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Darum Rum

Der Episodenfilm als Werbeblock: »7 Tage in Havanna«.

In Kuba werden immer mehr ausländische Filme gedreht. Besonders angetan sind die Filmemacher vom »morbiden Charme« Havannas, der sie mehr oder weniger klug über Fortschritt und Vergänglichkeit sinnieren läßt. Kubanische Techniker und Künstler bewähren sich dabei als Dienstleister. Schon gut, wenn auf diese Weise Geld in die klammen kubanischen Kassen gespült wird. Aber sieht man auch immer, von wem man hier warum umarmt wird?

Um zu beweisen, daß alle Klischees über Havanna auch wahr sind, haben sich Produzenten aus Spanien und Frankreich mit dem beliebten Getränkekonzern Havana Club International zusammengetan und einen Imagefilm gedreht, der vorgibt, keiner zu sein. Sieben Kurzfilme, die jeweils an einem der Wochentage spielen, bestätigen nach und nach liebgewonnene Vorurteile. Es gibt das alles wirklich, besagen sie, die Herzlichkeit armer Leute, ihre Liebe zur Heimat, die feurigen Schönheiten (meist Frauen, aber auch Männer), die allgegenwärtige Musik, aber auch Prostitution, die Ansprüche der Politik, den Wunsch, die Insel zu verlassen, das Abdriften in Frömmelei und Hexenkult.

Sieben bekannte Regisseure haben je eine Episode gedreht. Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Im Mittelpunkt des von Benicio del Toro inszenierten Montag-Kurzfilms steht der mit »Die Tribute von Panem« zum Publikumsliebling avancierte Josh Hutcherson. Er spielt einen Schauspieler aus den USA, der an der Filmhochschule in Havanna arbeiten soll. Bekocht wird er von einer alten Tante, in der man Daisy Granados wiedererkennt, die vor Jahrzehnten bei der DEFA in »Wenn du groß bist, lieber Adam« mitspielte. Den jungen Mann zieht es schließlich ins kubanische Nachtleben, das eine Überraschung für ihn bereithält.

Daß man von Havana Club gern einen Schluck mehr nimmt, zeigt die Dienstag-Episode von Pablo Trapero. Sie wird von Emir Kusturica getragen, der sich selbst spielt und dabei auf die Schippe nimmt. Sturzbetrunken steht er eine Ehrung für sein Lebenswerk als Regisseur nur mit Mühe durch. Anschließend landet er nicht wie geplant auf dem Bankett, sondern auf einer Jam-Session. Sein kubanischer Chauffeur erweist sich als begabter Musiker und verständnisvoller Freund.

Der vom Basken Julio Médem inszenierte Mittwoch-Film »Cecilias Versuchung« ist der schönste und künstlerisch geschlossenste. Motive eines Romans von Cirilo Villaverde aus dem 19. Jahrhundert wurden in die Gegenwart verlegt. Daniel Brühl gibt einen smarten spanischen Geschäftsmann, der die Sängerin Cecilia (Melves Santa Estévez) nach Europa holen und zum Nachtclubstar aufbauen will. Sie schwankt zwischen der Verheißung eines besseren Lebens und der Liebe zur kubanischen Heimat. Ihr Freund, ein Baseball-Spieler, nimmt ihr die Entscheidung nicht ab.

Nicht alle Filme changieren zwischen Heiterkeit und Wehmut. In dem fast stummen »Ritual« (Freitag) greift Gaspar Noé die in der Bevölkerung tief verwurzelte Angst vor Homosexualität auf. Andere Episoden enthalten Seitenhiebe gegen das sozialistische System. In »Tagebuch eines Neuankömmlings« (Donnerstag) vom Palästinenser Elia Suleiman langweilt Fidel Castro das Volk mit stundenlangen Reden. Che Guevara wird weitgehend auf seine Vielweiberei reduziert. In der Samstag-Episode »Bittersüß« von Juan Carlos Tabío läßt eine Verhaltenspsychologin ihre Patienten im Stich, weil die wirtschaftliche Situation sie zwingt, gegen gute Bezahlung eine aufwendige Festtagstorte herzustellen. Ihre Tochter begibt sich derweil auf die Flucht aus Kuba.

Am »Tag des Herrn« schließlich spielt die letzte Episode »Der Brunnen«. Regisseur Laurent Cantet erzählt von einer besessenen Alten, die der afrokubanischen Santeria-Religion anhängt. Nachdem ihr die Göttin Ochún im Traum erschien, spannt sie die gesamte, außerordentlich fügsame Nachbarschaft ein, um der Göttin zu Ehren in der Wohnung einen Brunnen zu errichten. Man soll der Episode wohl Neorealismus bescheinigen, Cantet hat sicher an Pasolini oder Rosselini gedacht und alle Leute sich selbst spielen lassen. Das blutige Laienspiel aber gibt der Geschichte weder Charme noch die Kraft, die der Schlußpunkt des Episodenreigens nötig hätte. Letztlich erträgt man dieses Ende nur mit einem Glas Rum. Und damit hat der Sponsor ja sein Ziel erreicht.

»7 Tage in Havanna«, Regie: Benicio del Toro, Pablo Trapero, Julio Médem, Elia Suleiman, Gaspar Noé, Juan Carlos Tabío, Laurent Cantet, F/Spanien 2012, 129 min, gestern angelaufen

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

F.-B. Habel
junge Welt, 12.07.2013