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Kuba diskutiert Veränderungen

Wirtschaftsmodell und Einkommensverteilung Themen bei Gewerkschaftskongreß.

Mit der Wahl des neuen Generalsekretärs Ulises Guilarte de Nacimiento ist am Sonnabend (Ortszeit) in Havanna der dreitägige XX. Kongreß des kubanischen Gewerkschaftsdachverbandes CTC (Central de Trabajadores de Cuba) zu Ende gegangen. An der Abschlußsitzung im Veranstaltungszentrum »Palacio de Convenciones« hatten auch Präsident Raúl Castro und dessen Stellvertreter José Ramón Machado Ventura und Miguel Díaz-Canel teilgenommen. Die Delegierten verabschiedeten am Sonnabend eine Solidaritätserklärung mit den Werktätigen in Venezuela, deren Arbeitsbedingungen, Mitbestimmungsrechte und fortschrittliche Arbeitsgesetze durch die Gewaltakte und den Putschversuch faschistischer Anhänger der alten Oligarchie akut bedroht seien.

In den Tagen zuvor hatten die 1200 Repräsentanten der 17 Einzelgewerkschaften in vier Arbeitsgruppen und einer abschließenden Plenarsitzung eine umfangreiche Tagesordnung bewältigt. Zu den diskutierten Themen gehörten unter anderem die Situation der Beschäftigten in den Betrieben und Genossenschaften nach der Einführung neuer Wirtschaftsformen, die Zukunft der Arbeit und der Arbeitsplätze bei der weiteren Aktualisierung des Wirtschaftsmodells, der Kampf gegen Korruption, Verstöße und soziale Disziplinlosigkeit in Betrieben und Arbeitsstätten und die Einkommensgestaltung. Nach Berichten der Gewerkschaftszeitung Trabajadores zog sich das Thema »Einkommen« wie ein roter Faden durch alle vier Arbeitsgruppen. Zahlreiche Delegierte beklagten, daß die ohnehin geringen Einkommen nicht mit der Entwicklung der Preise vor allem bei Nahrungsmitteln mithielten. Dazu hatten Vertreter aus der Landwirtschaft und von Betrieben der Nahrungsmittelproduktion über Möglichkeiten referiert, die Preise dadurch senken zu können, daß mehr Lebensmittel im Land produziert werden. Guilarte unterstützte die Forderung nach Einkommenssteigerungen, wies zugleich aber darauf hin, daß der Schlüssel dafür eine Steigerung der Produktivität sei: »Es wird nur möglich sein, die Einkommen der Beschäftigten zu erhöhen, wenn der Betrieb die Steigerungen finanzieren kann«, so der neugewählte Vorsitzende.

Der Vorsitzende der Kommission für die Umsetzung der Leitlinien zur Aktualisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, Marino Murillo, hatte die Gewerkschafter am Freitag auf die demnächst anstehenden Neuerungen eingestimmt. »Von jetzt an erwarten uns in den kommenden Jahren die schwierigsten und schwerwiegendsten Änderungen«, sagte Murillo und nannte unter anderem die Beseitigung der Doppelwährung. Diese sei allerdings nicht das hauptsächliche geldpolitische Problem. Das bestehe vielmehr darin, in Kuba ein Finanzsystem zu schaffen, in dem die Währung einen echten Wert habe und damit reale Kaufkraft besitze. Als weiterer Punkt müsse die »Gleichmacherei« verschwinden. »Der Lebensstandard muß von der geleisteten Arbeit abhängen«, erklärte der Wirtschaftsexperte, denn Arbeit müsse die wichtigste Einkommensquelle sein, und »das ist heute bei uns nicht so«. Er betonte, daß die Voraussetzung für eine Absenkung der Preise ebenfalls die Erhöhung der Produktivität sei. »Um Reichtum zu verteilen, muß er erst einmal geschaffen werden«, mahnte auch Präsident Castro.

Murillo warnte weiter davor, die Auslandsverschuldung weiter zu steigern. Eines der strukturellen Probleme der kubanischen Wirtschaft sei der hohe Verbrauch von importiertem Öl zur Erzeugung elektrischer Energie. Murillo kündigte daher an, daß Kuba bis zum Jahr 2030 rund 20 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen gewinnen wolle. Dazu seien Investitionen von drei Milliarden US-Dollar vorgesehen. In den vergangenen Jahren hatte das Land bereits die Stromerzeugung aus Windkraft, Solarenergie- und Biogasanlagen massiv vorangetrieben. Für die von Murillo angekündigten Großvorhaben wird Kuba aber auf ausländische Investoren angewiesen sein. Vermutlich im Zusammenhang mit den jetzt bekanntgewordenen Planungen hatte Präsident Raúl Castro schon auf der letzten Parlamentssitzung im Dezember eine Sondersitzung der Volksvertretung für den kommenden März angekündigt, in der ein neues Gesetz zur Erleichterung ausländischer Investitionen verabschiedet werden soll, das die aus dem Jahr 1996 stammenden derzeitigen Regelungen ablöst.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Volker Hermsdorf
junge Welt, 24.02.2014