den Fünf, sowohl durch das Netzwerk "Casa de los Cinco" als auch vor Ort durch einen auch nach 13 Jahren immer noch anschwellenden Strom von Aktivitäten. Julián sieht sich als "einfachen Kubaner, der sein ganzes Leben der Revolution gewidmet hat". "Fernando está." Kein Freudensprung folgt dieser Bemerkung, Julián erklärt die Widersprüchlichkeit seiner Gefühle: Die Freude über die Rückkehr ist dadurch getrübt, dass die Entlassung nicht als Erfolg gewertet werden kann, da "wir nicht die Kraft hatten, die Haft auch nur um einen einzigen Tag zu verkürzen." Formal gesetzmäßig erfolgte die Überführung von Fernando in die Abschiebehaft, Handschellen trug er bis zum Betreten kubanischen Bodens. Eine tiefe Erniedrigung Kubas und ein grauenvoller Ausblick bezüglich der verbleibenden Haftzeit von Gerardo, Antonio und Ramón. Am Flughafen empfing ihn dann die politische Führung Kubas gemeinsam mit Rene und allen Angehörigen der Fünf. Fernando meint, dass der heutigen "unermesslichen Freude noch ein Stück fehlt" und dass es die Aufgabe sein wird, alles zu tun, damit Gerardo, Antonio und Ramón so schnell wie möglich zurückkehren. Dann wäre "die Freude vollkommen …"
Auch für Julián ist es nun wichtig, sich und anderen zu verdeutlichen, warum gerade dieser Fall - auch gegenüber denen anderer politischer Gefangener - besonders wichtig ist. "Kuba ist die Hoffnung auf eine bessere Welt; wenn wir Kuba verlieren, verlieren wir die Zukunft." Kuba zeigt seit 1959 als Land der dritten Welt und als Land Lateinamerikas, dass Widerstand gegen die aggressivsten Ausdrücke des US-Imperialismus möglich ist - von der Invasion in der Schweinebucht 1961 über die Wirtschaftsblockade bis hin zum Terror aus Miami und den Cuban5. Wie kann die Solidarität aus Deutschland aussehen, fragen wir. Julián erinnert sich an die Worte Renés: "Es liegt an uns, die Gefangenschaft für die USA unprofitabel zu machen." Bis zu diesem Punkt muss der politische Druck der internationalen Bewegung erhöht werden. Wir müssen herausfinden, wie wir den Fall auch in Deutschland vermitteln können, Leute begreifen lassen und zum Kämpfen bringen. "Ob der Fokus dabei auf den rechtlichen Argumenten, auf den menschlichen oder auf denen der grundlegenden Solidarität zu Kuba liegen muss, unterscheidet sich in allen Ländern, in allen Kulturen, im Umfeld eines/r jeden", sagt Julián. Dazu mitgeben kann er uns ein Stück der kubanischen Hingabe an den Fall, die man überall spürt. Es sind nicht nur drei Gefangene, die es aus der Willkür zu befreien gilt, es sind weiterhin die Fünf und ihr Leben für die kubanische Revolution und für die weltweite Hoffnung auf eine bessere Welt, die wir verteidigen müssen. Fernando está - der Kampf geht weiter.
Unsere Zeit, 07.03.2014