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Nachrichten aus und über Kuba

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Ein Arzt für 133 Kubaner

Debatten um die weitere Verbesserung des Gesundheitssektors.

In Kuba stehen derzeit Effizienz und Nachhaltigkeit des Gesundheitssektors auf dem Prüfstand. Die kostenlose medizinische Versorgung ist in dem karibischen Inselstaat ein Verfassungsrecht, dem die Bevölkerung hohe Priorität einräumt. Als Reaktion auf eine Rede von Staatschef Raúl Castro vom 26. Juli kamen von vielen Seiten Vorschläge zu einer Optimierung des öffentlichen Gesundheitssektors. Auch die Debatten über künftige Leitlinien der Sozial- und Wirtschaftspolitik brachten weitere Empfehlungen.

Thematisiert wurde die Verschlechterung des Zustandes vieler Krankenhäuser und der Mangel an medizinischem Fachpersonal. »Seit etwa zehn Jahren ist die Öffentlichkeit mit vielen Dingen unzufrieden«, räumt Emilio Delgado, der Leiter der Behörde für medizinische Grundversorgung, ein. In dieser Zeit sei das Gesundheitswesen umstrukturiert worden, um sich internationalen Standards anzupassen.

Kubas Gesundheitsversorgungssystem gilt als eines der gerechtesten der Welt. Ein Fundament sind die Familienpraxen, die den kubanischen Familien eine grundlegende Basisversorgung gewährleisten. Schwerere Leiden werden in Allgemein- und Spezialkrankenhäuser behandelt.

Doch im Rahmen der seit 2010 durchgeführten Reformen zur Modernisierung des sozioökonomischen Modells Kubas wurden die Ausgaben und Stellen im gesamten öffentlichen Gesundheitswesen gekürzt. Waren im Gesundheitsbereich 2009 rund 582500 Menschen beschäftigt, davon 69 Prozent Frauen, sank die Zahl bis Juli dieses Jahres auf etwa 486000. Den eingesparten Beschäftigten wurden alternative Arbeitsmöglichkeiten angeboten.

Als Fortschritt hebt Delgado die Verdopplung der Hausarztpraxen auf derzeit 11 500 seit 2010, die Investitionen in den Wiederaufbau von Hospitälern und den Einsatz neuer Technologien hervor. »Die Änderungen verfolgen drei Ziele«, erklärte Delgado. »Zum einen geht es um mehr Effizienz und Nachhaltigkeit. So sollen die gleichen Leistungen zu besserer Qualität und niedrigeren Kosten angeboten werden. Wir wollen unsere Gesundheitsindikatoren erhalten und die Bevölkerung zufriedener stimmen.«

Offiziellen Quellen zufolge wurden im Gesundheitsbereich in den vergangenen Jahren mehr Fachkräfte eingestellt und teurere Geräte angeschafft. Dies habe zu einem deutlichen Anstieg der Kosten von 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2004 auf 9,6 Prozent 2009 geführt.

Nach der Umstrukturierung gibt es in dem Inselstaat mit rund 11,1 Millionen Einwohnern derzeit 152 Krankenhäuser mit insgesamt 40318 Betten. Auf jeweils 133 Kubaner kommt ein Arzt und auf je 774 Einwohner ein Zahnarzt, während sich jede Krankenschwester statistisch gesehen um 117 Menschen kümmert. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 77,9 Jahren und die Kindersterblichkeit bei 4,3 pro 1000 Lebendgeburten.

Die Gesundheitsbehörden hoffen nun, daß das System bald durch medizinische Leistungen für Ausländer in Kuba und in anderen Staaten sowie durch Ausbildungsangebote eigene Einnahmen erwirtschaften kann. »Eine große Zahl von Ärzten aus anderen Ländern kann es sich leisten, sich hier in Fachgebieten zu spezialisieren.«

Der Gesundheitssektor sieht sich auch mit dem Problem der Überalterung der Gesellschaft und des Geburtenrückgangs konfrontiert. Die Geburtenrate beträgt gegenwärtig 11,3 pro 1000.

Die Regierung berät derzeit über Maßnahmen, um die Reproduktionsrate zu erhöhen. So sollen Fruchtbarkeitsbehandlungen für Männer und Frauen häufiger angeboten werden, um den Kinderwunsch Tausender Paare zu erfüllen. Auch soll in diesem Zusammenhang gegen die häufigste Todesursache Krebs mit neuen Behandlungsmethoden verstärkt vorgegangen werden.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Patricia Grogg, Havanna (IPS)
junge Welt, 18.09.2013