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Kuba reformiert Arbeitsrecht
Privatwirtschaft und Genossenschaften reguliert. Plan für 2014 verabschiedet.
Auf der letzten Parlamentssitzung des Jahres haben die 614 Abgeordneten der kubanischen Nationalversammlung am Freitag und Samstag (Ortszeit) in Havanna ein neues Arbeitsgesetz und die Eckdaten des Wirtschaftsplans für das kommende Jahr verabschiedet. Eine Reform des noch aus den 80er Jahren stammenden Arbeitsrechtes war angesichts der Veränderungen in der kubanischen Wirtschaft überfällig. Das neue Gesetz soll etwa dem Anwachsen des privaten Sektors, den neuen Genossenschaftsmodellen in der Landwirtschaft, im Transport und anderen Bereichen sowie der Eigenverantwortung staatlicher Betriebe Rechnung tragen. Ursprünglich hatte es bereits vor Monaten in Kraft treten sollen, der Entwurf war jedoch nach Diskussionen in Betrieben, auf Gewerkschaftsversammlungen und in den politischen Gremien auf lokaler und Provinzebene immer wieder verändert worden.
Der Vorsitzende des ständigen Parlamentsausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen, José Luis Toledo, berichtete am Mittwoch, daß das Gesetz vor der Debatte der Abgeordneten in 69056 Belegschaftsvollversammlungen, an denen rund 2,8 Millionen Beschäftigte teilgenommen hatten, vorgestellt und diskutiert worden war. Im Laufe des Prozesses seien insgesamt 101 Artikel verändert und 28 neue Regelungen aufgenommen, der Abschnitt über Aufgaben und Rechte der Gewerkschaften komplett überarbeitet und neu gefaßt worden. Der Gewerkschaftsdachverband CTC (Central de Trabajadores de Cuba) sei in allen Phasen beteiligt gewesen, sagte Ulises Guilarte, Vorsitzender des Organisationskomitees für den vom 20. bis 22. Februar 2014 in Havanna einberufenen XX. CTC-Kongreß. Gegen Ende der Parlamentssitzung kündigte der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrats, Marino Murillo, am Samstag an, daß bis 2015 ein Langzeitplan für die Weiterentwicklung der kubanischen Wirtschaftsmodells bis zum Jahr 2030 fertiggestellt werden soll. Dies sei Teil des Aktualisierungsprozesses zum Aufbau eines »wohlhabenden und nachhaltigen Sozialismus«.
Am Donnerstag hatte der Ministerrat sich unter dem Vorsitz von Präsident Raúl Castro mit dem Wirtschaftsplan und dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2014 beschäftigt, dem wichtigsten Punkt neben dem neuen Arbeitsgesetz. Nach den Berichten wird das für dieses Jahr erwartete Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) mit voraussichtlich 2,7 Prozent nicht nur deutlich unter den ursprünglich anvisierten 3,6 Prozent, sondern auch unter der noch im Herbst veröffentlichten Prognose von 3,0 Prozent liegen. Für das Jahr 2014 sieht der Plan eine Steigerung des BIP um 2,2 Prozent vor. Die Zahl war nach unten korrigiert worden, weil für Kubas wichtigste Exportprodukte (Nickel und Zucker) fallende Preise am Weltmarkt zu erwarten sind, während gleichzeitig mit weiter steigenden Ausgaben für importierte Nahrungsmittel gerechnet werden muß. Um die Verluste im Rahmen zu halten, wollen die Planer in Havanna versuchen, in einigen Sektoren überdurchschnittliche Produktivitätszuwächse zu realisieren. Der Plan für 2014 sieht unter anderem Steigerungen von 17,5 Prozent in der Zuckerproduktion, sieben Prozent in der Landwirtschaft insgesamt und knapp neun Prozent im Hotel- und Gastronomiebereich vor. Investitionen sollen vor allem in Bereichen erfolgen, die zur Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz beitragen, Exporte generieren oder die Einsparung von Energie und Ressourcen ermöglichen. Der Ministerrat bekräftigte erneut, daß Angebote und Leistungen bei Bildung, Gesundheit, sozialer Fürsorge und Betreuung im gleichen Umfang wie bisher beibehalten werden. Allerdings soll überprüft werden, wie der Mitteleinsatz in diesen Bereichen effizienter erfolgen kann, um die Qualität zu erhöhen.
Vor Beginn der Vollversammlung hatten die Parlamentarier sich am Mittwoch in den vor einem halben Jahr eingerichteten zehn ständigen Arbeitskommissionen mit Realisierung und Planung weiterer Projekte beschäftigt. Auf der Agenda standen dabei unter anderem die vorgesehene Modernisierung des Strafgesetzbuchs und die damit verbundene Aktualisierung der Strafprozeßordnung, die Gründung weiterer Transportkooperativen zur Verbesserung des Nahverkehrs, Vorhaben zur Energieeinsparung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und sozialer Disziplinlosigkeit.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 23.12.2013