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Dumm gelaufen

US-Behörde schickt Informationen über konterrevolutionäre Agenten in Kuba unverschlüsselt nach Havanna.

Durch einen Fehler der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) sind Details über ein millionenschweres Programm zur Destabilisierung Kubas bekanntgeworden. Wie nordamerikanische Medien am Montag berichteten, hatten Behördenmitarbeiter interne Dokumente mit Informationen über geplante Aktivitäten und Kontaktpersonen in Kuba an die US-Interessenvertretung in Havanna (SINA) geschickt. Irrtümlich sei dazu aber eine nicht verschlüsselte Verbindung benutzt worden.

Nach den Berichten hatte die USAID am 10. Juli ein »Hilfsprogramm« für die »demokratischen Kräfte gegen das kommunistische Regime« aufgelegt, für das in den nächsten drei Jahren sechs Millionen US-Dollar fließen sollten. Konkretes Ziel sei die Unterstützung von künftigen Oppositionsführern, ihre Ausbildung, das Trainieren ihrer technischen Fähigkeiten und die Finanzierung ihrer Auslandsreisen. Die US-Nachrichtenagentur UPI berichtete, daß sich bis zum Meldeschluß am 9. August insgesamt 20 Organisationen beworben hatten. Diese dokumentierten in den Schreiben ihre Verbindungen zu Personen in Kuba, beschrieben deren Fähigkeiten und legten teilweise komplette Aktionspläne vor. All dies schickte die USAID dann unchiffriert an die SINA in Havanna.

Das ganze sei »eine unvorstellbare Dummheit«, zitierte die den ultrarechten Exilkubanergruppen in Miami nahestehende Tageszeitung Nuevo Herald einen Betroffenen. Der Vertreter einer Organisation, die auf einen Teil der Millionen hoffte, hatte dem Blatt zufolge in einer 200 Seiten starken Dokumentation seine jahrelangen Aktivitäten für die USAID in Kuba, die Namen möglicher »Rekruten« und Orte, an denen sie ausgebildet werden könnten, minutiös aufgelistet. Systemgegner in Kuba und ihre Hintermänner in den USA befürchten nun, daß diese Informationen den Sicherheitsbehörden der sozialistischen Inselrepublik wichtige Hinweise auf Verbindungen, Organisationsstrukturen und die finanzielle Ausstattung der Contras liefern. Auch eine strafrechtliche Verfolgung der aufgeflogenen Agenten wird für möglich gehalten.

In Kuba sind die subversiven Aktivitäten der angeblichen Entwicklungshilfebehörde und der SINA-Diplomaten allerdings seit Jahren bekannt. »Zwischen Dezember 1996 und dem Jahr 2004 hat die US-Regierung über die USAID mehr als 34 Millionen Dollar an 25 konterrevolutionäre Gruppen verteilt«, berichtete die kubanische Journalistin Norelys Morales am Dienstag in ihrem Blog IslaMía. Im Dezember 2009 war der USAID-Agent Alan Gross, der jahrelang technische Ausrüstungen wie Satellitentelefone illegal ins Land geschafft hatte, auf dem Flughafen von Havanna verhaftet worden. Im März 2011 wurde er wegen »Handlungen gegen die Unabhängigkeit und Integrität des nationalen Territoriums« zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Seitdem läßt sich die US-Behörde von allen »Mitarbeitern im Außendienst« schriftlich bestätigen, daß sie »nicht für irgendwelche Nachteile oder Schäden von Personen, die für die USAID nach Kuba reisen, verantwortlich gemacht« werden könne.

Trotzdem bekamen die dort Zuständigen nach der jüngsten Panne offenbar kalte Füße. Ende August teilten Mitarbeiter der Behörde allen Bewerbern um den Sechs-Millionen-Etat telefonisch mit, daß ihre Dokumente über einen unsicheren Weg nach Havanna geschickt worden seien und die kubanischen Behörden somit vermutlich sämtliche Pläne kennen würden. Wer das Risiko nun als zu hoch einschätze, könne deshalb seinen Antrag zurückziehen. Wenig später habe die USAID dann aber ohnehin alle Anträge als »zu dürftig« abgelehnt, berichtete der Nuevo Herald. Er schrieb allerdings nicht, wie die Behörde ihr Sechs-Millionen-Projekt jetzt umsetzen will.

Die Aktivitäten der sich als Hilfsorganisation ausgebenden Agentur richten sich nicht nur gegen Kuba. Im September 2012 hatte die Regierung in Moskau deren Vertretern wegen »illegaler Einmischung in innere Angelegenheiten« jede weitere Tätigkeit in Rußland untersagt. Im Mai dieses Jahres warf dann Bolivien die als Helfer getarnten Agenten wegen »Spionage und Verschwörung« aus dem Land. Die Mitglieder des Regionalbündnisses ALBA wollen nun gemeinsam gegen die US-Behörde, die als Vorfeldorganisation der CIA gilt, vorgehen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 22.11.2013