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Probleme lösen

Kuba plant Abschaffung der Doppelwährung, muß dazu aber produktiver werden. Während die Wirtschaft leicht zulegt, kritisiert Präsident Raúl Castro den Werteverfall.

Mit einer Grundsatzrede hat Kubas Präsident Raúl Castro am vergangenen Sonntag (Ortszeit) in Havanna eine dreitägige Sitzung des im Februar neu gewählten Parlaments abgeschlossen. Nach Vorbereitung in zehn Arbeitsgruppen und der Beratung im Plenum beschlossen die 612 Abgeordneten mehrere neue oder veränderte Gesetze und vereinbarten die Arbeitsschwerpunkte der nächsten Monate. Gleich zu Beginn ging Castro auf den Planungsstand zur Vereinheitlichung der seit 1994 in Kuba existierenden Doppelwährung Peso Cubano (CUP) und Peso Convertible (CUC) ein, die er als »eines der größten Hindernisse für die Entwicklung« des Landes bezeichnete. Die Abschaffung der parallel existierenden Zahlungsmittel war im April 2011 als 55. Leitlinie vom sechsten Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas beschlossen und in den Debatten als eines der Themen genannt worden, »das der Bevölkerung am meisten auf den Nägeln brennt«.

Castro berichtete, daß die Analysen und Planungen zur Vereinheitlichung fortgeschritten seien, die Umsetzung allerdings eine höhere Produktivität voraussetze und sich auch auf Löhne und Renten, Preise und Tarife sowie auf staatliche Unterstützungen und Steuern auswirken werde. Einen Zeitpunkt für diesen Schritt nannte er nicht. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, so Castro, sei insgesamt positiv. Das Wachstum sei – trotz äußerer Blockade, der Schäden durch den Hurrikan Sandy und selbst gemachter Probleme – von 2,1 Prozent im Vorjahr auf 2,3 Prozent in der ersten Hälfte dieses Jahres gestiegen. Allerdings müsse man ehrlicherweise dazu sagen, daß diese positive Entwicklung bei der kubanischen Durchschnittsfamilie noch nicht angekommen sei. In den parlamentarischen Arbeitsgruppen waren zuvor detaillierte Wirtschaftsdaten vorgelegt worden, aus denen sich ein unterschiedliches Bild ergibt. Während einige Bereiche wie der Export oder die Bauwirtschaft kräftige Zuwachsraten erzielten, bleibt die Landwirtschaft das Sorgenkind. Noch immer würden die Planvorgaben in der Lebensmittelproduktion nicht erreicht, und die Verluste müßten durch Importe ausgeglichen werden.

Zu den Ergebnissen der dreitägigen Parlamentssitzung gehört die Verabschiedung neuer, internationalen Standards entsprechender Regelungen für Transport und Verkehr auf den kubanischen Seewegen, den Binnengewässern und in den Häfen. Auch der öffentliche Nahverkehr in der Hauptstadt Havanna soll anders organisiert, effektiver und kundenfreundlicher werden. Außerdem nahmen die Abgeordneten den Entwurf eines neuen Arbeitsgesetzes entgegen, das in den nächsten Monaten in Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen beraten und im Jahr 2014 verabschiedet werden soll. Ausführlich beschäftigte sich Raúl Castro in seiner Rede mit dem »Verfall« von ethischen Werten, von solidarischem Verhalten und von Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt und dem Gemeinwohl, der sich in »den 20 Jahren seit der Sonderperiode« in Kuba entwickelt habe. Korruption, Betrug und Verlogenheit hätten sich breit gemacht. Er spreche dieses Thema an, obwohl er »sich die Schlagzeilen der nächsten Tage in den internationalen Medien, die darauf spezialisiert sind, Kuba schlecht zu machen« gut vorstellen könne. Das Thema sei für niemanden angenehm, sagte der Staatschef, aber wenn man ein Problem lösen wolle, müsse man es zunächst benennen. Er erinnerte an die berühmte Rede Fidel Castros vom 17. November 2005 in der Universität von Havanna, in der der Revolutionsführer feststellte, daß »unsere Revolution nicht von äußeren Gegnern, wohl aber von uns selbst« zerstört werden könne.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 10.07.2013